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23.05.2013
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetz über die Anpassung der Besoldung und Versorgung in Hessen 2013/2014

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schön, dass der Kollege Rudolph in Richtung des Herrn Kollegen Blechschmidt das eine oder andere schon geradegerückt hat. Ich könnte Ihnen den „Behördenspiegel“ aus den Jahren 2003 bis 2010 zeigen. Da könnten Sie nachlesen, wie die Leute in der Bundesrepublik Deutschland und in Hessen ihre Art der Personalpolitik zwischen 2003 und 2010 beurteilt haben. Ich glaube, Sie haben keinen Grund, hier andere Bundesländer vorzuführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden gerade über die Beschäftigten dieses Landes. Es ist gut, wenn die Beamtinnen und Beamten an der Einkommensentwicklung im Lande teilhaben. Es freut uns, dass die Beschäftigten daran teilhaben können. Das würdigt natürlich auch die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Ich denke aber auch, dass verantwortliche Politik so gestaltet sein muss, dass man darauf hinweist, wie die Finanzsituation des Landes ist. Das muss man einordnen. Die teilweise Übernahme des Tarifabschlusses, die Sie uns gerade empfehlen, würde bedeuten, dass wir in den nächsten Jahren 580 Millionen Euro für das Personal zusätzlich ausgeben. Wir haben laut Bericht des Landesrechnungshofs eine Personalkostenquote von 46 Prozent – nicht von 40 Prozent, wie Sie gesagt haben, Herr Blechschmidt –, und wir haben eine Verschuldung des Landes in Höhe von 42 Milliarden Euro. Die Rückstellungen für Pensionen betragen 43 Milliarden Euro, wobei die Beihilferückstellungen noch gar nicht eingeflossen sind. Wenn man also über die Übernahme von Tarifabschlüssen redet, dann muss man das in den Gesamtkontext, in den Finanzrahmen des Landes Hessen einfügen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir gönnen den Beschäftigten des Landes eine Einkommensverbesserung. Wir weisen aber auch auf die Belastung für künftige Haushalte hin. Das sind wir, wie ich finde, den zukünftigen Generationen schuldig.

Wenn man den Vorschlag der CDU und der FDP genau betrachtet, wird man feststellen, dass dieser Vorschlag eine soziale Schieflage enthält.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie setzen zwar die prozentuale Komponente um, aber die die soziale Komponente, nämlich die Einmalzahlungen, lassen Sie außen vor. Gerade die Einmalzahlungen hat der Innenminister, der heute abwesend ist, am Tarifabschluss besonders gelobt. Damals hat er gesagt:

Nur so konnten wir mit beiden relativ hohen Einmalzahlungen eine besondere soziale Komponente in den Tarifvertrag übernehmen. Das kommt insbesondere den unteren Einkommensgruppen zugute.

Wenn man sich Ihren Vorschlag anschaut, muss man also feststellen: Die unteren Besoldungsgruppen sind Ihnen egal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben im einfachen und im mittleren Dienst noch ca. 8.000 Beschäftigte. Wenn man die Beschäftigten bis zur Besoldungsgruppe A11 hinzunimmt, sind es noch mal rund 20.000 Beschäftigte. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Für die unteren Lohngruppen sind 675 Euro viel Geld. Das ist viel Geld für jemanden, der zwischen 2.000 und 2.500 Euro verdient.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An Ihrem Vorschlag kann man sehen, dass Sie offensichtlich in den Kategorien der B-Besoldung denken, also Einkommen zwischen 5.600 bis 12.000 Euro. Da kann man auf 675 Euro verzichten – aber nicht, wenn man ein Gehalt von 2.000 Euro hat. Hinsichtlich der sozialen Komponente ist bei Ihnen also Fehlanzeige zu melden.

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie einen Vorschlag vorlegen, der sozial deutlich ausgewogener ist, der – bei gleichem Volumen – die unteren Lohngruppen besonders im Blick hat und diesen gerecht wird.

Das haben Sie nicht gemacht; das kritisieren wir ausdrücklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie nehmen bei der Vorstellung Ihres Entwurfs erst einmal die anderen Bundesländer in den Blick. „Ablenken vom eigenen Versagen“ nennt man das. Sie sollten Ihre eigenen Hausaufgaben machen, bevor Sie andere Bundesländer beschimpfen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

– Natürlich haben Sie andere Bundesländer beschimpft. Sie gehen in der Pressemitteilung darauf ein, wie sich Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gegenüber den Beschäftigten verhält. Sie sollten nicht ablenken, sondern Ihre eigenen Hausaufgaben machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Innerhalb von 14 Jahren haben Sie die Schulden des Landes Hessen verdoppelt. Bei sprudelnden Steuereinnahmen machen Sie zusätzliche Schulden. Das Land Hessen hat auch in diesem Jahr die dritthöchste Pro-Kopf-Neuverschuldung. Sie sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern Ihre eigenen Hausaufgaben machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann die Beschäftigten des Landes verstehen, wenn sie sagen: Die fahren die Karre in den Dreck und appellieren an uns, dass wir Verzicht üben. – Herr Kollege Blechschmidt, das kann man gut nachvollziehen. Auf der einen Seite wird befördert, bis der Arzt kommt, wenn es für Sie darum geht, sozusagen die „Operation Abendsonne“ durchzuführen, und auf der anderen Seite stellen Sie sich hierhin und verlangen von denen, die 2.000 Euro pro Monat verdienen, dass sie auf eine Einmalzahlung verzichten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Herr Kollege, Ihre eingeplante Redezeit ist zu Ende.

Jürgen Frömmrich:

Ich glaube, eine soziale Komponente und auch eine bessere Personalpolitik würden dem sehr guttun. Gute Personalpolitik hat nämlich nicht nur etwas mit Bezahlen zu tun, sondern auch etwas mit Wertschätzung, mit Einbindung in Entscheidungen, mit Abfragen von Kompetenzen sowie mit einem freundlichen und guten Umgang mit den Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Das alles haben Sie nicht gemacht. Dann wird es Ihnen am Ende Ihrer Amtszeit nicht helfen, dass der Ministerpräsident dieses Landes einen Brief an alle Beschäftigten schreiben wird, in dem er die neuen Tariferhöhungen und auch die Erhöhungen für die Beamtinnen und Beamten verkündet. Das wird am Ende auch nicht helfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank.

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