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14.09.2011

Frank Kaufmann: Haushalt 2012

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurze Vorbemerkung: Ich werde Sie enttäuschen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Ich werde auf den Klamauk, der gerade zu hören war, nicht eingehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass wir Herrn Finanzminister Schäfer bei der Haushaltseinbringung hier erstmals erleben durften. Herr Finanzminister, inzwischen wissen wir, dass Ihre Stärke vor allem in Gestiken und Formulierungskünsten liegen, die Kompetenz signalisieren sollen, die sich allerdings eher als Pseudokompetenz erweisen. Da nützt es Ihnen auch nicht so viel, dass am vergangenen Freitag die Frankfurter Neue Presse und am Sonntag die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Sie geradezu in den Olymp der Regierungskunst geschrieben haben. Ihnen sollte klar sein, dass Sie trotz der Presseeloge nicht als Staatsschauspieler, sondern höchstens als Cabotin daherkommen. Der Duden erläutert die deutsche Übersetzung dieses Begriffs als jemanden, der mit theatralischem Gebaren auf billige, abgeschmackte Weise auf andere zu wirken versucht, kurz gesagt: ein Schmierenkomödiant.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU)

Verehrter Herr Finanzminister, heute ist die Premiere Ihres eigenen Werks. Dafür müssen Sie sich jetzt wirklich selbst schämen. Letztes Jahr haben Sie sich nur fremdschämen müssen.

(Zurufe der Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) und Hartmut Honka (CDU))

Sie haben für diesen Haushaltsentwurf, der uns präsentiert wurde, die Verantwortung. Sie haben uns einen Plan vorgelegt, der keinen Ihrer großen Ankündigungen von Konsolidierung und Sparsamkeit auch nur ansatzweise einlöst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hat man Ihre Worte im Ohr und liest dann den Haushaltsentwurf und den Finanzplan etwas genauer, so fühlt man sich ins Surreale versetzt. Wovon redet der Mann eigentlich?

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Der sagt uns doch das genaue Gegenteil von dem, was er uns vorgelegt hat.

(Beifall der Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Norbert Schmitt (SPD))

Was ist aus dem immer wieder lautstark betonten Willen zur Haushaltskonsolidierung eigentlich geworden? Im Ergebnis, schwarz auf weiß in den Haushaltsplan geschrieben, bleiben vergebliche Anstrengungen, mit faulen Tricks die eigene Rat- und Planlosigkeit zu vertuschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Aber an den nüchternen Daten, Herr Finanzminister, erkennen wir die Fortsetzung des desaströsen weimarschen Verschuldungskurses.

Sie glauben es nicht? – Dann schauen Sie sich doch die Entwicklung des Schuldenbergs einmal genauer an. Wir haben es Ihnen hier in schwarzer bzw. schwarz-gelber Verantwortung dargestellt.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Sie merken durchgängig ein deutliches Ansteigen des Schuldenbergs. Damit Sie den Unterschied deutlicher erkennen können, verehrter Kollege Milde, haben wir die schrägen weimarschen Schuldenstreifen auf der Grafik für die neuen Planjahre durch schwarze Schäfchen ergänzt, um den Hinweis auf den jetzt verantwortlichen Schuldenmacher zu geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines ist klar: Die Entwicklung bleibt dieselbe. Der Schuldenberg wächst weiter. Sie sehen es.

Meine Damen und Herren, doch statt die um 1.500 Millionen Euro steigenden Steuereinnahmen als Ansporn zu nehmen, die Konsolidierung aktiv zu betreiben, plant der Finanzminister – wir hörten es bereits – eine zusätzliche Neuverschuldung von ebenfalls rund 1.500 Millionen Euro. Das ist nicht mehr der absolute Rekord wie in der Vergangenheit, aber immer noch deutlich oberhalb der Olympianorm, nach dem Motto: „Citius, Altius, Fortius“. Es gehört schon eine gehörige Portion an Dreistigkeit dazu, wenn Herr Schäfer auch noch per Pressemitteilung behauptet – ich zitiere –:

Wir haben den Abbaupfad ausgebaut zu einem gefestigten Weg, der zum Ziel Nettoneuverschuldung Null führt.

