Inhalt

23.07.2015

Eva Goldbach: Änderung kommunalrechtlicher Rechtsvorschriften

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kollegen, liebe Frauen! Heute ist diese Anrede besonders angemessen, denn ich freue mich sehr über die neue Regelung, die wir mit diesem Gesetz schaffen wollen. Wir wollen mehr Frauen in die Kommunalparlamente bekommen, und wir wollen auch in den Aufsichtsgremien kommunaler Gesellschaften mehr Frauen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte zur Abgrenzung aber eines ganz klar sagen: Frauen sind nicht die Reservearmee für die Kommunalparlamente, wenn die Männer keine Lust mehr haben oder wir keine Männer mehr für die Kommunalparlamente finden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Darum geht es absolut nicht. Es geht vielmehr darum, dass wir die Frauen brauchen, dass sie ihre Lebenswirklichkeit einbringen in die politische Arbeit und dass die etwas andere Arbeitsweise – manchmal auch bessere Arbeitsweise – der Frauen in die kommunale Arbeit eingebracht wird. Wir wissen aus der Wirtschaft längst, dass Frauen und Männer zusammen in gemischten Teams viel besser arbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben hier eine appellatorische Norm. Ich kann mir vorstellen, dass die Opposition sagen wird: Das reicht nicht, wir brauchen hier feste Quoten. – Aber mal ganz ehrlich: Woher sollen all die Frauen jetzt kommen? Das muss man einmal klar konstatieren. Alle Parteien haben schon jetzt Probleme, für die Hälfte der Plätze auf den Kommunalwahllisten Frauen zu finden. Bei uns GRÜNEN ist eine hälftige Quote üblich, auch die LINKEN haben diese Quote. Ich glaube, die SPD hat auch eine Quote, wenn auch nicht 50 : 50.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Trotzdem: Wenn sich die entscheidenden Frage stellen, z. B. wer in den Vorstand geht, wer in den Aufsichtsrat geht, wer den Fraktionsvorsitz übernimmt, dann fehlen uns oft noch Frauen, die das machen. Deswegen wollen wir gemeinsam darauf hinarbeiten, dass wir spätestens bei der folgenden Kommunalwahl – noch nicht bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr – so gut dastehen, dass wir wirklich eine gleichmäßige Beteiligung von Frauen und Männer in den Kommunalparlamenten und in den Aufsichtsgremien haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ein weiterer Punkt ist wichtig. Dazu möchte ich eine Erläuterung geben. Minister Beuth hat es schon gesagt: Nach der Entscheidung über die Galopprennbahn in Frankfurt kam die Diskussion auf, ob es überhaupt nötig ist, die Abstimmungsquoren zu staffeln und in großen Städten zu senken. Ich möchte das einmal anhand eines Beispiels verdeutlichen. In Hamburg-Altona stand ein uraltes Einkaufszentrum, ein verrottetes Ding aus den Siebzigerjahren, in das kein Mensch mehr gegangen ist. Die Stadt stand vor der Frage: Was machen wir damit? Das Quartier, der Stadtteil sollte wieder schöner werden. Es sollten wieder kleinere Geschäfte angesiedelt werden. Altona sollte wieder ein Stadtteil werden, in dem es sich zu leben und zu arbeiten lohnt. Dann kam die Idee auf, dort ein Möbelhaus anzusiedeln, das aus Schweden kommt und in dem man in der Mittagspause Köttbullar essen kann. Die Idee war deshalb neu, weil sich dieses Möbelhaus normalerweise direkt an Autobahnauffahrten an Stadträndern ansiedelt. Man hat gemeinsam mit diesem Möbelhaus ein ganz neues Konzept entworfen, das Konzept „Möbelkauf mit ÖPNV“, und überlegt, wie man das in der Innenstadt realisieren kann.

Dann gab es dazu zwei Bürgerentscheide, von Bürgerinnen und Bürgern initiiert. Das ist solch ein Beispiel, an dem man zwei Dinge sieht, nämlich dass es in großen Städten nicht möglich ist – Herr Rudolph, das sollte auch Sie interessieren –, alle Bürger zu mobilisieren. Was kümmert es die Bürgerinnen und Bürger in Hamburg-Blankenese, ob in Altona ein neues Einkaufszentrum gebaut wird? Deswegen ist es gerechtfertigt, zu sagen, es geht oftmals um Quartierentscheidungen.

Außerdem muss auch das Parlament – das Stadt- oder Gemeindeparlament – in die Lage versetzt werden, zu sagen: Wir befragen jetzt unsere Bürgerinnen und Bürger; wir initiieren diesen Bürgerentscheid. – Genau das wollen wir in Zukunft möglich machen.

Wir haben da aber eine Hürde eingebaut. Kritiker sagen, damit liefen wir Gefahr, dass jetzt alle unangenehmen Entscheidungen einfach auf das Volk verschoben werden und die Parlamente über nichts mehr entscheiden. Das wird so nicht eintreten; denn es muss eine Zweidrittelmehrheit des Parlaments geben. Schauen wir uns die Gemeinde- und Stadtparlamente an: Dass hieße, überall müssten sich Oppositions- und Regierungsfraktionen zusammen für einen solchen Bürgerentscheid entscheiden. Ich glaube, das ist eine gute und sinnvolle Hürde, um zu gewährleisten, dass tatsächlich nur bei sehr wichtigen, großen und wegweisenden Entscheidungen eine solche Befragung initiiert wird. – Das waren die für mich wichtigen Punkte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Danke, Frau Goldbach.

Zum Thema