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17.12.2014
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Einzelplan 03

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man auf all das eingehen wollte, was Herr Schaus und auch der Kollege Rudolph hier vorgetragen haben, müsste man in der Tat zusätzliche Redezeit der Fraktionen in Anspruch nehmen, was ich nicht tun will, da natürlich auch noch die anderen Einzelpläne behandelt werden.

Auf das eine oder andere will ich aber schon eingehen, insbesondere auf das, was im Personalbereich ansteht. Herr Kollege Schaus, da sollte man sich das eine oder andere Argument vielleicht doch einmal anhören, statt hier in einer Art und Weise vortragen, die fast unerträglich war. Herr Kollege Schaus, wenn Sie mit der gleichen Inbrunst, mit der Sie hier für Gehaltserhöhungen für Beamte und Tarifbeschäftigte bei der Polizei eintreten, vortragen würden, dass Sie sich von Gewalttätern bei Demonstrationen distanzieren – das hätten Sie z. B. bei den Blockupy-Demonstrationen tun können –, dann könnte man Ihnen Glaubwürdigkeit unterstellen. Auf der einen Seite eine Grußadresse bei der Gewerkschaft abzugeben, wenn es darum geht, bei Gehaltsangelegenheiten etwas zu erreichen, auf der anderen Seite aber dann, wenn es darum geht, sich von Gewalttätern zu distanzieren, das nicht zu tun, das finde ich schon erbärmlich, Herr Kollege Schaus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Wir haben uns in der Innenpolitik auf ein ambitioniertes Programm verständigt. Die Maßnahmen sind in dem vom Finanzminister vorgelegten Haushaltsplanentwurf abgebildet. Dabei haben wir sowohl die Herausforderungen der Zukunft angepackt als auch die notwendigen Entscheidungen zur Haushaltskonsolidierung getroffen.

Ich glaube, man braucht nicht zu betonen – das sage ich auch im Namen der Kollegen von der CDU –: Das sind keine leichten Entscheidungen. Es ist natürlich angenehmer – das ist die Seite der Opposition –, Geld zu verteilen und mit dem Füllhorn über das Land zu gehen, als Maßnahmen zu beschließen, die die Menschen belasten und die in vielen Bereichen Einsparungen vorsehen.

Gerade die Einsparungen im Personalbereich sind uns nicht leichtgefallen. Es macht nämlich keine Freude – das braucht man nicht zu betonen –, Beamtinnen und Beamten einen Einsparbeitrag abzuverlangen. Das ist schwer, aber es ist leider notwendig. Wenn man die Bedingungen nicht vollkommen verleugnet, unter denen wir Haushalte aufstellen, dann ist das nachvollziehbar. Herr Kollege Schaus, vielleicht sollten Sie hin und wieder in den Haushalt des Landes Hessen schauen, um zu sehen, wie die Lage ist. Wenn Sie dann noch akzeptieren würden, dass wir in der Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland, aber auch in der Verfassung des Landes Hessen eine Schuldenbremse festgelegt haben, die wir im Jahre 2019 erfüllen müssen, dann wüssten Sie: Es ist die Aufgabe dieses Parlaments, die Entwicklung des Landeshaushalts im Blick zu haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Für diejenigen, die diese Debatte als Zuhörer verfolgen oder die Zahlen nicht kennen, will ich die Parameter für diesen Haushalt nennen, damit man sich über die Dramatik dessen bewusst ist, über das wir hier reden. Das Land Hessen ist mit rund 46 Milliarden € verschuldet. Wir haben im auslaufenden Haushaltsjahr 2014 neue Schulden in Höhe von rund 1 Milliarde Euro gemacht – in einer Zeit, in der die Steuereinnahmen kräftig sprudelten, weil die Wirtschaft gut funktionierte.

Wir haben für die Beamtinnen und Beamten sowie für Beihilfezahlungen Rückstellungen von über 60 Milliarden Euro in der Bilanz ausgewiesen. Diese Rückstellungen sind nicht mit Geld hinterlegt, sondern das ist eine bilanztechnische Form der Darstellung.