Meine Damen und Herren, bislang gibt es weder von der Regierung und erst recht nicht von irgendeiner Regierungsfraktion ein Konzept zur Umsetzung der Schuldenbremse. Wir vernehmen nichts als dümmliche Sprüche – das haben wir gerade erlebt –, und Sie wissen gewiss, wer dabei den Vogel abgeschossen hat: „Das Geheimnis des Sparens liegt im Verzicht.“ Mehr muss man dazu nicht anmerken; denn diese Aussage aus dem Regierungslager wird wohl eher als Verzicht auf das Nachdenken verstanden. Daher rührt auch die konzeptionelle Leere.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Allein wir GRÜNE haben bereits zwei Konzepte – „Hessens Weg aus der Schuldenfalle“ im Januar 2010 und „Hessen tritt auf die Schuldenbremse“ im Oktober 2010 – vorgelegt. Die Absicht war, dass andere, insbesondere von der Regierungsseite, ihre Vorstellungen dagegenstellen, um dann in einem konstruktiven Streit Lösungen zu erarbeiten. Stattdessen sieht sich der Finanzminister in der Rolle des Pflasterers, der einen Pfad zu einem gefestigten Weg ausbauen will, der aber kein Konzept zur Schuldenbremse hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Finanzminister, in Wahrheit haben Sie bisher nichts ausgebaut. Sie haben sich wegen der sprudelnden Steuereinnahmen zufrieden zurückgelehnt, nach dem Motto: „Die fleißigen Hessinnen und Hessen werden meine Haushaltsprobleme durch ihre Arbeit schon beseitigen.“ Das wurde vorhin als Leistungsfähigkeit der hessischen Finanzpolitik bezeichnet. Das ist blanker Hohn. Es ist die Leistungsfähigkeit der Hessinnen und Hessen, die Ihnen Steuereinnahmen besorgen, aber nicht Ihre eigenen Tätigkeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Offensichtlich herrscht die Meinung, ich brauche als Finanzminister nichts zu tun, außer weiterhin meine Sprüche zu klopfen und mir eine gute neue Presse zu verschaffen. Ein solches Vorgehen mag als PR-Maßnahme taugen, hat aber nichts, und zwar gar nichts mit Konsolidierung zu tun.

Meine Damen und Herren, falls Sie Zweifel an meinen Aussagen haben sollten, schauen wir uns doch gemeinsam die Zahlen an. Im Finanzplan des vergangenen Jahres – es wurde schon darauf Bezug genommen – waren als Eckdaten folgende Zahlen genannt: Steuereinnahmen 13.324 Millionen Euro, Neuverschuldung 2.400 Millionen Euro. – Im jetzigen Finanzplan, der uns mit vorliegt, lauten dieselben Zahlen für 2012: Steuereinnahmen 14.891 Millionen Euro, Nettoneuverschuldung 1.536 Millionen Euro. – Da der Finanzplan immer den gesamten Ausgabenbedarf und die zu erwartenden Einnahmen gemeinsam bilanziert, kann man durchaus den Vergleich machen und feststellen, dass die Steuereinnahmen zwischen den beiden Betrachtungszeiträumen um 1.525 Millionen Euro steigen, die Nettokreditaufnahme aber nur um 864 Millionen Euro verringert werden soll. Also gehen mindestens die restlichen zusätzlichen Einnahmen, also gut 700 Millionen Euro, in zusätzliche, neue Ausgaben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die sprudelnden Steuereinnahmen provozieren den Finanzminister zum zusätzlichen Geldausgeben. Das Wachstum der bereinigten Gesamtausgaben um die rund 700 Millionen Euro ist das Maß Ihres Fehlers. Obendrein ist offenkundig, dass die von Ihnen und den Koalitionsrednern mit triefendem Eigenlob präsentierte Senkung der Neuverschuldung – nicht wahr, Herr Kollege? – einzig und allein auf die ansteigenden Steuereinnahmen zurückzuführen ist. Eine gestaltende Aktivität des Finanzministers ist auch mit der Lupe nicht zu erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Steuereinnahmen wirken auf den Finanzminister wie Stickoxidul – das ist Lachgas: Es nebelt ein und macht ihn fröhlich. Was indes dabei herauskommt, ist keineswegs zum Lachen.

Deshalb stelle ich fest: Der Haushaltsentwurf 2012 beweist, das lautstark verkündete Versprechen auf Haushaltskonsolidierung wurde gebrochen – wie so manche Versprechen dieser Regierung und der sie tragenden Koalition. Die Regierung und ihr famoser Finanzminister haben viel Erfahrung in großmäuligen Ankündigungen, aber keinerlei Plan, das Verkündete auch Wirklichkeit werden zu lassen: nichts als Nebel, Schall und Rauch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit sind wir bei einer weiteren Aussage des Finanzministers. Er hat sie schon bei der Vorstellung des Haushaltsplans vor der Presse hervorgehoben. Vorhin wurde sie auch schon länger thematisiert: Es geht darum, dass sich die Nettokreditaufnahme erstmals wieder innerhalb der „aktuellen Regelgrenze der Verfassung“ gehalten hat.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Achtung, meine Damen und Herren, stutzen Sie bitte! Dies ist ein übler Trick. Die „aktuelle Regelgrenze“ ist nämlich eine ganz neue, eigene Definition des Finanzministers.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir den Maßstab der Verschuldungsgrenze gemäß Art. 141 der Verfassung des Landes Hessen anlegen, den wir gemeinsam verabredet hatten – das wurde bereits diskutiert –, dann überschreitet die für 2012 vorgesehene Nettokreditaufnahme diese Grenze deutlich, ganz egal, ob Sie den Wert kameral, wie es die SPD getan hat, oder doppisch aus der Bilanz entnehmen, wie wir das tun. Die Kreditaufnahme überschreitet die Summe der anrechenbaren, in der Verfassung sogenannten „werbenden“ Ausgaben um mehr als 50 Prozent.

