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22.09.2015
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Änderung des Melderechts, des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und des Hessischen Glücksspielgesetzes

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei solchen Beiträgen am späten Abend ermuntert einen eigentlich nur noch, dass es bei Bremen gegen Darmstadt 1:1 steht.

Wir beschäftigen uns mit der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Änderung des Melderechts, der HSOG und des Glücksspielgesetzes. Wir haben zu dem Gesetzentwurf am 10. September 2015 eine umfangreiche mündliche Anhörung durchgeführt. Dabei gab es aus unserer Sicht vier Komplexe, bei denen datenschutzrechtliche Bedenken und Änderungsbedarfe vorgetragen wurden.

Erstens. Die Übermittlung zusätzlicher Angaben zu Familienangehörigen der Mitglieder öffentlicher Religionsgemeinschaften wurde kritisiert.

Zweitens. Bei der Zuverlässigkeitsprüfung für Personen, die Zugang zu Flüchtlingsheimen haben, wurde eine Regelung angemahnt.

Drittes. Die Befugnisse im Bereich der Bodycams, dazu komme ich noch.

Viertens. Die Möglichkeit der Aufzeichnung von Notrufen und auch das Nutzen dieser Aufzeichnungen für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten. Im Änderungsantrag zum Gesetzentwurf schlagen wir Ihnen vor, dies zu streichen.

Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen legen Ihnen heute in zweiter Lesung einen Änderungsantrag vor, der die vorgetragenen Bedenken und Anregungen aufnimmt. Wir wissen, dass der Änderungsantrag sehr kurzfristig vorgelegt wurde; das will ich durchaus zugestehen. Das ist aber leider der Tatsache geschuldet, dass wir die Änderungen im Meldegesetz bis November im Gesetzblatt haben müssen. Aber auch das soll gesagt werden – ich betone das an dieser Stelle, bevor hier immer diese Mär erzählt wird –: Änderungsanträge in der zweiten Lesung sind ein ganz normaler Vorgang, der auch in der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags ausdrücklich vorgesehen ist. Das ist ein ganz normaler Vorgang.

(Zuruf des Abg. Tobias Eckert (SPD))

Ich will kurz auf die vorgelegten Änderungen eingehen, Kollege Bauer hat das ebenfalls schon im Einzelnen getan.

In der Anhörung wurden datenschutzrechtliche Bedenken gegen die Übermittlung zusätzlicher, also über den Katalog des § 42 Abs. 2 Bundesmeldegesetz hinausgehende Angaben zu Familienangehörigen der Mitglieder der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften vorgetragen. Dies hat insbesondere der Datenschutzbeauftragte, aber auch die Kommunalen Spitzenverbände – also Städtetag und Städte- und Gemeindebund – vorgetragen. Mit dem Änderungsantrag schlagen wir nunmehr vor, die über das Bundesmeldegesetz hinausgehenden Regelungen zu streichen.

Zweiter Punkt. Die vorgeschlagenen Änderungen bei der Zuverlässigkeitsprüfung dienen aus unserer Sicht der Sicherheit von Flüchtlingsunterkünften, aber auch von besonders gefährdeten öffentlichen Stellen. Deswegen diese Änderung.

Der dritte Punkt betrifft den Einsatz von Bodycams. Auch hier haben wir eine Vielzahl von Anmerkungen und Änderungsvorschlägen der Anzuhörenden vernommen. Die Bodycam – das muss man hier wohl nicht betonen, es gibt wohl nur eine Meinung, die es anders sieht – ist ein polizeiliches Einsatzmittel, das deeskalierend wirkt und damit die Beamtinnen und Beamten vor Übergriffen schützt. Das sollten wir hier feststellen, und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Erfahrungen haben wir bei der Erprobung gemacht. Herr Kollege Schaus, Sie lesen sonst immer die Stellungnahmen der Gewerkschaften sogar mit Punkt und Komma vor. Vielleicht lesen Sie einfach einmal die Vorträge der Gewerkschaften im Polizeibereich zu dieser Bodycam aus der Anhörung vor, dann können Sie das, was Sie hier erzählt haben, so nicht mehr vortragen, wenn Sie es ernst meinen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Aber okay, es hängt ja meist davon ab, wie das Argument bei Ihnen passt oder nicht. Dann sind die Gewerkschaften zitierfähig oder nicht. Aber vertiefte Sachkenntnis verhindert eben auch hier die muntere Debatte.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in vielen anderen Bundesländern wird über die Einführung dieser Bodycam diskutiert bzw. steht die Einführung der Bodycam unmittelbar bevor.