Das ist gerade auch für die jungen Menschen, die zuschauen, eine Zahl, die sie sich vergegenwärtigen müssen. Diese 60 Milliarden Euro müssen irgendwann ausgezahlt werden. Das zeigt, dass wir es hier mit Haushaltsdaten zu tun haben, die man nicht einfach so wegwischen kann. Wir haben im Jahr 2013 gegenüber dem Jahr 2012 in der Bilanz 4 Milliarden Euro obendrauf gelegt.

Meine Damen und Herren, Aufgabe für die Zukunft wird sein, diesen Haushalt in den Griff zu bekommen. Wenn man einen Personalkostenanteil hat, der bei rund 43 Prozent liegt, kann man doch nicht allen Ernstes behaupten, man wird den Haushalt des Landes in ein vernünftiges Gleichgewicht bringen und die Schuldenbremse einhalten, ohne den Bereich des Personals anzutasten. Wer das in diesem Land erzählt, erzählt Märchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Welche Art von Maßnahmen haben wir beschlossen? Es sind Maßnahmen – ich will es noch einmal betonen –, die nicht leichtfallen. Wir haben uns darauf verständigt, 1.800 Stellen auf der Zeitschiene abzubauen. Die SPD schlägt jetzt sogar vor, 400 zusätzliche Stellen abzubauen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Wir fordern also, 1.800 Stellen abzubauen – während Sie fordern, 2.200 Stellen abzubauen. Das will ich nur feststellen.

Wir haben vereinbart, im Jahr 2015 eine Nullrunde für die Beamtinnen und Beamten durchzusetzen, und wir wollen einen moderaten Anstieg für die folgenden Jahre ins Auge fassen.

Meine Damen und Herren, wir haben moderate Einsparungen bei der Beihilfe vorgesehen. Auch das ist keine leichte Entscheidung. Gerade wo es um die Gesundheit geht, sind das nämlich Entscheidungen, die die Menschen auch emotional berühren. Wir haben uns vorgenommen, die Wahlleistungen – das sind die Chefarztbehandlung und die Unterbringung in Doppelzimmern – aus dem Katalog der Beihilfe herauszunehmen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Mit dieser Maßnahme wollen wir rund 20 Millionen € im Jahr einsparen. Ich will Ihnen aber einmal die Dimension vor Augen führen: 20 Millionen Euro versuchen wir einzusparen. Wir geben aber im Jahr rund 600 Millionen Euro für die Beihilfe aus. Herr Kollege Schaus, ich sage das nur, damit Sie einmal die Zahlen wahrnehmen. Ich weiß, dass es nicht nützt,

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

aber vielleicht lesen Sie es einmal nach, damit Sie sich der Dramatik dieser Haushaltslagen bewusst werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dann höre ich im Hessischen Rundfunk den Kollegen Rudolph zu den Beamtenprotesten. Er sagt, das könne man umgehen, indem man die Einnahmen verbessert.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Das ist ein Vorschlag, dem man durchaus beipflichten kann. Als wir, die schwarz-grüne Landesregierung, die schwarz-grüne Mehrheit in diesem Haus, hier vorgeschlagen haben, die Grundsteuer um 1 % zu erhöhen, also 150 Millionen Euro an Mehreinnahmen zu generieren,

(Zurufe der Abg. Alexander Bauer (CDU) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

war es die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die im Landtag dagegen gestimmt hat. So viel zur Einnahmeverbesserung, von der Sie den Menschen draußen erzählen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das allein wären 24 Millionen Euro an Mehreinnahmen für die Kommunen dieses Landes gewesen. Dann sagt Herr Kollege Rudolph, das könne man mit der Finanztransaktionssteuer verbessern. Da wäre auch noch etwas drin, auch damit könnte man die Einnahmen verbessern.

(Anhaltende Zurufe der Abg. Norbert Schmitt und Günter Rudolph (SPD))

Herr Kollege Rudolph, wer regiert denn in Berlin? Warum haben Sie denn diese Einnahmeverbesserungen bei den Haushalten, die auch Auswirkungen auf das Land Hessen und die Kommunen hätten, in Berlin nicht durchgesetzt? Herr Kollege Rudolph, sich dort nicht durchzusetzen, aber sich dann im Fernsehen hinzustellen und darüber zu reden, die Einnahmen zu verbessern, ist schlichtweg unanständig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dann wird erzählt, die Kolleginnen und Kollegen hätten in den vergangenen Jahren nicht an der Einkommensentwicklung teilgehabt. Die Beamten seien sozusagen diejenigen, die immer herangezogen werden.

