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04.02.2015

Frank Kaufmann: Haushalt 2015

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aussage, etwas sei alternativlos, gilt in der Politik nie und im gesamten Leben nur einmal, nämlich wenn es um seine Endlichkeit geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist ein Haushalt genau wie jeder andere Parlamentsbeschluss das genaue Gegenteil von alternativlos. Er setzt sich aus einer Vielzahl von einzelnen Teilentscheidungen zusammen, und jede dieser Entscheidungen könnte man auch anders treffen. Es gibt also Alternativen.

Als Haushaltspolitiker, der mehr als ein Dutzend Jahre aus der Opposition heraus an der Haushaltsgestaltung mitgewirkt hat, weiß ich das sehr gut und kann deshalb auch das gelegentliche Unverständnis der Kolleginnen und Kollegen der heutigen Opposition verstehen, wenn ihre Vorstellungen keine Mehrheit finden; denn man könnte es auch anders sehen. Das liegt zum unter anderem daran – ich denke, das ist keine Überraschung –, dass punktuelle Veränderungen, auch wenn sie in der Sache akzeptabel wären, stets das Gesamtgefüge des Haushalts verletzen würden, sodass es nicht bei einem kleinen Eingriff bliebe und man dann intensiver über die Deckung nachdenken müsste.

Wichtiger aber – das ist der zentrale Punkt, insbesondere für die Koalition, die derzeit die Mehrheit stellt und sich bei ihrer Beurteilung daran ausrichtet – sind die Qualität der Änderungsanträge der Opposition und ihre finanzwirtschaftliche Machbarkeit. Auf diesen beiden Feldern hat unsere Analyse der diesjährigen Änderungsanträge von SPD, LINKEN und FDP – liebe Kolleginnen und Kollegen – trotz allen Bemühens leider nichts Brauchbares zutage gefördert.

Wir haben in der Rede des Kollegen van Ooyen wieder einmal sozusagen eine Stilblüte des Unsinns vernehmen dürfen. Lieber Kollege van Ooyen, selbst wenn wir alle der Meinung wären, die Vermögensteuer ist richtig, und selbst wenn in Berlin alle dafür wären und sie noch in diesem Jahr einführen würden,

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

hätten wir im Jahr 2015 keinen einzigen Cent mehr für den Haushaltsausgleich und bei den Steuereinnahmen. Auch das sollten Sie wissen. Das heißt, ein Paket von Änderungsanträgen vorzulegen und zu sagen, mit der Vermögensteuer wird das alles finanziert, ist nicht redlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will mich jetzt mit den Kernaussagen des Entwurfs befassen, den wir hier alsbald beschließen werden. Wie auch die Kollegen der anderen Fraktionen beginne ich mit einem dicken Dankeschön an diejenigen, die an der Haushaltsaufstellung und an den Beratungen beteiligt waren: im Finanzministerium, in der Staatskanzlei, in den weiteren Ministerien, im Landtag, im Budgetbüro – das ist schon erwähnt worden, das muss unterstrichen werden –, aber auch in den Fraktionen. Alle haben zu dem Erfolg beigetragen, sei es auch nur durch die Formulierung von Änderungsanträgen oder die Informbringung derselben.

Meine Damen und Herren, inhaltlich ist das erste Charakteristikum des schwarz-grünen Haushalts 2015 seine unmittelbare Einordnung in den klaren Kurs der Konsolidierung, den wir im vergangenen Jahr für die gesamte Finanzplanungsperiode festgelegt haben. Ich finde, das ist kein Vorwurf, sondern eher ein Lob. Die Koalition ist entschlossen, den Landeshaushalt ohne neue Schuldenaufnahmen zu realisieren, und geht Schritt für Schritt genau auf dieses Ziel zu.

War von der Vorgängerregierung für das abgelaufene Jahr noch eine Nettokreditaufnahme in Höhe von fast 1,1 Milliarden € vorgesehen, so haben wir durch Nachtrag und Vollzug diesen Betrag um 18 % bzw. um 124 Millionen Euro deutlich verringern können. Mit dem für 2015 geplanten Betrag liegen wir um ein Drittel unter dem letzten schwarz-gelben Haushaltsplan. Dass das von der Opposition als „unambitioniert“ bezeichnet wird, ist ein Problem der Opposition und hat, verehrter Herr Kollege Hahn, mit der Realität nichts zu tun, allerhöchstens mit den fehlenden eigenen Ideen.