In der Anhörung wurde über die Ausweitung der Befugnisse über die Identitätsfeststellung hinaus aus datenschutzrechtlichen Gründen Kritik geübt. Mit der jetzt vorgeschlagenen Änderung wird die Befugnis wieder an die Identitätsfeststellung geknüpft. Zudem bleibt es bei den bisherigen Regelungen zur Gefahr und zum Schutzgut. Künftig wird aber mit dem Entwurf der Landesregierung die Möglichkeit geschaffen, auch den Ton aufzuzeichnen. Dies wird unter denselben strengen Voraussetzungen geschehen wie die bisherige Möglichkeit der offenen Beobachtung und Aufzeichnung. Deswegen glaube ich, dass es sinnvoll und begründbar ist.

Meine Damen und Herren, die Tonaufzeichnung ist auch aus Sicht der Polizei erforderlich, da vor dem Beginn von tatsächlichen Auseinandersetzungen meist verbale Attacken stattfinden. Wenn nun potenzielle Gewalttäter wissen, dass ihre Kommunikation mit der Polizei aufgezeichnet wird, kann diese Hemmschwelle für Beleidigungen deutlich vermindert werden. Also dient das auch der Prävention. Wir versuchen, hier präventiv zu wirken.

Dies wiederum kann dazu führen, dass Eskalation bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen verhindert wird. Folglich kann die präventive Wirkung des Bodycam-Einsatzes so erfolgreich erhöht werden.

Herr Kollege Greilich hat gerade etwas zur Pre-Recording-Funktion vorgetragen. Herr Kollege Greilich, das, was Sie vorgetragen haben, ist insofern nicht schlüssig, weil die Einsatzschwelle für die Aufzeichnung die gleiche Einsatzschwelle für die Pre-Recording-Aufzeichnung ist. Pre-Recording-Aufzeichnung heißt, 30 Sekunden werden aufgezeichnet, es wird sofort wieder gelöscht. Da ist die gleiche Einsatzschwelle, wie es sie bei der normalen Aufzeichnung durch den Beamten, also wenn sie gesichert und ausgewertet wird, gibt. Da kann die Pre-Recording-Aufzeichnung kein tieferer Eingriff sein. Darüber müssen Sie, glaube ich, noch einmal nachdenken, Herr Kollege Greilich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, noch einmal: Es ist uns von vielen Beamtinnen und Beamten erzählt worden, dass der Einsatz der Bodycam gerade in den Bereichen, in denen sie eingesetzt worden ist – das ist jetzt ausgeweitet worden –, deeskalierend wirkt. Wir verhindern dadurch Angriffe auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Wir versuchen, hier deeskalierend zu wirken. Ich glaube, es ist eine richtige Maßnahme zum Schutz unserer Beamtinnen und Beamten.

Meine Damen und Herren, wir haben viele Anregungen aufgegriffen, die in der Anhörung vorgetragen worden sind. Aber wie wir gerade wieder gehört haben: Wenn wir Anregungen aus Anhörungen aufgreifen, dann haben wir schlampig gearbeitet. Wenn wir Anregungen aus den Anhörungen nicht aufgreifen, dann wird uns die Arroganz der Macht vorgeworfen. Dann wollen wir angeblich nicht hören, was vorgetragen wird.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich würde mir wünschen, dass Sie sich für eines dieser Argumente entscheiden,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

entweder die Arroganz der Macht oder den Murks, nicht beides zusammen. Bei Ihnen, Herr Kollege Schaus, ist es besonders. Sie benutzen die beiden Argumente in ein und derselben Rede. Von daher sollten Sie grundsätzlich darüber nachdenken, ob das richtig ist. Aber ich glaube, das ist vertane Zeit.

Wir haben sehr viele Anregungen von den Anzuhörenden aufgenommen. Ich glaube, es ist gut, dass wir das machen, gerade auch im Bereich des Datenschutzes. Mit dem Änderungsantrag ändern wir den Gesetzentwurf der Landesregierung in einigen Punkten zum Positiven.

Eines muss auch gesagt werden, und das will ich hier deutlich tun: Mit diesem Gesetzentwurf, wenn wir ihn in dritter Lesung beschließen, schaffen wir eine Umweltlotterie. Das ist gut für Umwelt und Naturschutz in Hessen. Ich glaube, dass wir den Gesetzentwurf dann in geänderter Fassung beschließen sollten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Danke, Herr Frömmrich.

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