Ich will das einfach noch einmal betonen: 2013 eine Erhöhung um 2,8 Prozent und 2014 eine Erhöhung um 2,8 Prozent. Wenn man das jetzt inflationsbereinigt und die Versorgungsrücklage abzieht, stellt man fest, das ist ein Mehr von 4,1 Prozent in den letzten anderthalb Jahren, das den Beamten zur Verfügung gestellt wird. Jetzt kann man sagen, das hat für die Zukunft keine Auswirkungen. Sich aber in der öffentlichen Debatte hinzustellen und zu sagen, die Beamten hätten in der Vergangenheit auch nicht an der Einkommensentwicklung teilgehabt, ist einfach unanständig. Das muss man doch sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Denjenigen, die diese Steuern bezahlen müssen – das sind die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land –, muss man doch einmal sagen: Diese Einkommensrunde bei den Beamtinnen und Beamten hat das Land Hessen 360 Millionen Euro gekostet, nicht einmalig 360 Millionen Euro, sondern auf der Zeitschiene. Ich will Ihnen damit verdeutlichen, dass die Probleme nicht so einfach lösbar sind, wie Sie es immer darstellen.

Ich habe hier die Tabellen zu den Vergleichen mit anderen Bundesländern. Das sind DGB-Zahlen. Wenn Sie sich das einmal anschauen – ich könnte es Ihnen vorlesen –, sehen Sie, das Land Hessen ist bei der Bezahlung der Beamtinnen und Beamten im Vergleich aller anderen Bundesländer im oberen Drittel.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Da kann man sich nicht hinstellen und sagen, dass es hessischen Beamten deutlich anders geht. Herr Kollege Rudolph, die gleichen Beschlüsse, die wir hier fassen, was die Beamtenbesoldung und die Einschnitte beim Personal angeht, fassen doch Frau Kollegin Kraft in Nordrhein-Westfalen und Frau Kollegin Dreyer in Rheinland-Pfalz genauso. Das machen die nicht aus Spaß, sondern weil die genau die gleichen Haushaltsprobleme wie wir haben.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

– Herr Kollege Rudolph, ich würde Sie gern einmal bitten: Legen Sie doch auf den Tisch, wie Sie es gern machen würden. Sie haben allein in dieser Haushaltsrunde 500 Millionen € an zusätzlichen Ausgaben beantragt. Sie sagen an keinem einzigen Punkt, wie Sie diese 500 Millionen Euro für die Mehrausgaben zusammenbringen wollen.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich glaube, dass zu einer Opposition – –

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kollege Frömmrich, die angemeldete Redezeit ist abgelaufen.

Jürgen Frömmrich:

Ja, ich komme zum Schluss. – Als Opposition, d. h. als Regierung im Wartestand, sollten Sie in der Lage sein, einmal zu erklären, wie Sie es denn gern machen würden.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Sie bleiben jegliche Antwort auf die Frage schuldig, wie Sie Ausgaben und Einnahmen des Haushalts in Einklang bringen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss und sage: Wir haben uns ein ambitioniertes Programm in der Innenpolitik vorgenommen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich glaube, das sollte man auch noch einmal betonen: die Entscheidung, dass wir bei den Stellenreduzierungen nicht nur die Vollzugspolizei außen vor lassen, sondern auch bei den Lehrerinnen und Lehrern in Hessen keine Stellen abbauen. Man kann jetzt einmal durchrechnen, was das bedeutet: Zwei Drittel der Beamtinnen und Beamten sind bei uns Lehrer oder Polizeibeamte. Es ist also eine grandiose Leistung, zu sagen, wir nehmen die Vollzugspolizei heraus.

Sicherheit und Bürgerrechte spielen bei dieser Koalition eine große Rolle. Deswegen legen wir Ihnen diesen Haushaltsentwurf vor. In diesem Haushaltsentwurf sind viele Maßnahmen festgeschrieben, die wir in der Koalition vereinbart haben.

Ich glaube, mit Schwarzmalerei kommen Sie in diesem Punkt nicht weiter. Die Opposition in diesem Hause sollte endlich einmal auf den Tisch legen, wie sie das machen würde. Es ist kein Programm, nur zu sagen: Schnäppchenwochen bei der Opposition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.

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