Herr Finanzminister, Ihre Formulierung „aktuelle Regelung der Verfassung“ meint also doch offensichtlich nicht den Bezug auf den noch gültigen Verfassungstext, sondern den Bezug auf eine neue, schuldenfördernde Interpretation dieser Vorschrift.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Was ist das anderes als der Versuch des Nebelwerfens, mit diesem Formulierungstrick? Glauben Sie wirklich, es merkt keiner? Sie tricksen und täuschen. Darin sind Sie eifrig. Viel sinnvoller wäre es, wenn Sie Ihren Eifer in die Konsolidierung investieren würden.

Meine Damen und Herren, ich lege allerdings Wert auf die Feststellung, dass ich dem Finanzminister Faulspiel und Unwahrhaftigkeit bei der Darstellung vorwerfe – aber nicht Verfassungsbruch und deshalb auch keinen Rechtsstreit empfehle.

(Lachen der Abg. Judith Lannert (CDU))

Tatsächlich gibt es unter Juristen durchaus – und zwar häufig – die Auffassung, dass man auch Zuschüsse für Investitionen Dritter mit Kredit finanzieren kann,

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

sodass man notfalls die gesamte Nettokreditaufnahme noch unter diese Investitionssumme quetschen könnte. Dass dies alles – oder vieles davon – für das Land keine „werbenden“ Ausgaben sind und damit dem Geist der Verfassung nicht entsprechen, das allerdings sollte unstrittig sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Der Haushaltsentwurf beweist, der selbst ernannte Vorkämpfer der Schuldenbremse greift unverfroren zum Täuschungsmanöver, um seine faktische Verweigerung von Konsolidierungsanstrengungen bemänteln zu können. Das, was wir in Hessen immer als die Verfassungsgrenze der Neuverschuldung definiert haben, und zwar gemeinsam, wird jedenfalls von diesem Haushaltsentwurf deutlich überschritten – und das bei gleichzeitig sprudelnden Steuereinnahmen in Rekordhöhe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Norbert Schmitt und Lisa Gnadl (SPD))

Meine Damen und Herren, in gewisser Weise kann man ja nachvollziehen, warum der Finanzminister bei der Bewertung der Kreditaufnahme sein Heil in der Täuschung sucht. Es war im Frühjahr dieses Jahres, genau am 11. Februar, also sechs Wochen vor der Kommunalwahl und vor dem Volksentscheid zur Schuldenbremse, da ist er mit seinem Aufstellungserlass für den Haushalt 2012 kraftvoll als Konsolidierer aufgetreten. Aus dem nunmehr vorliegenden Haushaltsentwurf erkennen wir, dass hier der berühmte springende Tiger wieder einmal als Bettvorleger gelandet ist. Herr Finanzminister, rund 90 % Ihrer Sparvorgaben aus dem genannten Erlass sind verpufft.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das heißt, es wurden nicht weniger, sondern mehr Ausgaben veranschlagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wenn man dazu noch den Vergleich mit der Finanzplanung macht – ich habe das bereits angesprochen –, dann lautet die ernüchternde Bilanz, dass die Regierung im kommenden Jahr nunmehr knapp 850 Millionen Euro mehr ausgeben will, als sie noch vor zwölf Monaten geplant hatte. Dafür aber gibt es keine erkennbaren sachlichen Gründe.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Daran erkennt man lediglich deutlich, dass die Zuwächse der Steuereinnahmen bei der Regierung zum Anziehen der Spendierhosen geführt haben. In diesem Kleidungsstück vergisst man wohl, dass tatsächlich noch erheblicher Konsolidierungsbedarf besteht.

(Lachen der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nach den Aussagen des Finanzplans – schlagen Sie es auf Seite 8 nach – ist die Produktionslücke unter den gegebenen Erkenntnissen im Jahr 2015 geschlossen. Damit müsste bei erfolgreicher Konsolidierung auch der Kreditbedarf zum Haushaltsausgleich wegfallen. Wir entnehmen der Haushaltspräsentation des Ministers allerdings, dass im Jahr 2015 noch 850 Millionen Euro fehlen werden, die Hausaufgaben, was die Konsolidierung angeht, also bei Weitem noch nicht gemacht sind.

