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17.05.2016
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetz über die Anpassung der Besoldung und Versorgung in Hessen 2016

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Anfang meiner Rede muss ich schon einmal feststellen: Herr Kollege Rudolph, das, was Sie hier in der Debatte gemacht haben, hat mit Seriosität aber auch gar nichts zu tun.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Mit Seriosität in der Finanzpolitik hat das gar nichts zu tun. Ich finde, dass man diese Auseinandersetzung führen kann.
(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Ich habe auch Verständnis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für deren Interessenvertreter und für die Gewerkschafter. Sich mit der Landesregierung auseinanderzusetzen, ist ihre Aufgabe. Herr Kollege Rudolph, es ist aber schon abenteuerlich, in welcher unverantwortlichen Art und Weise Sie in diesem Haus mit der Situation zukünftiger Generationen umgehen. Herr Kollege, das ist schon sehr abenteuerlich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Ich möchte am Anfang meiner Rede einmal mit dem Nimbus aufräumen, den Sie immer zu stellen versuchen. Sie sagen: Wenn die SPD regiert, dann fällt für die Beamtinnen und Beamten nachts Manna vom Himmel. – Ich sage Ihnen einmal, wie die Realität aussieht:
Bei der Besoldungsstufe A 5 liegt Hessen auf Platz 8. Die drei letzten Plätze bei diesem Ranking nehmen Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin ein.
Bei der Besoldungsstufe A 6 liegt Hessen auf Platz 10. Das ist nicht besonders gut. Die letzten drei Plätze nehmen aber Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin ein.
Bei der Besoldungsstufe A 7 liegt Hessen auf Platz 7. Die letzten drei Plätze nehmen Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin ein.
Meine Damen und Herren, das Bild, das Sie hier immer stellen, dass da, wo die Sozialdemokratie regiert, es den Beamtinnen und Beamten besser gehe, stimmt mitnichten. Das Gegenteil ist der Fall.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Ich will einmal an ein Protokoll erinnern. Das habe ich mir jetzt gezogen, weil Herr Kollege Rudolph mit der CD herumwackelte. Ich will daraus zitieren. Es stammt aus der 18. Wahlperiode und betrifft die 148. Sitzung vom 19. November 2013. Das war drei Tage, bevor klar war, dass es eine schwarz-grüne Koalition statt einer großen Koalition geben wird.
Da hat Herr Rudolph noch damit gerechnet, in Regierungsverantwortung genommen zu werden. Da sagte er in Replik auf Frau Wissler, der er vorwirft, sie wolle Geld ausgeben und würde nie sagen, woher das Geld komme. Er sagt – Zitat –:
(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Trotzdem gibt es Rahmenbedingungen, die wir nicht ausblenden können. Das tun wir an dieser Stelle auch nicht. Deswegen ist die Frage, wie wir die Ausgaben finanzieren, das eine. Das kann man holzschnittartig machen, wie der eine oder andere Vorredner es gemacht hat, mit der groben Linie: „Es wird schon alles zu finanzieren sein“ – da bitte ich darum, Butter bei die Fische zu geben und auch zu liefern. Wer fordert, muss auch Lösungsvorschläge anbieten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Das ist die Aussage des Kollegen Rudolph, als er noch gedacht hat, er würde Regierungsverantwortung übernehmen. Auch er hätte dann mit der schwierigen Haushaltslage auskommen müssen. Er hätte dann auch an Generationengerechtigkeit denken müssen. Das unterscheidet die Mitglieder der Regierungsfraktionen in der Tat von denen der Oppositionsfraktionen.
Herr Kollege Rudolph, wenn Sie hier wohlfeile Reden halten, dann müssen Sie sich schon einmal an den Realitäten messen lassen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir legen hier mit Sicherheit einen schwierigen Gesetzentwurf vor. 1 Prozent Erhöhung ist für viele Beamtinnen und Beamte etwas, das ihnen zu wenig erscheint. Ich weiß, dass das auch nicht auf Beifall stoßen wird. Aber angesichts der Haushaltslage des Landes, der Anforderungen der Schuldenbremse
(Zuruf des Abg. Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
