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21.04.2016
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Aktuelle Stunde – Programmentwurf der AfD – keine Hetze gegen Muslime in Hessen und überall

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle beobachten mit großer Sorge die wachsende Zahl rechtsextremistischer und fremdenfeindlicher Straftaten in Deutschland. Wir müssen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln dafür sorgen, dass Straftäter gefasst werden. Wir müssen aber auch denjenigen entgegentreten, die mit dumpfen Parolen, mit Hass und Gewalt den Boden für diese kriminellen Handlungen bereiten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der LINKEN)
Deshalb ist es gut, dass sich Menschen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus engagieren. Es ist gut, wenn sich die Zivilgesellschaft in dieser Frage engagiert. Auch der Aufruf „Aufstehen gegen Rassismus!“ ist ein guter Beitrag dazu, wie ich meine.
Es muss uns allen aber darum gehen, das Entstehen von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus an den Wurzeln anzupacken. Wer Hass, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit schürt, muss auf den entschiedenen Widerstand der Demokratinnen und Demokraten treffen. Wer Muslime unter Generalverdacht stellt, wer Muslime mit islamistischen Extremisten und Terroristen gleichsetzt, wer eine Glaubensgemeinschaft und eine Religion als Ganzes, diskreditiert, befördert Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Genau das tun aber die Rechtspopulisten von der AfD.
Die Freiheit des Glaubens, die Freiheit des Gewissens, die Freiheit des religiösen, weltanschaulichen Bekenntnisses ist Verfassungsgrundsatz und wird in Art. 4 des Grundgesetzes garantiert. Nicht diejenigen, die diesen Verfassungsgrundsatz leben, sind Verfassungsfeinde, sondern diejenigen, die Muslimen in Deutschland das Recht auf freie Religionsausübung absprechen. Das sind die Verfassungsfeinde.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))
Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Gauland argumentiert, dass der Islam keine Religion ist. Wenn Frau von Storch sagt, der Islam ist an sich eine politische Ideologie, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, ist diese Aussage schlichtweg unerträglich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))
4 Millionen Muslime in Deutschland werden ausgegrenzt, sollen Verfassungsfeinde sein und sind nach Auffassung der AfD nicht Mitglieder unserer freiheitlichen Gesellschaft. Meine Damen und Herren, solche Thesen sind schlichtweg unerträglich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))
Wir leben gern in einer freien und offenen Gesellschaft. Die Errungenschaften, die uns letztlich unsere Verfassung, unser Grundgesetz garantiert, verteidigen wir. Das Zusammenleben hat sich in den letzten Jahren an vielen Punkten verändert. Unsere Gesellschaft ist bunter, offener und toleranter geworden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen nicht zulassen, dass Rechtspopulisten mit ihrer Ideologie diese Uhr wieder zurückdrehen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))
Wenn ich beispielsweise lese, dass die AfD-Landtagsfraktion in Thüringen alle Homosexuellen im Lande zählen lassen will, frage ich mich: Wer ist hier eigentlich Verfassungsfeind?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Dass sich diese Partei nicht schämt, in einem Land solche Forderungen zu stellen, in dem Homosexuelle schon einmal registriert wurden und in dem Homosexuelle schon einmal einen Rosa Winkel tragen mussten, ist schlichtweg unerträglich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos)
Wir wollen nicht in einer Gesellschaft leben, wie sie die AfD in ihrem Programm beschreibt. Wir wollen uns nicht vorschreiben lassen, wie wir leben oder wie wir lieben. Das ist Angelegenheit jedes einzelnen. Der Glaube ist Privatsache. Da mischt sich der Staat nicht ein.
Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist Verfassungsauftrag. Das Frauenbild der AfD dagegen ist von vorgestern und stellt viele gesellschaftspolitische und von Frauen hart erkämpfte Errungenschaften zur Disposition. Das wollen wir alles nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN)
Wenn man das Programm der AfD liest, kommt man zu dem Schluss, das Integrationsproblem haben die Damen und Herren der AfD.
Die Führungsriege der AfD braucht dringend einen Integrationskurs, und zwar einen Integrationskurs für eine freie und offene Gesellschaft, in der wir leben wollen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD)
Natürlich müssen wir in einer komplexen Gesellschaft auch über Probleme reden, über Probleme, die mit der Zuwanderung verbunden sind. Natürlich müssen wir Fehlentwicklungen diskutieren. Natürlich müssen sie auch benannt werden. Natürlich muss sich jeder, der in unserem Land lebt, an unsere Gesetze und an unsere Verfassung halten. Das ist eine Selbstverständlichkeit.
Aber darum geht es der AfD im Kern nicht. Der AfD geht es nicht um Lösungen möglicher Probleme oder um das Beheben von Fehlentwicklungen. Der AfD und ihrem Spitzenpersonal geht es um die öffentliche Wirkung, um die Schlagzeile und darum, Hass und Gewalt zu säen. Sie setzt gezielt auf Provokation und bespielt das Thema Islam ganz bewusst. Frau von Storch, die stellvertretende Vorsitzende, analysiert ganz kühl – das ist in der Süddeutschen Zeitung nachzulesen –:
Asyl und Euro sind verbraucht, bringen nichts Neues … der Islam und seine Bekämpfung, ein Thema, das laut Storch bestens für die ‚Außenkommunikation‘ geeignet sei.
Das ist die perfide Strategie der AfD. In unserem Land gegen Muslime zu hetzen, ist eine gezielte Provokation, der wir uns alle entgegenstellen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD)
Die AfD ist ein geistiger Brandstifter. Sie vergiftet das Klima in unserem Land, und deshalb ist es wichtig, dass Politiker und die Zivilgesellschaft gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit aufstehen und Flagge zeigen. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank.

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