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25.04.2013

Frank Kaufmann: Landeshaushaltsordnung

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Pentz, in einem Punkt gebe ich Ihnen recht. Dieses Gesetz wird in der Tat eine zentrale Weichenstellung für die zukünftige Finanzwirtschaft des Landes sein. Genau deshalb beginnt die Beratung dieses wichtigen Gesetzentwurfs bereits höchst unwürdig. Das ist deshalb höchst unwürdig, weil man vermuten muss, dass es sich hier mehr um ein Täuschungsmanöver der Schuldenmacher dieses Hauses handelt und nicht um das, was Sie gerade versucht haben, uns weiszumachen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen kurz ein paar Fakten zusammenstellen. Schwarz-Gelb ist der Rekordschuldenmacher in Höhe und Geschwindigkeit. Schwarz-Gelb hat zwei Jahre lang nach der Volksabstimmung gar nichts getan. Kaum kommt der Wahltermin ins Auge, entfaltet sich plötzlich hektische Aktivität. Dann wird gesagt: Jetzt brauchen wir das Schuldenbremsengesetz.

Dann wird ein Gesetzentwurf lieblos zusammengeschustert. Es kommt zu interfraktionellen Gesprächen, die ausschließlich Alibifunktion haben.

Wir haben einmal besser zusammengesessen, nämlich zusammen mit dem Ministerpräsident in Vorbereitung der Volksabstimmung. Da haben wir auch, Sie werden sich erinnern, zu Drucks. 18/3492 gemeinsam einen Beschluss gefasst. Wir heißt in diesem Fall die Fraktionen der SPD, der GRÜNEN, der FDP und der CDU. Sie sprachen ihn an.

Ich frage Sie schlichtweg: Warum halten Sie sich nicht an diesen gemeinsam beschlossenen Weg, sondern weichen massiv davon ab? Sie erklären jetzt, das sei Ihr Angebot.

Ich will nur zwei wichtige Beispiele nennen. Erstens. Wir haben gesagt, an der Entwicklung des Verfahrens zur Konjunkturbereinigung soll der Rechnungshof beteiligt werden. Gibt es bislang eine Beteiligung des Rechnungshofs? – Nein. Sie wollen aber ein bestimmtes Verfahren ins Gesetz schreiben, obwohl Sie wissen sollten – Herr Kollege Pentz, ob Sie es wissen, weiß ich nicht, aber Sie sollten es wissen –, dass es mehrere ganz unterschiedliche Verfahren gibt.

Damit komme ich zu dem zweiten Punkt. Ich kann das nur in Stichworten sagen. Die Rekordschuldenmacher wollen sich ein Verfahren in das Gesetz schreiben, das wieder einmal massiv auf der Basis von Schätzungen beruht.

Dazu kann ich nur sagen: Unser Art. 141 Hessische Verfassung in der alten Form, interpretiert durch die alte Fassung des Grundgesetzes – sprich: Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts –, ist qualitativ genauso gut wie das, was Sie hier hineinschreiben wollen. Mit einfacher Mehrheit wollen Sie beschließen können, dass die Konjunktur nicht so ist, wie man es gerne hätte. Demzufolge soll man dann weiterhin Schulden machen können. Das soll dann im Rahmen der Haushaltsberatungen geschehen. So steht es in Ihrem Gesetzentwurf.

Wir haben bei dem gemeinsamen Beschluss seinerzeit vereinbart, dass für beide Verfahren, nach denen die Verfassung erlaubt, Kredite aufzunehmen, eine qualifizierte Mehrheit notwendig sein soll. Das soll sowohl für das konjunkturell bedingte Schuldenmachen als auch für das aufgrund der Notlage gelten. So steht es in unserem gemeinsamen Beschluss. Das ist dort Nr. 9.

Sie wollen davon abweichen und ganz unterschiedliche Quoten haben. Sie setzen dann dem Ganzen sozusagen noch die Krone auf, indem Sie für den Fall der außergewöhnlichen Notlage das Vorliegen einer Zweidrittelmehrheit verlangen wollen.

Das ist nichts als Augenwischerei, denn Sie können sich die wesentlichen Parameter zum Schuldenmachen über die Konjunktur mit einfacher Mehrheit beschaffen.

Zugleich aber liegt dieses Verfahren auch völlig quer zu unserer Hessischen Verfassung. In der Verfassung des Landes Hessen kommt die Zweidrittelmehrheit überhaupt nicht vor. Sie wissen: Wir können selbst die Verfassung mit der Mehrheit der Mitglieder des Landtags ändern – und anschließender Volksabstimmung. Wenn Sie sich also daran orientieren wollten, müssten Sie für die Notlage auch eine Volksabstimmung durchführen: ein irrsinniger Gedanke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich wollen wir das nicht. Aber das zeigt doch – Herr Kollege Pentz, egal wer zu diesem Zeitpunkt regiert –, dass in einer Notsituation, die sich dem Einfluss des Staates entzieht, die Regierungsmehrheit natürlich handlungsfähig sein muss, statt bei der Opposition „Bitte, bitte!“ sagen zu müssen: „Bitte, stimme mir zu!“ Aber genau das wollen Sie. Sie wollen die Handlungsfähigkeit einer Regierung – egal welcher; das steht zum heutigen Zeitpunkt ja noch nicht fest – kaputtmachen, und das nur, weil der Kollege Noll irgendwann einmal diesen Blödsinn erfunden hat und das jetzt als ein Charakteristikum seiner Politik unbedingt durchsetzen will.

Auf dieser Basis wird es keine Einigung geben. Ich würde gerne eine Einigung haben. Wenn der Ministerpräsident da wäre, könnte er hören, dass wir gerne wieder den Konsens suchen – aber auf der Basis des Beschlusses, den wir gemeinsam gefasst haben, nicht aber auf der Basis irgendwelcher Hirngespinste aus Kreisen der FDP. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Matthias Büger (FDP))