(Zurufe von der FDP)

Dass solche Ideen fehlen, liegt wohl auch daran, dass der Haushalt tatsächlich – in Abweichung von der Vergangenheit – solide und transparent, wahr und klar aufgestellt ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wer eine Konsolidierung will, muss auch bereit sein, Einsparungen vorzunehmen, selbst wenn er sich damit keine Freude bereitet und keine zusätzlichen Freunde gewinnt. Sie erinnern sich gewiss noch an die berühmten drei Es, die wir GRÜNE lange vor unserer Regierungsbeteiligung als haushaltspolitischen Kurs definiert haben: die Einsparung, die Effizienzsteigerung und die Einnahmeerhöhung als Trio für die Konsolidierung.

Genau diese Zielvorstellung gilt im Regierungsbündnis mit der CDU unverändert fort. Deswegen haben wir bereits im Nachtragshaushalt 2014 für eine Einnahmeerhöhung gesorgt, indem wir den Grundsteuerhebesatz erhöht haben.

Jetzt sind Einsparungen, d. h. eine Verkleinerung von Budgets bei den freiwilligen Leistungen sowie bei den Verwaltungs- und Investitionsausgaben, vorzunehmen. Wir machen dies in Verantwortung für die Absicherung einer nachhaltigen Haushaltspolitik, die nicht heute für den Konsum sorgt und morgen andere dafür bezahlen lässt, sondern bei der man das, was man sich leisten will, aus eigenen Finanzmitteln unmittelbar zahlen kann.

Meine Damen und Herren, im Rahmen der finanzwirtschaftlichen Fragen kann man auch kurz das Thema KFA ansprechen. Wir haben gestern ausgiebig darüber diskutiert. Für den Haushalt ist festzuhalten, dass das Jahr 2015 das letzte Jahr ist, indem die alte Systematik gilt, und dass wir uns mit den Abschlüssen auch auf den Übergang in ein neues System vorbereiten müssen.

Da hier vonseiten der SPD und der LINKEN schon so oft der finstere Gesang von der Verelendung der Kommunen zu hören war, sage ich: Das Jahr 2015 wird den Kommunen in Hessen ohne Kompensationsumlage – sie wird herausgerechnet – immer noch einen neuen Rekordwert an Landeszuschüssen gewähren, nämlich mehr als 4 Milliarden Euro. Damit ist die Verelendung doch ein Stück weit weg.

Aber ein anderes wichtiges Thema, das gestern Mittag auch in einer lautstarken Diskussion eine Rolle gespielt hat und das hier wahrscheinlich niemanden vergnüglich stimmt, sind die Personalausgaben. Aus Haushältersicht sind dies die Personalkosten, aus Sicht der Betroffenen ist es ihr persönliches Einkommen. Es ist also insgesamt eine Thematik, bei der die Interessen einander diametral gegenüberstehen. Das ist völlig natürlich.

Ich glaube, alle Menschen in diesem Saal wollen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung, egal ob Tarifbeschäftigte oder Beamte, bei ihrer Tätigkeit auf gute Arbeitsbedingungen und faire Entwicklungschancen treffen. Wir alle wollen, dass sie ihre Arbeit gut, qualifiziert und auch gern erledigen. Ich denke, wir alle wollen auch, dass dieser Zustand so bleibt. Das heißt, wir wollen keine abrupten Änderungen oder gar Gehaltskürzungen oder Entlassungen. Das darf niemals notwendig werden.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wenn man aber weiß, dass von dem Gesamtvolumen des Landeshaushalts, also von den, ganz grob kalkuliert, knapp 33 Milliarden Euro, nach Abzug der Verrechnungen des Schuldendienstes und der Finanzierung der Gemeinden noch rund 18 Milliarden € verbleiben, von denen wiederum nahezu die Hälfte als Personalkosten zu Buche schlägt, wird einem klar, dass die Personalkosten von der Konsolidierung nicht ausgenommen werden können, wenn man tatsächlich eine nachhaltige Finanzpolitik zum Ziel hat. Dies bedeutet dann eben eine Reduzierung von Stellenzahlen und – ich unterstreiche – von Einkommenszuwächsen.

