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26.06.2014
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Demonstrationsrecht und Meinungsfreiheit schützen – Gewalt bei „Blockupy“ verhindern

Insbesondere zu dir. – Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ist in unserem Land ein hohes Gut. In Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes heißt es:

Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

Wir alle sollten uns dafür einsetzen, dass dieses Grundrecht geschützt, gepflegt und verteidigt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir sollten uns auch immer wieder vor Augen führen, dass in vielen Ländern die Ausübung dieses Rechts keine Selbstverständlichkeit ist. In vielen Ländern wird von vielen Menschen um dieses Recht gerungen. Deswegen sollten wir mit diesem Recht pfleglich umgehen.

Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, in dem es um die geplanten Blockupy-Proteste in Frankfurt geht, um zu unterstreichen, dass es die Aufgabe der Polizei ist, das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit zu schützen sowie Gewalt zu verhindern, und dass der Dialog zwischen Demonstranten und Polizei das wirksamste Mittel ist, um einen reibungslosen und gewaltfreien Ablauf dieser Veranstaltungen zu ermöglichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Diese grundsätzlichen Ziele sollten wir alle in diesem Hause teilen, egal welcher Meinung wir in der Sache sind.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Demonstrationen und öffentliche Meinungsäußerungen sind das Salz in der Suppe einer Demokratie. Man braucht die Ziele von Demonstranten nicht zu teilen, aber eine intakte Demokratie muss ermöglichen, dass diese Form des Protests möglich ist.

Ich weiß, dass es bei manchen Protesten nur schwer zu ertragen ist, zuzuschauen. Ich erinnere an Demonstrationen der NPD oder an den Aufmarsch der Salafisten, der jetzt in Offenbach geplant ist. Aber eine intakte und lebendige Demokratie zeichnet aus, dass sie genau das erträgt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Man kann diesen Demonstrationen möglicherweise etwas entgegensetzen. Aber ich glaube, es ist ein großes Prinzip und eine große Errungenschaft unseres Grundgesetzes, dass man zulässt, dass andere ihre Meinung äußern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, dass die Ausübung dieses Grundrechts gewährleistet ist. Wir betonen aber auch, dass wir zu einer friedlichen Protest- und Demonstrationskultur aufrufen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wir rufen zur Wahrung einer friedlichen Protest- und Demonstationskultur auf, sagen aber gleichzeitig, dass dabei auch die Rechtsgüter Dritter zu beachten sind und geschützt werden müssen. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns in diesem Saal einig, dass Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein kann und darf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Uns ist bewusst, dass Teile der Bevölkerung angesichts der Globalisierung der Finanzkrise und der Schuldenkrise besorgt sind und diese Sorge und auch das Mitgefühl mit den von der Krise betroffenen Menschen durch Demonstrationen und Proteste öffentlich bekunden wollen. Ich glaube, angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, angesichts junger Menschen, denen die Perspektive im eigenen Land fehlt, und angesichts zusammenbrechender Sozial- und Gesundheitssysteme sollte man Verständnis für diese Art von Protest haben.

Schlussfolgerungen, die Teile dieser Protestbewegungen ziehen, teilen wir nicht. Aber man muss Verständnis dafür haben, dass es Menschen in unserem Land gibt, die ihren Protest zum Ausdruck bringen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wir bekennen uns auch zum europäischen Einigungsprozess. Der europäische Einigungsprozess ist Garant für Frieden, Freiheit und Zusammenarbeit in Europa. Wir sind froh, dass Frankfurt der Sitz bedeutender Institutionen, wie der Europäischen Zentralbank und europäischer Aufsichtsbehörden, ist. Bei aller berechtigten und unberechtigten Kritik an der Arbeit dieser Institutionen: Sie tragen doch erheblich zum europäischen Integrationsprozess bei.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir sind uns der besonderen Verantwortung des Landes für den Schutz dieser europäischen Institutionen bewusst. Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit in diesem Haus das so sieht. Deswegen fordern wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Demonstrationen anlässlich der Eröffnung des EZB-Neubaus auf, die gesellschaftliche Diskussion über die Globalisierung und die europäische Einigung friedlich zu führen und die Rechte der anderen zu achten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Auch die Unbeteiligten, nämlich die Einwohner, die Geschäftsleute und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Stadt Frankfurt, haben Rechte. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass diese Rechte von den Demonstrationsteilnehmern geachtet werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Aus Fehlern der Vergangenheit muss man lernen. Man muss Großdemonstrationen und Einsätze analysieren. Man muss Risiken neu bewerten und einschätzen, und man muss neue Schlussfolgerungen aus diesen Protesten ziehen.

