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26.11.2015
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Arbeit des Untersuchungsausschusses 19/2

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Thema, dieser Ausschuss und dieser Komplex, mit dem wir uns beschäftigen und eine solch kleinkarierte parteipolitisch motivierte Rede, das ist unglaublich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Ich bin sehr dafür, dass wir die Probleme offen ansprechen und dass wir versuchen, Lösungen zu finden. Hier aber den kleinkarierten parteipolitischen Geländegewinn in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen, das finde ich unglaublich. Ich sage es noch einmal.
Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir dieses wichtige Verfahren im Umgang mit den Akten des Untersuchungsausschusses 19/2 im Plenum des Hessischen Landtags in solch konfrontativer Art diskutieren. Es wird der Sache und dem Aufklärungsinteresse einerseits, aber andererseits auch mit dem Umgang mit Geheimschutzinteressen in keiner Weise gerecht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nach der vergangenen Sitzung im Untersuchungsausschuss auf einem, wie ich meine, guten Weg waren, eine Lösung zu finden. Ich bin überzeugt, dass wir für diesen wichtigen Komplex – es ist ein wichtiges Thema – eine richtige Lösung finden werden.
Es ging gar nicht um Angebote, die wir gemacht haben. Es war ein Vorschlag unsererseits, über den in dieser Sitzung offen geredet werden sollte. Wir haben nicht einen Tag vorher ein Zeitungsinterview gegeben und nichts vorgelegt, sondern wir sind in die Sitzung gegangen und haben einen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Das hätte ich mir von den anderen auch gewünscht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Ich habe am Montag schon nicht verstanden, warum die SPD das Thema „Umgang mit Schwärzungen“ zum Setzpunkt angemeldet hat, obwohl wir im Ausschuss noch über dieses Thema beraten wollten. Warum haben Sie eigentlich nicht die Ausschussberatungen abgewartet?
Ist es nicht immer der von Ihnen postulierte Weg der Zusammenarbeit, das gemeinsame Aufklärungsinteresse über Parteigrenzen hinweg? Das ist nicht das, was die Praxis ist. Das haben wir gerade auch in den Reden gehört. Ich würde mir wünschen, dass die Reden, die immer in die Kameras gehalten werden, nach dem Motto: Gemeinsamkeit, Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg, auch eingehalten würden, wenn die Türen geschlossen sind und im Untersuchungsausschuss gearbeitet wird. Das würde ich mir wirklich wünschen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE)
Ich würde mir wünschen, dass die auftretenden Probleme gemeinsam gelöst würden.
(Zuruf der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und des Hermann Schaus (DIE LINKE))
Ich würde mir wünschen, dass nach Kompromissen gesucht würde, damit der Aufklärungsauftrag des Hessischen Landtags umgesetzt wird.
Wir haben einen Vorschlag vorgelegt, der einen Weg aufzeigt, wie man mit Schwärzungen umgehen kann. Nun kann man vonseiten der Opposition sagen: Das reicht nicht. – Aber vor einem Gespräch über die Frage, wie weit man noch Kompromisse eingehen muss, schon einmal einen Setzpunkt einzureichen, zeigt nicht, dass die gemeinsame Lösung im Mittelpunkt gestanden hat. Das muss man auch einmal feststellen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Ich finde es wenig hilfreich – ich habe es gerade schon gesagt –, vor den Kameras die Statements abzugeben und dann genau andersherum und parteipolitisch motiviert zu handeln. Ich wünsche mir, dass wir diesen Ausschuss tatsächlich zu einem überparteilichen Ausschuss machen würden.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Das gilt im Übrigen auch für die angesprochene Thematik der Schwärzungen. Den PUA des Bundestags für seine gute Arbeit loben, wenn aber in Hessen noch offenere Regelungen für Schwärzungen vorgeschlagen werden, dann kritisieren Sie das als Behinderung und als Nicht-Aufklärungsinteresse. Das ist doch nicht nachvollziehbar.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Noch einmal: Was kann man im Umgang mit Akten anders machen als anzubieten, die ungeschwärzte Akte hinzulegen und den Mitgliedern des Ausschusses und den Stellvertretern den Einblick in die offene Akte zu gewähren? Was geht offener? – Ich verstehe es nicht. Es wäre sinnvoll, wenn Sie es einmal erklären würden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Was kann offener, was kann transparenter sein, als eine ungeschwärzte Akte im Ausschuss vorzulegen.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Herr Schaus, vielleicht kommen Sie in einer solch wichtigen Debatte einfach einmal runter und spielen nicht so Ihre parteipolitische Art und Weise in diesem Hessischen Landtag vor. Seien Sie einfach einmal ruhig.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
 
Vizepräsident Frank Lortz:
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Schaus, wir wollen wieder zu einem normalen parlamentarischen Verfahren zurückkommen. Alle sollen ihre Worte wägen. – Herr Kollege Frömmrich hat das Wort.
 