Um das noch einmal sehr deutlich zu sagen: Niemand will einem Bediensteten Einkommen wegnehmen. Aber es geht um die Frage, welche Zuwächse notwendig sind. Je frühzeitiger man damit einsetzt, umso moderater kann die Maßnahme durchgeführt werden.

Je schneller wir die finanzielle Belastung durch den Schuldendienst zurückführen können, umso rascher können wir die gewonnenen finanziellen Spielräume wieder anderweitig verwenden.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Meine Damen und Herren, in den vergangenen Jahren war – es ist bereits vom Kollegen Schork erwähnt worden – die Entgelterhöhung bei den Bediensteten des Landes mehr als doppelt so hoch wie die Inflationsrate. Die Inflationsrate im Januar 2015 wird sogar negativ berichtet, d.h., es gibt im Jahresvergleich statistisch gar eine leichte Geldwerterhöhung, während das Jahreseinkommen für alle auch im Jahr 2015 steigen wird, wenn auch nur wenig. Demgemäß – das muss man einmal festhalten – dürfte es kaum einen Zeitpunkt geben, an dem die Konsolidierung bei den Personalkosten einen noch geringeren Eingriff bedeutete, als das aktuell der Fall ist. Also schonender kann man den Zeitpunkt eigentlich nicht mehr wählen. Deshalb halten wir das im Interesse des Ganzen – Stichwort „nachhaltige Finanzwirtschaft“ – für verkraftbar und vertretbar.

Wenn ich den Kollegen Schmitt vorhin richtig verstanden habe, dann hätten wir die Kredite im abgelaufenen Jahr nicht zurückführen sollen, denn dann hätten wir sozusagen die Beamten besser bezahlen können. Verehrter Kollege, das schlimmste, was man finanzwirtschaftlich tun kann, ist, laufende Kosten, insbesondere Gehaltszahlungen, aus Krediten zu finanzieren. Dazu, wo man dann landet, gibt es genügend historische und sonstige Beispiele. Das ist nicht unsere Politik. Diese ist auch nicht im Interesse der Beamtinnen und Beamten, denn dann gibt es irgendwann ein Desaster, dann müssen tatsächlich Entlastungen oder andere Einschnitte stattfinden. Das ist kurzsichtig. Das machen wir nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir haben mittlerweile glücklicherweise die Kameralistik ein Stück weit überwunden und die Doppik eingeführt. Insoweit schreiben wir eine Bilanz. Wir wissen auch, dass jeder Prozentpunkt an Gehaltserhöhung bei den Beamten am Ende einen zusätzlichen Rückstellungsbedarf von 580 Millionen Euro erfordert. Demgemäß ist klar, dass man sich dies, gerade wenn man konsolidieren muss und will, sehr gut überlegen muss. Ich spreche vor allem über die Perspektive, dass wir dort ein Stück weit Lasten wegbekommen, um dann wieder freier disponieren zu können.

Meine Damen und Herren, ich komme zur Ausgabenseite des Haushalts. Diese ist so klar profiliert wie selten. Das, was die Opposition gerade vorgetragen hat, ist eher ein Ausweis ihres eigenen Unverständnisses. Die allererste Priorität des Haushalts liegt in der Bildung. Es ist schon erwähnt worden: Es wird keine einzige unterrichtswirksame Lehrerstelle gestrichen. Das gesamte Potenzial wird weiterhin zur Verbesserung des Unterrichts zur Verfügung stehen. Stichwort „Alternativen“: Das muss man nicht so machen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Das ist keineswegs alternativlos, wie es uns andere Bundesländer mit einer Regierungsbeteiligung der SPD vormachen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir halten es dennoch für richtig, und wir haben es deshalb so entschieden. Wir geben den hessischen Hochschulen für die kommenden Jahre ein sicher planbares, jährlich real wachsendes Budget. Auch dies gibt es nur in Hessen, und dies ist nicht alternativlos. Schauen Sie in die anderen Länder; dort ist es für die Hochschulen ungünstiger.

