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04.09.2013

Jürgen Frömmrich: Gesetz über den hessischen Landesbeauftragten für die Polizei

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man hört, was der Kollege Bauer hier sagt, könnte man glauben, er hat das, was in dem Gesetzentwurf steht und was die Intention der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, überhaupt nicht verstanden, geschweige denn, dass er sich damit beschäftigt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier das Bild von einem Gesetzentwurf zu malen, der Misstrauen schürt und sozusagen alle Beschäftigten der Polizei unter Generalverdacht stellt, ist geradezu absurd. Herr Kollege Bauer, Sie sollten diesen Gesetzentwurf einmal lesen; dann könnten Sie auch mitreden. Sinnerfassendes Lesen hilft bei solchen Texten oft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Wir haben das in den Debatten immer wieder betont – das zeigt auch die Intention dieses Gesetzentwurfs –: Natürlich macht die überwiegende Zahl der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Hessen einen guten, engagierten und rechtlich einwandfreien Job. Aber es ist Fakt, dass es in solch großen Systemen wie der Polizei – die Polizei hat rund 18.000 Beschäftigte – immer auch Menschen gibt, die sich nicht regelkonform verhalten, sondern über Grenzen gehen und Gesetze verletzen.

Für diejenigen, die von den Handlungen dieser Menschen betroffen sind, wollen wir eine Ansprechperson schaffen, die unterhalb der Grenze zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und dessen, was wir heute schon haben, tätig wird: ein sogenannter Ombudsmann für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist die Intention dieses Gesetzentwurfs. Ich verstehe überhaupt nicht, was man von Ihrer Seite aus dagegen haben kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ein weiterer Punkt, mit dem man sich in diesem Gesetzentwurf beschäftigt – es ist deutlich, dass wir dafür eine Anlaufstelle brauchen –, sind die innere Verfasstheit der Polizei und die Inanspruchnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in diesem System gemobbt fühlen und dort Probleme haben. Wir hatten in den vergangenen Jahren eine Fülle von Meldungen.

Herr Kollege Bauer, es war nicht die böse Opposition, sondern dieser Innenminister, der seinerzeit, als er noch Staatssekretär war, auf dem Gewerkschaftstag der GdP davon gesprochen hat, dass sich an der Führungskultur der hessischen Polizei etwas ändern müsse: dass sie dringend reformbedürftig sei. Es war nicht die böse Opposition, die das angesprochen hat, sondern dieser Innenminister. Deswegen brauchen wir eine unabhängige Anlaufstelle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen eben keine Anlaufstelle, die in die dienstlichen Hierarchien eines Ministeriums eingebettet ist. Das ist genau der Unterschied zu dem, was wir zurzeit haben. Wir wollen einen unabhängigen Landespolizeibeauftragten haben, der beim Hessischen Landtag angesiedelt ist und sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Bürgerinnen und Bürger eine Ansprechperson ist. Das ist unser Vorschlag. Ich glaube, das ist der Weg in die richtige Richtung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie sich einmal Länder an, in denen man mit Beschwerden und solchen Angelegenheiten durchaus anders umgeht. Ich will Ihnen nur zwei Beispiele nennen. Das erste Beispiel kommt aus dem Land Berlin. Meines Wissens ist der Innensenator von Berlin kein Grüner.

Eine Behörde wie die Berliner Polizei mit mehr als 22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die täglich tausendfach in konfliktträchtigen Begegnungen polizeiliche Maßnahmen durchzusetzen hat, muss sich dieses Vertrauen Bürger immer wieder erarbeiten, darum werben und es erhalten. Dazu benötigt die Berliner Polizei ein gut funktionierendes Beschwerdemanagement, das höchsten Ansprüchen genügt. Angesprochene Probleme müssen ernsthaft aufgenommen sowie schnell und kompetent bearbeitet werden. Fehler müssen erkannt und eingeräumt, Konsequenzen aufgezeigt werden.

Dieses Zitat stammt aus einer Information der Berliner Polizei. Man sieht, dass selbst CDU-Politiker diese Problematik deutlich anders sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie sich Holger Stahlknecht, CDU, Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt, an. Er schreibt im Erfahrungsbericht seiner Beschwerdestelle:

Er ist leider weit verbreitet und unterstellt, dass es für die Bürgerinnen und Bürger im Grunde genommen zwecklos ist, Kritik an einer scheinbar übermächtigen Staatsgewalt zu üben, die sich nicht um die Meinung der Bevölkerung schert und ihr Verhalten nicht ändert.

Hier geht es also um das Verhältnis zwischen Bürgern und Polizei. Ein weiteres Zitat:

Nicht alle Beschwerden sind tatsächlich ein Indikator für kritikwürdiges Verhalten der Kolleginnen und Kollegen der Polizei, aber jede einzelne Beschwerde ist eine Chance, das eigene Tun kritisch zu analysieren.

Sie sehen also, dass es durchaus Landesregierungen und durchaus Vertreterinnen und Vertreter der CDU gibt, die merken, dass eine ordentliche Beschwerdekultur und ein ordentliches Beschwerdemanagement gerade im Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern, aber auch polizeiintern Chancen sind, etwas zu machen. Deswegen geht unser Antrag genau in die richtige Richtung.

Wir hatten in den vergangenen Monaten und Jahren eine Fülle von Fällen, in denen es um das Verhältnis zwischen den Bürgern und der Polizei ging. Frau Kollegin Faeser hat die Fälle in Frankfurt angesprochen. Aber das ist nicht nur ein hessisches Problem, sondern es gibt auch in anderen Bundesländern immer wieder Schwierigkeiten. Neulich hat ein Fall in München große Schlagzeilen gemacht. Auch dort war es die öffentliche Empörung: Die Menschen, die diesen Vorgang an die Öffentlichkeit gebracht haben, haben dafür gesorgt, dass dem nachgegangen wurde und dass das nicht im System versackt ist.

Deswegen glaube ich, dass wir für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Polizistinnen und Polizisten eine unabhängige Anlaufstelle brauchen, die diese Probleme aufgreift und bearbeitet. Deswegen werbe ich noch einmal dafür, dass Sie dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

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