und angesichts der Generationengerechtigkeit, für die wir einen Blick haben müssen, glaube ich, dass wir einen ausgewogenen Vorschlag gemacht haben. Meine Damen und Herren, unser Vorschlag stößt zwar nicht auf die Zustimmung der Beamtenschaft, aber im Hinblick auf die Ausgewogenheit ist er meiner Auffassung nach richtig.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will Ihnen nur einmal holzschnittartig die Parameter vor Augen führen, mit denen wir es zu tun haben: 44 Milliarden Euro Verschuldung; selbst in diesem Jahr 2016, in dem die Steuereinnahmen sprudeln, eine Nettoneuverschuldung von 637 Millionen Euro. Wir werden die Schuldenbremse 2019/2020 erfüllen müssen. Wir haben 40 Prozent Personalkosten. Der Rückstellungsbedarf für die Beschäftigten und Versorgungsempfänger, den wir in der Bilanz des Landes Hessen ausgewiesen haben, liegt bei 60 Milliarden Euro – 60 Milliarden €. Wir haben aber in der Versorgungsrücklage nur 2,2 Milliarden Euro. Wenn man wirklich einmal offen und ohne Scheuklappen diskutiert, kann man daran doch die Probleme dieses Landes in der Haushalts- und Finanzpolitik sehen – und nicht an so wohlfeilen Reden wie die des Herrn Kollegen Rudolph.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))
Es ist viel leichter, Politik zu machen nach dem Motto: „Darf es ein bisschen mehr sein?“ Alles und jedem alles zu versprechen, ist aber nicht seriös. Meine Damen und Herren, das ist keine seriöse Finanzpolitik.
Ich habe Verständnis für den Wunsch von Gewerkschaften und Interessenverbänden nach höheren Besoldungszuwächsen. Es ist nun einmal die Aufgabe von Gewerkschaften und Interessenverbänden, für die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu werben und zu arbeiten. Aber es ist Aufgabe der Politik und des Haushaltsgesetzgebers – das ist der Hessische Landtag –, verschiedene Abwägungen zu treffen. Dabei geht es darum, die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber den Interessen des Landes und zukünftiger Generationen abzuwägen. Meine Damen und Herren, ich glaube, das tun wir in verantwortungsvoller Weise.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Ich habe in den vergangenen Tagen – Kollege Boddenberg hat es schon gesagt – in verschiedenen Stellungnahmen Dinge gelesen wie „Frechheit“, „Willkür“ und „Verfassungswidrigkeit“. Ich habe aber in all diesen Stellungnahmen keinen einzigen Hinweis darauf gefunden, wie man das Mehr, das man verspricht, auch finanzieren will. Meine Damen und Herren, es gibt keinen einzigen Hinweis, wie man das finanzieren kann.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
„Einnahmeverbesserung“ – das ist so ein Wort, das in dem Zusammenhang immer wieder gebracht wird. Ich will einmal daran erinnern: Die einzige Einnahmeverbesserung, die wir im Land Hessen beschließen konnten, war die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1 Prozent. Das waren 155 Millionen Euro. Wer hat abgelehnt? Das waren die Sozialdemokraten. Meine Damen und Herren, sich aber dann hier hinzustellen und zu sagen, man könne mehr ausgeben und müsse nur dafür sorgen, dass die Einnahmen besser sind – das sind wohlfeile Reden. Das muss man einmal sagen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
In allem, was ich gelesen habe, sind keine Lösungsvorschläge angeboten worden. Es geht um ein beliebiges Draufsatteln. In der Auseinandersetzung geht es wohl nicht mehr darum, dass man sich an Fakten orientiert, sondern dass man wohlfeil versucht, die Leute „auf die Palme zu bringen“.
Meine Damen und Herren, auch der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit geht nach unserer Auffassung fehl.

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Herr Frömmrich, Sie müssen zum Schluss kommen.

Jürgen Frömmrich:

Das Bundesverfassungsgericht hat ganz klare Parameter festgelegt. Nach einer Prüfung dieser Parameter muss festgestellt werden, dass eine Unteralimentation in den Jahren 2015 und 2016 ausgeschlossen werden kann.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir auch in dieser Frage ringen und unterschiedliche Positionen vertreten. Das gehört dazu. Es gehört auch dazu, dass die Opposition die Regierung kritisiert und den Versuch unternimmt, die Regierung schlecht aussehen zu lassen. Aber die Verantwortung, die wir auch für die nächsten Generationen haben, sollte uns alle veranlassen, hier seriöse Debatten zu führen und nicht so etwas, wie Sie es hier abgeliefert haben, Herr Kollege Rudolph.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Danke, Herr Frömmrich.

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