Wir begrüßen deshalb ausdrücklich den dialogorientierten und deseskalierenden Ansatz der hessischen Polizei bei der Begleitung der angekündigten Demonstration und zum Schutz des Demonstrationsrechts. Es ist gut, dass die hessische Polizei frühzeitig Dialogangebote unterbreitet hat. Wir appellieren erneut an die Organisatoren der geplanten Proteste, auf diese Dialogangebote einzugehen; denn nur so können wir gewährleisten, dass diese Prozesse funktionieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegt im Interesse aller friedlichen Demonstranten und der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Frankfurt, dass durch eine umfassende Abstimmung Missverständnisse und Konfliktpotenziale frühzeitig ausgeräumt werden, um das Recht auf friedliche Demonstrationen zu sichern.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Ich verstehe nicht, warum diese Dialogangebote der Frankfurter Polizei bisher nicht von allen angenommen worden sind. Nur wenn man miteinander redet, baut man Vertrauen auf und kann Verständnis für die Position des jeweils anderen entwickeln. Deswegen fordern wir noch einmal ausdrücklich dazu auf, sowohl die Dialogangebote der Polizei und auch die der Polizeiführung in Frankfurt anzunehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deseskalierende Maßnahmen vonseiten der Polizei und der Landesregierung hat es in Fülle gegeben. Ich will sie nur kurz erwähnen: die frühzeitige Einrichtung des Vorbereitungsstabs; die frühzeitige Einladung zum Dialog durch den Frankfurter Polizeipräsidenten; die Tagung der Leiter der sogenannten Alarmhundertschaften, um die Kommunikation mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu problematisieren; das praktische Deeskalationstraining in Anwesenheit des hessischen Innenministers Peter Beuth; das wiederholte öffentliche Eintreten des Innenministers für eine friedliche und kommunikative Demonstrationskultur und seine Zusage, die Polizei werde weiterhin eine deeskalierende und kooperative Rolle spielen; und die transparente Information aller Landtagsfraktionen durch den hessischen Innenminister. Gemeinsam mit der Polizeiführung sind die Obleute des Innenausschusses am 13. Mai 2014 über das Lagebild und den Planungsstand ausführlich informiert worden.

Meine Damen und Herren, diese Form von Deeskalation, von Organisation und Transparenz ist das, was wir uns zur Vorbereitung dieser Demonstrationen in Frankfurt wünschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es ist aus Sicht der Polizei und der Landesregierung richtig, diesen konstruktiven Ansatz fortzuführen. Auch weiterhin Dialog- und Deeskalationsangebote zu machen, die Anmeldergespräche weiterzuführen, den Austausch mit den Anmeldern zu suchen, in der Öffentlichkeit den rechtlichen Rahmen klar zu machen, unter dem solche Demonstrationen stattfinden, und deutlich zu machen, dass die Einsätze der Polizei, dass der Einsatz gegen Störer und Gewalttäter, dem Schutz der Demonstranten dienen. Das muss, glaube ich, der Öffentlichkeit klargemacht werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es finden Schulungen der Polizei zu Deeskalationsmaßnahmen statt. Es hat Kommunikationstraining stattgefunden, und wir werden demnächst die Kennzeichnung für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Hessen einführen. Die Verordnung ist auf dem Weg; der Innenminister ist in Abstimmungsgesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiter. Das sind Ansätze für eine deeskalierende Kommunikationsstruktur bei solchen Einsätzen.

Die Polizei, die Polizeiführung und die Landesregierung haben viele Angebote gemacht, um die Demonstrations- und Meinungsfreiheit zu schützen und friedliche Proteste zu ermöglichen. Ich kann nur an alle Verantwortlichen appellieren, diese Angebote anzunehmen, ins Gespräch zu kommen, Vorurteile abzubauen und im Dialog den Ablauf der geplanten Proteste vorzubereiten. Es ist jetzt an denjenigen, die diese Demonstrationen vorbereiten und durchführen, diese Dialogangebote der hessischen Polizei und der Polizeiführung anzunehmen. Ich glaube, wenn wir dorthin kommen, sind wir auf einem guten Weg. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

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