Inhalt

21.04.2016

Eva Goldbach: Zweiter Bericht der Vorsitzenden des Petitionsausschusses betreffend bisherige Tätigkeit in der 19. Wahlperiode

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich erst einmal bei Frau Ypsilanti bedanken für den Bericht, aber vor allem auch dafür, wie Sie diesen Ausschuss leiten: immer ruhig, sachlich, aber engagiert. Ich glaube, das trägt ganz wesentlich dazu bei, dass wir dort zusammen mit allen Fraktionen so konstruktiv und gut zusammenarbeiten können. Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und der LINKEN)
Ich bin jetzt seit zwei Jahren im Petitionsausschuss. Eines kann ich ganz klar sagen Ich habe in dieser Zeit außerordentlich viel gelernt, weil wir uns eben mit so vielen Themen befassen. Es geht z. B. darum, ob eine Hütte in einem Naturschutzgebiet widerrechtlich errichtet wurde, oder nicht. Es geht ganz oft um das Aufenthaltsrecht: Kann jemand bei uns bleiben, oder nicht? – Es geht um das Sozialrecht: Empfängt jemand Leistungen, ja oder nein, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum? Oder es geht um den Justizvollzug. Muss jemand wirklich seine Haftstrafe antreten, oder kann ihm noch einmal eine Zahlung seiner Geldstrafe in Raten gewährt werden?
Die Bandbreite ist also ungeheuer groß. Das ist das Schöne an der Arbeit: Man lernt unglaublich viel; denn wir alle schaffen uns immer richtig in die Fälle und Sachthemen hinein.
Die Arbeit ist schwer, weil wir mit sehr persönlichen Schicksalen konfrontiert werden und weil wir die Lage der Petenten mit unseren Entscheidungen oft leider nicht verbessern können, auch wenn wir das gerne tun würden. Aber es gibt auch viele Fälle, in denen wir zusammen mit den Fachabteilungen der zuständigen Ministerien gute Lösungen finden, mit denen den Petenten geholfen wird. Dafür lohnt sich die Arbeit. Ich finde, daran zeigt sich der große Unterschied zwischen der Arbeit im Petitionsausschuss und unserer sonstigen parlamentarischen Arbeit. Wir sind im Petitionsausschuss den Bürgerinnen und Bürgern sehr nah. Wenn wir im Gesetzgebungsverfahren sind, können wir uns vorstellen, welche Auswirkungen das für die Bevölkerung haben wird. Aber im Petitionsausschuss werden wir direkt mit Menschen und ihren Anliegen konfrontiert. Ich glaube, das ist für uns und unsere Arbeit im Landtag sehr gut ist.
Von den Petitionen, die wir bearbeitet haben, wurden 57,1 Prozent negativ beschieden. Das heißt, da konnten wir dem Anliegen der Petenten nicht entsprechen. Das klingt erst einmal nicht so gut. Aber bei vielen Petitionen, die wir zur Mitteilung der Sach- und Rechtslage entscheiden, dem Anliegen also nicht entsprechen können, entscheiden wir mit Maßgaben. Das heißt, wir bitten darum, dass zu der Entscheidung noch eine Erläuterung gegeben wird. Die sieht z. B. so aus: Wir bitten die Verwaltung vor Ort, dem Petenten noch einmal zu erläutern, warum sie so entschieden haben und warum sie nicht anders entscheiden konnten. – Manchmal wird darum gebeten, dem Petenten Alternativen zu erläutern, die ihm offenstehen. Gerade wenn es um das Baurecht geht, gibt es vielleicht andere Möglichkeiten, einem Bürger weiterzuhelfen oder sein Anliegen irgendwie zu befördern.
Frau Ypsilanti, Sie haben es letztes Jahr angekündigt, und Sie hatten völlig recht: Die Zahl der Petitionen hat sich weiter erhöht. Das betrifft insbesondere die Ausländerpetition. Wir hatten im Jahr 2015 eine Steigerung um 72 Prozent auf 427 Petitionen. Sie haben auch schon gesagt, aus welchen Ländern diese Petenten vor allem kamen.
Ich möchte noch einmal kurz auf die Petitionen minderjähriger Ausländer eingehen. Da haben wir durch die veränderte, verbesserte Rechtslage jetzt viel öfter die Chance, diese jungen Leute hierzubehalten, wenn sie sich in Ausbildung befinden. Ich möchte Ihnen gerne die Information weitergeben, dass wir da tolle Fälle gelungener Integration erleben.
Es ist beeindruckend: Ein junger kommt Mensch hierher. Er lernt innerhalb kürzester Zeit Deutsch; Das dauert oft nur ein halbes oder ein dreiviertel Jahr. Er macht hier einen Schulabschluss und engagiert sich im Fußballverein, dazu vielleicht auch noch im Musikverein. Sein Ausbildungsbetrieb bittet uns händeringend – wir haben in dieser Woche über die Zukunft des Handwerks schon gesprochen –, dieser junge Mensch möge doch hierbleiben und seine Ausbildung zu Ende führen, um dann weiter in dem Handwerksbetrieb zu arbeiten.
Dann ist es natürlich besonders schön, wenn wir diesem Anliegen entsprechen können. Diese ganz persönlichen Fälle zeigen uns aber auch, wie eine gute Integration für junge Menschen in Deutschland gelingen kann.
Ich komme nun zu den Ortsterminen. Frau Ypsilanti sagte schon ein paar Worte dazu. Auch im Jahr 2015 haben wir viele Ortstermine durchgeführt. Sie dienten dazu, uns ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Es geht also um eine wirkliche Inaugenscheinnahme und nicht nur um das Aktenstudium. Wir haben dabei gelernt, dass man gescheites Schuhwerk anziehen muss, wenn man hinausgeht; ansonsten versinken die feinen Lederschuhe im Matsch.
Ich glaube, diese Ortstermine sind sehr gut, und zwar nicht nur deshalb, weil wir uns dann ein besseres Bild machen können, sondern auch, weil die Petenten sehen, dass wir sehr wohl wissen, was wir nach Aktenlage entscheiden können, dass wir aber auf der anderen Seite manches auch in Augenschein nehmen müssen. Sie sehen da unser Bemühen.

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Frau Goldbach, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Eva Goldbach:

Ja, gerne. – Insgesamt kann ich sagen, dass es eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen allen Fraktionen gibt. Ich danke dem Referat für die tolle Unterstützung ganz herzlich. Das gilt gerade für die Zeit, als ich mich neu einarbeiten musste und durfte. Das hat Spaß gemacht. Ich bedanke mich bei den Zuständigen in den Ministerien für die tollen Stellungnahmen und die intensive Zusammenarbeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen allen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Frau Goldbach, danke.