Inhalt

03.03.2011

Frank Kaufmann: Kein Monopoly-Spiel mit der Börse – Finanzplatz Frankfurt schützen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eben haben wir wieder einmal eine Illusion zerstört bekommen, dass nämlich die verehrten Kollegen, die sich gerne Unternehmer nennen, und ihre Fraktionen, sowohl CDU als auch FDP, die Kollegen Reif und Krüger, irgendetwas von Wirtschaft verstehen. Sie haben beide nur gesagt: Dem stimmen wir zu; das ist wunderbar.

Meine Damen und Herren, Herr Krüger musste am Ende zumindest einräumen: Wir kennen die Verträge noch gar nicht; wir kennen die Bedingungen noch gar nicht; wir wissen noch gar nicht, was da im Detail geschieht. – Wenn man der Presse die Eigenerklärung der Deutschen Börse Groupe entnehmen darf – ich zitiere –: „unter Modalitäten für die Transaktion Kombination der Unternehmen durch reinen Aktientausch in einer neuen rechtlichen Struktur nach niederländischem Recht“, dann würde ich sagen, da ist allergrößte Skepsis angesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Krüger, wenn man dann noch weniges über die Geschichte der Vereinigung der New York Stock Exchange mit Euronext weiß, was aus heutiger Sicht damals für Illusionen, Versprechen und Chancen formuliert wurden und was daraus geworden ist, dass jetzt – Sie haben es selber dargestellt – die Marktkapitalisierung der New York Stock Exchange einschließlich Euronext geringer ist, als die Deutsche Börse damals war, es gab Verhandlungen zur Deutschen Börse, damals waren die Verhältnisse umgekehrt, dann kann man doch nur eines feststellen: Am meisten Erfahrungen damit, andere zu schlucken und anschließend kleinzukriegen, hat die Wallstreet. Das sollte man bei diesem Prozess sehr deutlich beachten.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Deswegen wird mir ein bisschen angst und bange, wenn ich mir anschaue, wie die Landesregierung im Begriff ist, sich über den Tisch ziehen zu lassen und dabei noch stolz lächelt, nur weil Reto Francioni mit dem Ministerpräsidenten telefoniert hat oder ihm sogar die Hand schüttelt.

Letzte Woche war ein Dringlicher Berichtsantrag im Haushaltsausschuss. Das, was die Regierung – in dem Fall inPerson des Staatssekretärs Saebisch – vortragen konnte, war so dürftig, dass sie sich anschließend geweigert hat, uns das schriftlich zukommen zu lassen, nach dem Motto, das sei doch nicht üblich.

Meine Damen und Herren, leider muss ich dem Kollegen Grumbach an einer Stelle ein bisschen widersprechen. Wenn der ehemalige Ministerpräsident noch Ministerpräsident wäre, haben Sie recht. Wie wir wissen, ist er mittlerweile aber Bankmanager, Aufsichtsratschef von UBS. Zu diesem Thema, das wir gerade diskutieren, kann man eine geradezu kryptische Formulierung bei der „FTD“ lesen:

Man muss sich bei allen kritischen Bemerkungen bewusst machen, dass vor Jahren auch mal mit Paris eine Fusion auf Augenhöhe diskutiert wurde.

Was will er uns jetzt damit sagen? Die Überschrift lautet: „UBS-Aufsichtsratschef Roland Koch verteidigt die Börsenfusion“. Er ist also dafür. Als Manager der Finanzbranche muss einen das nicht besonders wundern. Aber als Interessenvertreter des Landes Hessen, des Bankenplatzes und Finanzstandorts Frankfurt muss einem schon sehr wundern, was die Landesregierung dazu bisher abgesondert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aufgaben der Landesregierung, in dem Fall des Wirtschafts- und Verkehrsministers als Börsenaufsicht, sind im Börsengesetz relativ klar und eindeutig geregelt. Danach gibt es große Möglichkeiten. Es geht insbesondere immer um die – ich zitiere das Wort aus dem Gesetz – „Fortentwicklung“ der Börse und die Einschätzung, ob mit den Prozessen, die stattfinden, eine Fortentwicklung der Börse positiv oder negativ beurteilt werden kann. Insofern ist alles im Rahmen von Recht und Gesetz, damit Sie sich keine Sorgen machen müssen, Herr Kollege Krüger.

Aber es kommt auf eine intelligente Beurteilung der Situation an. Die können wir leider aus Ihren Ausführungen nicht und aus dem, was bisher öffentlich von der Landesregierung, insbesondere auch vom Ministerpräsidenten verkündet wurde, noch weniger entnehmen. Da ist allergrößte Sorge am Platz, dass Sie den Strahlemann machen und sagen: „Wunderbar!“, und: „Größer ist besser“. Am Ende ist der Finanzplatz Frankfurt kaputt. Ich sage Ihnen: Wir wollen eine Fortentwicklung der Börse, aber eine Fortentwicklung zum Kasino wollen wir nicht. Die nächste Blase platzt bestimmt. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Kaufmann.