Jürgen Frömmrich:
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich verstehe die Kritik an diesem Punkt nicht. Es soll auch hier im Aktenraum im Hessischen Landtag geschehen und nicht wie beim Treptow-Verfahren – PUA Berlin ist gelobt worden –, dass man in die Außenstelle des Verfassungsschutzes fahren muss. Die Mitarbeiter der aktenführenden Behörden und die Vertreter der Landesregierung sollen dann erläutern, warum die Schwärzungen vorgenommen wurden. Das soll plausibel geschehen.
Sollte es zu unterschiedlichen Auffassungen über diese Schwärzungen kommen, das ist unser Vorschlag, berät der Ausschuss über das weitere Verfahren zum Umgang mit diesen Aktenteilen. Natürlich wird es auch zu schriftlichen Begründungen kommen, warum es zu diesen Schwärzungen aus Sicht der herausgebenden Behörde gekommen ist. Natürlich wird das schriftlich begründet. Das ist doch auch logisch. Es ist auch aus Oppositionssicht richtig, das zu fordern, dass man verständlich erklärt bekommt, warum das so ist, damit man ein Rechtsschutzinteresse geltend machen kann. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit, darüber brauchen wir doch nicht zu streiten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Damit wird doch Ihr Interesse am Rechtsschutz gewahrt. Im Konfliktfall brauchen Sie natürlich eine schriftliche Begründung, um die Angelegenheiten rechtlich überprüfen zu lassen. Das ist eine Selbstverständlichkeit.
Die Ausschussmitglieder werden nicht nur Klarnamen und nicht nur sensible Informationen, sondern dann auch offene und ungeschwärzte Akten bekommen. Sie werden also auch Dinge sehen, die vom Untersuchungsauftrag gar nicht gedeckt sind. Ich frage mich, wo der Konflikt ist, wenn wir anbieten, ein Verfahren zu finden. Im Konfliktfall wird die offene Akte hingelegt. Man kann die gesamte Akte ungeschwärzt einsehen und kann sich einen Überblick über den Gesamtzusammenhang verschaffen. Ich verstehe nicht, wo der Konflikt ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir haben es hier mit sensiblen Unterlagen zu tun. Es geht doch bei diesem Untersuchungsausschuss nicht nur um die Akten des Landes Hessen. Es geht auch um Akten von Behörden, auf deren Zusammenarbeit wir angewiesen sind. Das sind Bundesbehörden und andere Landesverfassungsschutzämter. Neulich war ein Artikel in der Zeitung und als Reaktion darauf haben wir prompt ein Schreiben des BMI bekommen:
Sollte dieses Vorgehen tatsächlich praktiziert werden und auch für Unterlagen gelten, die vonseiten des BfV vorgelegt werden, wird dieser Verfahrensweise vonseiten des Bundesinnenministeriums entschieden widersprochen. Die weitere Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsausschuss 19/2 wäre dann grundsätzlich zu überdenken.
Man kann doch nicht so tun, als gäbe es kein Problem. Das ist doch keine grüne Bundesregierung, sondern eine rot-schwarze Bundesregierung,
(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
die ein solches Schreiben schickt. Da muss man doch einfach mal Einsicht in die Problemlagen haben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)
Das Verfahren ist doch nicht in Stein gemeißelt. Wenn es bei dem Verfahren zu Problemen kommt, reden wir darüber, ändern wir was, suchen wir ein neues Verfahren. Unser Interesse, Ihr Interesse war immer, dass wir sagen: Wir wollen schnelle Aktenlieferung, damit wir schnell anfangen können zu arbeiten.
Ein Verfahren, jede einzelne Schwärzung plausibel zu erklären, würde dazu führen, dass die Akten nicht so schnell geliefert werden. Wir müssen eine Regelung finden zwischen schneller Aktenlieferung und Anspruch auf Geheimhaltungsinteresse. Das ist unser Vorschlag.
Was ist daran schlimm, wenn wir einen Problemfall haben, eine offene Akte anzuschauen und alles nachlesen zu können? Ich verstehe die Kritik nicht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Auch in anderen Bundesländern wird das diskutiert. In Nordrhein-Westfalen werden zum Beispiel keine Personalakten herausgegeben. Wir haben die Herausgabe in der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses beschlossen.
In Nordrhein-Westfalen gibt es einen Streit über den Umgang mit Schwärzungen, genau wie hier. Die Frage der plausiblen Erklärung ist dort auch streitig. In Baden-Württemberg wird auch über die Schwärzungen diskutiert. Es ist keine Sache, die nur die hessischen Behörden betrifft.
Wenn Sie hier so eine konfrontative Diskussion aufziehen, tun Sie so, als beschäftigten nur wir in Hessen uns mit dem Problem. Es ist insgesamt ein Problem, Aufklärung in einem Zusammenhang mit hochsensiblem Material von Verfassungsschutzbehörden zu betreiben, wo man letztlich Abwägungsprozesse zu treffen hat. Das betrifft alle, die sich mit diesem Themenkomplex beschäftigen.
Deswegen bitte ich darum, dass wir in dieser Frage einmal über die Parteigrenzen hinweg eine Lösung finden. Wir haben einen Vorschlag gemacht. Wir sind bereit, darüber zu diskutieren. Wir sind auch bereit, noch Kompromisse in dieser Frage zu machen. Kommen Sie auf uns zu. Und hören Sie bitte auf, in dieser konfrontativen Art hier vorzugehen.
Wir haben ein gemeinsames Interesse. Das betonen Sie immer, dann handeln Sie auch so hier im Landtag, meine Damen und Herren.
 
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Kollege Frömmrich, bitte kommen Sie zum Schluss.
 
Jürgen Frömmrich:
Herzlichen Dank.
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

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