Weitere Prioritäten liegen in der Sozialpolitik, mit dem neuen Sozialbudget, das nach seiner Einführung 2014 und jetzt mit dem Nachtrag planmäßig um rund 18 Millionen Euro aufgestockt wurde. In der Umweltpolitik sind wir jetzt dabei, schließlich sind wir GRÜNE, den Schwerpunkt klar auf den Ausbau der erneuerbaren Energien zu setzen. Das haben wir Ihnen in der zweiten Lesung bei den Einzelplänen im Detail dargestellt; das muss ich jetzt nicht alles wiederholen, zumal die Redezeit beschränkt ist.

Meine Damen und Herren, ein Punkt, der noch heute zu entscheiden ist und sich in Änderungsanträgen manifestiert, will ich dennoch besonders erwähnen. Das ist die Unterbringung der Flüchtlinge, ein Thema, das von kommunaler Seite und als Echo von der hiesigen Opposition gern kritisch aufgegriffen wird. Dazu gibt es die glasklare Aussage: Das Land Hessen wird unter dieser Regierung jederzeit dafür sorgen, dass niemand im Regen stehen gelassen wird, weder die Menschen, die vor Verfolgung fliehen mussten und hilfesuchend zu uns kommen noch die hessischen Kreise und Gemeinden, die diese Menschen unterbringen und betreuen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dazu gibt es ebenso klare Zahlen: Das Gesamtbudget der Flüchtlingsunterbringung und -betreuung betrug im Jahre 2013, also im letzten Jahr unter Schwarz-Gelb, 67,85 Millionen Euro. Nach den heutig zu erwartenden Beschlüssen wird es mehr als das Fünffache sein, nämlich knapp 385 Millionen Euro. Meinen Sie wirklich, meine Damen und Herren von der Opposition, dass dies ein Signal unzureichenden Engagements des Landes sei? Die Pauschalen sind erhöht worden, die Erstaufnahme wird ausgebaut und die Fallzahlen sind berücksichtigt; Ihr Gemäkel ist doch wirklich nur noch peinlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das ist ähnlich peinlich wie die Qualität der oppositionellen Änderungsanträge, von denen ich drei beispielhaft zum Besten geben will:

Erstens. Die SPD streicht in den Ministerien Stellen im Umfang von 20 Millionen Euro. Das wären, wir sind bereits im Februar, 200 Stellen. So viele werden gar nicht frei; also will die SPD betriebsbedingte Kündigungen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich glaube, das will sie nicht. Also ist der Antrag Makulatur, weil nicht durchdacht.

Kommen wir zur LINKEN. Die will die Landesvertretung in Berlin schließen. Dieser Vorschlag ist besonders neckisch, vor allem in dem Jahr, wo unser Ministerpräsident als Bundesratspräsident in Berlin den Bundespräsidenten vertritt.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Verehrter Herr Kollege van Ooyen, an Rosenmontag mag ein Schild mit dem Titel: „wegen Geldmangels geschlossen!“, vielleicht noch Spaß machen. Ansonsten ist der Vorschlag eindeutig Banane.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Kaufmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Frank-Peter Kaufmann:

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Mit dem Stichwort „Banane“ bin ich bei den Gelben gelandet, die neuerdings in Magenta und Türkis gestylt sind. Sie warten mit dem wunderbaren Vorschlag auf, dass die Reanimierung einer Behörde, dass sozusagen zusätzliche Bürokratie am Ende Bürokratiekosten spare. Auch das ist ein Beitrag zur fünften Jahreszeit.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Wir Grüne werden mit Überzeugung dem Haushaltsentwurf, inklusive der Änderungsanträge der Koalition, zustimmen. Und das wissen Sie schon aus der ersten Lesung: Auf die Alternativen, auf die sinnvollen Alternativen der Opposition, wie man es besser machen könnte, warten wir bislang vergebens. Deswegen handeln wir als Koalition, indem wir Hessen verlässlich gestalten und Perspektiven eröffnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann.