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25.03.2010
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Bekämpfung des Rechtsextremismus in Hessen verstärken

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Haus beschäftigt sich nicht zum ersten Mal mit diesem Thema. Wir haben heute Morgen in der Aktuellen Stunde dieses Thema schon einmal behandelt. Da ging es um die Übergriffe und die Überfälle in Wetzlar. Ich glaube, es steht dem Haus gut zu Gesicht, sich mit solchen Themen zu befassen und sich mit diesem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Ich glaube auch, dass das notwendig ist. Deswegen möchte ich auch noch einmal meine Unterstützung für das ausdrücken, was Kollegin Faeser zu unserem gemeinsamen Antrag gesagt hat. Deswegen würde es diesem Haus auch gut anstehen, sich inhaltlich damit zu beschäftigen. Was machen wir in Zukunft, wie werden wir uns mit diesem Phänomen beschäftigen, und welche Strategien gegen diese Phänomene gibt es?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich denke schon, dass wir aus dem frechen und brutalen ausländerfeindlichen Auftreten der Rechten Konsequenzen ziehen müssen. Daraus müssen wir Handlungsperspektiven entwickeln. Das ist ein wichtiges Handlungsfeld für die Politik.

Die „Frankfurter Rundschau“ hatte am 05.11.2009 folgende Überschrift – und das muss uns zu Denken geben –: „Neonazis gehören zur Normalität“. Genau das darf nicht passieren. Neonazis und Rechtsextreme dürfen eben nicht zur Normalität gehören. Deswegen steht es diesem Hause gut an, sich auch intensiver damit zu beschäftigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der LINKEN und bei Abgeordneten der CDU)

Womit haben wir es zu tun? – Wir haben es im Prinzip in Hessen mit regionalen Schwerpunkten zu tun. Wir haben es nicht mit den Altnazis der NPD zu tun, sondern wir haben es mit relativ flexibel auftretenden jungen Menschen zu tun, die sich in Kameradschaften organisieren.

Wir haben mehrere Schwerpunkte. Dazu gehört der Schwalm-Eder-Kreis in Nordhessen. Dort haben wir immer wieder Übergriffe. Wir haben eine Region um Alsfeld, wo wir es mit Rechtsextremen zu tun haben. Wir hatten und haben es immer noch im Bereich der Wetterau mit rechtsextremen Phänomenen zu tun. Und wir haben es im südhessischen Bereich, im Odenwald und an der Bergstraße damit zu tun.

Da hilft auch der Blick in die Kriminalstatistik nichts – mit dem Hinweis darauf, dass wir im Bundesvergleich relativ niedrige Zahlen haben, was Straftaten im Bereich des Rechtsextremismus angeht. Da müssen uns doch diese Straftaten, die auftreten, zu Denken geben und uns zum Handeln zwingen. Deswegen ist es wichtig, sich auch inhaltlich in einer Anhörung mit diesem Thema zu befassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Im Verfassungsschutzbericht stand, das seien singuläre Ereignisse. Es sind eben keine singulären Ereignisse. Wir beschäftigen uns auch in der Kontrollkommission für den Verfassungsschutz des Öfteren mit diesem Thema.

Wenn wir sehen, was dort in den letzten Jahren passiert ist, müssen wir, so glaube ich, auch handeln. Wir hatten es mit den Überfällen am Neuenhainer See im Schwalm-Eder-Kreis zu tun. Wir haben es damit zu tun, dass Neonazis Kneipen im Schwalm-Eder-Kreis überfallen. Wir hatten es im Oktober damit zu tun, dass Menschen auf einer Kirmes angegriffen und überfallen wurden. Wir hatten es im November damit zu tun, dass zum zweiten Mal auf einer Kirmes Neonazis aufgetreten sind und dort andere Menschen angegriffen haben. Herr Innenminister, da wird es wirklich ernst. Dann ist die Polizei eingeschritten, und es gab dort eine Schlägerei, bei der ein Polizeibeamter schwer verletzt wurde, der später ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, weil er einen Jochbeinbruch hatte. Spätestens da müssen wir doch darüber nachdenken: Wenn die mittlerweile so frech werden, dass sie Polizeibeamte dieses Landes angreifen, dann müssen wir als Innenausschuss und als Parlament auch handeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Deswegen ist es durchaus zu begrüßen, dass Sie, Herr Innenminister, die Polizei mit Kräften der Bereitschaftspolizei verstärkt haben und dort wesentlich stärker Präsenz gezeigt wird – gerade auch am Wochenende. Das ist ein Weg.

Aber ich glaube, wir müssen uns mit der Entstehungsgeschichte von Rechtsextremismus beschäftigen. Wir müssen uns damit beschäftigen, warum sich junge Menschen solchen Gruppen anschließen. Da hilft es eben nicht, im Hessischen Landtag Anträge zu verabschieden, die das verurteilen, sondern da müssten wir uns auch einmal damit beschäftigen – und zwar intensiv in einer Anhörung, zu der wir Experten einladen und einmal fragen –, was wir in Hessen noch machen können, um diesem Phänomen zu begegnen. Deswegen haben wir unseren Antrag gestellt, den Innenausschuss damit zu beauftragen, eine Anhörung zu dem Thema durchzuführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Der Innenminister und die Kollegen von den Regierungsfraktionen werden noch dazu Stellung nehmen. Wenn wir das beantragen, ist das doch keine Kritik an dem, was wir als Land Hessen sowieso schon tun. Es ist doch gut, dass wir im Bereich der Polizei mit IKARus, dem Netzwerk gegen Gewalt unter anderem dort auch schon Strategien gegen den Rechtsextremismus fahren. Aber die neuesten Vorfälle zeigen uns auch, dass das offensichtlich zu wenig ist und dass wir uns noch mehr Handlungsebenen überlegen müssen. Deswegen sagen wir, dass wir diese Anhörung brauchen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Deswegen glaube ich, dass wir nicht in den Reflex verfallen sollten, in den dieses Haus des Öfteren verfällt. Da geht der Appell an die Kolleginnen und Kollegen der Regierung. Wir sollten nicht in den Reflex „rechts und links“ verfallen. Wir haben heute Morgen schon darüber gesprochen. Wir haben hier schon Anträge verabschiedet. – Nein, wir sollten uns mit den Problemen beschäftigen. Dazu gehört, dass wir uns inhaltlichen Sachverstand heranholen und dass wir überlegen, welche neuen Handlungsfelder wir brauchen. Dafür bitten wir um Zustimmung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank, Herr Frömmrich.

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