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20.03.2013
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetz über den hessischen Landesbeauftragten für die Polizei

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es noch eines Beispiels dafür bedürft hätte, dass man Probleme einfach ableugnen kann, hätte man es eben der Rede von Herrn Bauer entnehmen können.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Herr Bauer, dass es immer wieder um Vorfälle, Veröffentlichungen und Probleme im Zusammenhang mit der Polizei geht, können Sie nicht ableugnen. Vielmehr sind Sie aufgerufen, sich den Problemen zu widmen. Das machen wir mit dem Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute vorlegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt überhaupt keinen Streit darüber – Herr Kollege Bauer, ich glaube, darin sind wir uns einig –, dass die überwiegende Zahl der Beamtinnen und Beamten ihren Job gut, engagiert und auch in rechtsstaatlicher Hinsicht einwandfrei macht. Aber das ist ebenfalls systemimmanent – Sie haben gerade selbst die mehr als 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwähnt –: In großen Systemen gibt es auch immer Menschen, die ihren Job nicht ordentlich machen, die Grenzen überschreiten und etwas machen, was nach Recht und Gesetz nicht erlaubt ist. Genau für solche Fälle wollen wir einen Polizeibeauftragten installieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

– Herr Kollege Beuth, wenn Sie es aufschreiben, gibt es das, was Sie hier dazwischenrufen, vielleicht auch in intelligent. Vielleicht hören Sie einfach einmal zu. Sie können sich dann gern zu Wort melden.

Bei dem Problembereich, den ich gerade beschrieben habe, geht es um den Fall, dass bei der Polizei etwas im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern passiert. Aber in der Vergangenheit wurde auch eine Fülle von Vorwürfen innerhalb der Polizei erhoben. Wir hatten Probleme im Zusammenhang mit der Führungskultur der hessischen Polizei. Es gab Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich über massives Mobbing in Polizeipräsidien beschwert haben. Wir wollen, dass der Ansprechpartner auch für diese Personen da ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Beuth, die Behauptung, dass es Probleme im Zusammenhang mit der Führungskultur gibt, haben nicht wir erfunden. Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass der ehemalige Staatssekretär im hessischen Innenministerium und heutige Innenminister, Boris Rhein, das auf einer Gewerkschaftstagung sehr dezidiert beschrieben hat. Er hat von Führungsproblemen innerhalb der hessischen Polizei gesprochen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Diese Führungsprobleme sind immer noch nicht abgestellt, und deswegen brauchen wir einen solchen Ansprechpartner.

Es gibt immer wieder Vorfälle – Frau Kollegin Faeser hat das gerade erwähnt –, die eine hohe mediale Aufmerksamkeit erregen. Wir hatten einen Vorfall im Zusammenhang mit einer rechtswidrigen Inhaftierung in Mittelhessen. Es gab Vorfälle in Frankfurt und in Wiesbaden. Innerhalb der hessischen Polizei wurden Mobbingvorwürfe erhoben.

Meine Damen und Herren, das alles muss uns dazu bringen, uns den Problemen zu stellen. Die Probleme kann man nur beseitigen, indem man sich ihrer annimmt. Unser Vorschlag ist ein Weg in diese Richtung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Diese Probleme gibt es nicht nur bei der hessischen Polizei. Wir haben das auch in Berlin und in Hamburg, und wir haben gerade eine riesengroße Debatte über Übergriffe der Polizei in München. Nehmen Sie die Probleme, die es in diesem Land gibt, einmal ernst, und versuchen Sie, daran zu arbeiten, statt in der Innenpolitik nur mit Sprechblasen zu arbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Dazu, wie moderne Systeme funktionieren, will ich Ihnen etwas zitieren. Da ist z. B. das Beschwerdemanagement des Landes Berlin. Die nehmen sich der Probleme an:

Eine Behörde wie die Berliner Polizei mit mehr als 22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die täglich tausendfach in konfliktträchtigen Begegnungen polizeiliche Maßnahmen durchzusetzen hat, muss sich dieses Vertrauen immer wieder erarbeiten, darum werben und es erhalten. Dazu benötigt die Berliner Polizei ein gut funktionierendes Beschwerdemanagement, das höchsten Ansprüchen genügt.

Das ist die Art und Weise, wie man mit Problemen umgeht. Man stellt sich ihnen und versucht, sie zu lösen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn Sie sich die Mühe machen, sich mit den Problemen zu beschäftigen, schauen Sie einmal in den Bericht der Zentralen Beschwerdestelle Polizei im Innenministerium von Sachen-Anhalt. Sehen Sie sich an, wie dort Bericht erstattet wird, mit welchen Vorgängen man sich beschäftigt und wie hoch die Anzahl der Beschwerden ist. Dann erkennen Sie, dass es in diesem Bereich durchaus einen Bedarf gibt.

Nicht die Probleme wegleugnen, sondern handeln. Regierungen sind dafür da, dass sie sich den Problemen stellen und dass sie handeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Kollegin Faeser hat unsere Vorschläge schon im Einzelnen erläutert. Wir schlagen vor, dass dieser Polizeibeauftragte am Landtag angesiedelt ist. Ich weiß gar nicht, was Sie dagegen haben. Wir haben auch einen am Landtag angesiedelten Datenschutzbeauftragten. Wir haben das in der Vergangenheit sogar in großer Übereinstimmung erweitert. Wir haben den öffentlichen und den privaten Datenschutz am Landtag zusammengelegt. Warum sollte man das mit einem solchen Polizeibeauftragten denn nicht machen? Im Übrigen ist auch der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages beim Deutschen Bundestag angesiedelt. Das ist ein weiteres Argument dafür.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wir wollen diesen Polizeibeauftragten wählen, weil er dann eine andere Stellung hat, weil er dann ein anderes Vertrauen hat. Wenn Menschen sich von der Polizei schlecht behandelt fühlen – das müssen Sie doch ernst nehmen –, wenn Menschen sich wegen Übergriffen beschweren wollen, dann ist doch die Hürde, zur Polizei zu gehen und dies anzuzeigen, eine wirklich hohe Hürde. Deswegen sagen wir, wir brauchen eine unabhängige Stelle. Das ist unser Vorschlag.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Machen Sie sich einmal Gedanken darüber. Wir wollen ein niedrigschwelliges Angebot schaffen. Ich habe das gerade schon gesagt: Man geht nicht zur Polizei, um sich über die Polizei zu beschweren. Ich glaube, es ist besser, wenn man dort eine unabhängige Stelle schafft.

Wir verschließen nicht die Augen vor den Problemen. Wir reden mit den Bürgerinnen und Bürgern. Wir sehen, dass die Bürgerinnen und Bürger sich in diesem Bereich durchaus etwas vorstellen können. Reden Sie z. B. mit Amnesty International oder mit anderen Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind. Die sagen ausdrücklich, dass es solcher Stellen bedarf.

Ziel ist nicht nur, dass wir einen Ansprechpartner schaffen. Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es auch, dass wir uns vor die überwiegende Zahl der Polizeibeamten stellen, die ihren Dienst vernünftig, anständig und engagiert machen, und sagen: Ihr macht euren Job ordentlich, und wir trennen die Spreu vom Weizen. – Auch das ist ein Ziel unseres Gesetzentwurfs. Deswegen bitte ich um Zustimmung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

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