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16.10.2014
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: DDR war Unrechtsstaat – auch Hessens Linke muss sich klar positionieren

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank an Lothar Quanz für diese wirklich beeindruckende Rede. Ich hätte mir gewünscht, dass der Kollege Wilken hier vorne einmal Klartext reden würde, was die Frage des Unrechtsstaates DDR angeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Warum können eigentlich die LINKEN in Thüringen etwas sagen und niederschreiben, was die LINKEN in Hessen nicht können? Diese Frage müssten Sie sich einmal stellen, Herr Kollege Wilken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In einem Kommentar des Tagesspiegel sagt der Journalist Matthias Meisner dazu, dass es die Demokratie aushält, wenn Egon Krenz meint, „Unrechtsstaat“ sei ein Schmähbegriff. Schlimm ist aber, dass führende Kader der Linkspartei genauso reden, dass sie sich mit der Denke des letzten SED-Chefs gemein machen. Ich stelle fest: die Linkspartei in Hessen Hand in Hand mit Egon Krenz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Wilken, Ex-Vorsitzender der LINKEN in Hessen, sagt, „Unrechtsstaat“ sei ein diffuser Begriff, und die Debatte sei ein Stöckchen, das insbesondere von den GRÜNEN gern hingehalten werde.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Nein, der Begriff „Unrechtsstaat“ ist nicht diffus, und er ist an der Stelle nicht falsch. Ich stelle fest: Sie haben immer noch ein ungeklärtes Verhältnis zur jüngeren deutschen Geschichte, und Sie können sich nicht entscheiden, ob Sie für einen Politikwechsel zur Verfügung stehen oder ob Sie immer noch im Ost-Heimatmuseum beheimatet sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Sie zeichnen ein verklärtes Bild der DDR. Sie haben nicht die Kraft und nicht den Willen, staatliches Unrecht als staatliches Unrecht zu bezeichnen. Die DDR war ein Unrechtsstaat. Was sollte die DDR sonst gewesen sein?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn ein Staat seine Bürgerinnen und Bürger einschüchtert und drangsaliert, wenn Andersdenkende mit Berufsverboten belegt werden, wenn Kinder wegen der politischen Überzeugung der Eltern schulisch und beruflich benachteiligt werden, wenn die Stasi Menschen bespitzelt und in ihre Gefängnisse wirft, dann ist das staatliches Unrecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wenn ein Staat seine eigenen Bürgerinnen und Bürger hinter Mauern und Stacheldraht einsperrt, wenn freie Meinungsäußerungen unterbunden werden, wenn Gerichte willkürlich urteilen, dann ist das ein Unrechtsstaat. Was soll das denn sonst sein?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es ist bedauerlich, dass die Linkspartei nicht die Kraft und nicht den Willen hat, das so klar und eindeutig zu benennen. Der Kollege Wilken sagt, dass die Debatte ein „Stöckchen“ sei, das den LINKEN hingehalten werde. Das ist sie eben nicht. Sie von der LINKEN verkennen, dass viele Menschen, Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler, die sich in der DDR unter großen persönlichen Risiken für Meinungsfreiheit und Demokratie, für demokratische Wahlen und unabhängige Richter eingesetzt haben, persönlich gelitten haben.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Für diese Menschen ist diese Debatte kein „hingehaltenes Stöckchen“, sondern für sie ist es wichtig, dass Unrecht wirklich Unrecht genannt wird und dass ein Unrechtsstaat als Unrechtsstaat bezeichnet wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Was ist falsch an dem Satz in dem Papier, dass LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei den Verhandlungen über eine mögliche Regierungsbildung in Thüringen formuliert haben? Das Papier trägt übrigens die Überschrift „Die Würde des Menschen ist unantastbar – Zur Aufarbeitung der Geschichte der DDR“. Dort heißt es:

Weil durch unfreie Wahlen bereits die strukturelle demokratische Legitimation staatlichen Handelns fehlte, weil jedes Recht und jede Gerechtigkeit in der DDR ein Ende haben konnte, wenn einer der kleinen oder großen Mächtigen es so wollte, weil jedes Recht und Gerechtigkeit für diejenigen verloren waren, die sich nicht systemkonform verhielten, war die DDR in der Konsequenz ein Unrechtsstaat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Was ist an dieser Beschreibung, an dieser Formulierung falsch? An dieser Beschreibung ist nichts falsch. Daher frage ich mich: Warum kann das nicht auch DIE LINKE im Hessischen Landtag, DIE LINKE in Hessen sagen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich.

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