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20.03.2013
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und des Gesetzes über das Landesamt für Verfassungsschutz

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen sind in weiten Teilen schon auf das eingegangen, was das Problem an diesem Gesetzentwurf ist. Ich will an ein paar Punkten deutlich machen, wo auch wir das als problematisch empfinden. Notwendig geworden – Frau Kollegin Faeser hat es gerade gesagt – sind diese beiden Gesetze, weil das Bundesverfassungsgericht dazu geurteilt und Regelungen des Telekommunikationsgesetzes aufgehoben hat. Es müssen Regelungen getroffen werden, wer auskunftspflichtig und wer auskunftsberechtigt ist. Das soll mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nachvollzogen werden, auf der einen Seite das HSOG und auf der anderen Seite das Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz zu ändern. – So weit, so gut.

Ich finde zwei Dinge in dem Gesetzgebungsverfahren merkwürdig. Herr Kollege Greilich, es ist mir noch nicht so oft vorgekommen, dass wir uns im Hessischen Landtag mit einem Gesetzentwurf befassen, der sich auf einen Gesetzentwurf bezieht, der sich im Deutschen Bundestag noch in der Beratung befindet. Das ist ein Vorgang, den ich schon sehr einmalig finde. Das habe ich hier noch nicht erlebt. Sie fügen Fußzeilen ein und sagen: Der Text kann erst eingefügt werden, wenn der Deutsche Bundestag abschließend beraten hat. – Der Bundestag hat erst in erster Lesung über den Gesetzentwurf beraten. Die Beratung ist gerade im Innenausschuss des Bundestages. Meines Wissens liegen zu dem Sachverhalt sogar Änderungsanträge sowohl von SPD und CDU vor. Ich halte es schon für äußerst grenzwertig, dass wir uns mit so einem Gesetzentwurf befassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Zweiter Punkt. Bei einer so komplexen und schwierigen Regelungsmaterie, wie alle vorher gesagt haben, hätte ich mir gewünscht – wenn er schon im Ministerium auf Halde lag, weil spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts klar war, dass da etwas passieren muss –, dass die Landesregierung diesen Gesetzentwurf einbringt, um die fachliche Anhörung der Verbände und der sonstigen Institutionen in dem Gesetzgebungsverfahren zu ermöglichen. Das hat nicht stattgefunden. Das wird von unserer Fraktion ausdrücklich kritisiert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Es ist klar, dass die Zeit bis zum 30. Juni kurz ist. – Ich habe schon wieder einen gelben Tinnitus im Ohr. Ich weiß auch nicht, irgendjemand muss hier mal ins gelbe Bällchenbad. Aber das werden wir vielleicht auch noch geregelt bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Es ist klar, dass die Änderungen bis zum 30. Juni beschlossen werden müssen. Trotzdem hätte uns eine Regierungsanhörung an dem einen oder anderen Punkt vielleicht Klarheit gebracht.

Die Problematik, um die es hier geht, was die Bestandsdaten angeht: Die Bestandsdaten sind zurzeit nur die Adresse, der Teilnehmer, mehr nicht.

(Unruhe)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Herr Kollege, bitte einen kleinen Moment. Ich finde, auf der rechten Seite wird es sehr laut. Bitte seien Sie etwas ruhiger. – Herr Kollege, das geht nicht von Ihrer Zeit ab. Bitte schön.

Jürgen Frömmrich:

Demnächst sollen bei Bestandsdatenauskünften auch sogenannte PINs und PUKs einbezogen werden. Das ist, um es freundlich auszudrücken, mindestens bedenklich. Eigentlich sind Bestandsdaten im Unterschied zu Verbindungs- oder Verkehrsdaten nur solche Informationen wie der Name des Anschlussinhabers, seine Telefonnummer oder die Adresse, nicht aber Informationen wie Gesprächspartner, Aufenthaltsorte oder gar Gesprächsinhalte. Meine Damen und Herren, noch einmal: Das ist sehr bedenklich, zumal die Frage der IP-Adresse einbezogen wird.

In der Randnummer 116 des Urteils des Bundesverfassungsgerichts heißt es:

Jedoch fällt die identifizierende, zuordnende dynamische IP-Adresse in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 Grundgesetz.

Das heißt, hier geht es um schwere Grundrechtseingriffe. Da hätte ich mir eine bessere Vorbereitung und eine grundständigere Debatte gewünscht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben auch die Datenschutzbeauftragten der Länder Stellung genommen. Ich will hier die brandenburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht zitieren, die im Namen von zwölf weiteren Landesdatenschutzbeauftragten Stellung genommen hat. Sie hält die angegriffene Norm, gemessen am Recht auf informationelle Selbstbestimmung, überwiegend für verfassungswidrig.

Ich glaube, dass wir uns in der Anhörung in diesem Bereich sehr intensiv mit dem beschäftigen müssen, was die Anzuhörenden zu diesen Gesetzentwürfen sagen.

Ich glaube, dass wir da noch einmal sehr genau schauen müssen, wie der Hessische Datenschutzbeauftragte diesen Bereich beurteilt und wertet. Wir freuen uns auf die Anhörung. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

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