Dagegen ist das Engagement der Regierung, die Finanzen des Landes möglichst unübersichtlich darzustellen und verwirrend zu gestalten, weiterhin auf hohem Niveau angesiedelt. Nachdem die Zukunftsoffensive des früheren Ministerpräsidenten Koch nicht nur finanzwirtschaftlich kein so durchschlagender Erfolg war, gibt es jetzt etwas Neues: den Zukunftsfonds. Ein finanzwirtschaftlicher Unterschied zwischen Offensive und Fonds ist nicht unmittelbar erkennbar. Die Zuflüsse in diese Sonderrücklage sollen auch diesmal aus besonderen Quellen stammen.

Meine Damen und Herren, das ist ein Déjà-vu: Da begegnen wir wieder einmal einem guten alten Bekannten, dem ehemaligen Polizeipräsidium in Frankfurt am Main, das nun, ich glaube, zum sechsten Mal verkauft werden soll, um Geld für die Zukunft zu bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Allerdings muss man an dieser Stelle kritisch anmerken, dass der jetzt erwartete Verkaufserlös nur noch zwei Drittel des früheren beträgt – und das, obwohl in unmittelbarer Nähe zur Frankfurter Messe, wo sich diese Liegenschaft befindet, die Grundstückspreise keineswegs rückläufig sind.

Meine Damen und Herren, zur Optimierung der Unübersichtlichkeit dieses Zahlenwerks gehört auch die von der Regierung immer und äußerst hartnäckig betriebene Kosmetik an der Personalausgabenquote. Die angegebenen Werte vergessen einmal wieder, wie gewöhnlich, dass das Personal der Hochschulen noch mitgerechnet werden muss. Insoweit ist diese Zahl um 15 Prozent zu korrigieren. Die Personalausgabenquote beträgt damit knapp 47 Prozent der Gesamtausgaben, nicht nur rund 40 Prozent.

Meine Damen und Herren, bei den Personalausgaben, wie sie der Finanzplan für die kommenden Jahre vorsieht, muss allerdings sehr scharf kritisiert werden, dass wohl speziell an dieser Stelle die Regierungsmehrheit offensichtlich genau die große Sparkeule schwingen will. Ein abgestimmtes Personalentwicklungskonzept ist nirgendwo zu sehen. Dafür werden aber einmal so nebenbei Steigerungsraten der Personalausgaben von maximal 0,5 Prozent in den Jahren 2014 und 2015 festgeschrieben. Ich sehe das nur als eine Kampfansage an die Gewerkschaften.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Gewerkschaften, Sie müssen dann aber keine großen Sorgen haben: In den Jahren 2014 und 2015 folgende wird Schwarz-Gelb nicht mehr regieren. Insoweit kann ich Ihnen deutlich sagen: Eine Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Bediensteten des Landes werden wir nicht zulassen. Deshalb sind diese Zahlen der Finanzplanung völlig wertlos.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Der Haushaltsentwurf beweist, die Regierung und Ihre Mehrheitsfraktionen müssen verwarnt werden, in Haushaltsdingen sauberer zu arbeiten und endlich ihren Unwillen zu überwinden, die Haushaltskonsolidierung engagiert anzupacken. Da sind Wahrheit und Klarheit im Denken und in der Präsentation der Daten verlangt, selbst wenn es wehtun sollte. Ein relaxtes Treiben-Lassen wie bisher, ein lediglich entspanntes Segeln im Wind der Konjunktur, macht wahrscheinlich mehr Spaß, als schwierige Manöver zu absolvieren, aber es ist nicht zielführend.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wesentlich solider als durch mehrfachen Verkauf der immer gleichen Immobilie kann man die Einnahmen des Landes durch die richtigen Entscheidungen verbessern. Ich räume ein – wir haben es auch gehört –,

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

es ist kein leichtes Unterfangen, solange noch auf die Steuersenkungssekte FDP gehört wird und sie immer noch die Chance bekommt, „nein, nein“ zu sagen und gebetsmühlenartig Steuersenkungen zu fordern.

Ich schlage vor, alle Vernünftigen hören einfach nicht mehr hin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können selbst im Finanzplan der schwarz-gelben Landesregierung Fortschritte entdecken. Auf Seite 25 des Finanzplans ist klar gesagt:

Auf Bundesebene werden keine neuen einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen umgesetzt, die zu zusätzlichen Belastungen in den Länderhaushalten führen.

Das ist auch Vorgabe der Landesregierung. Glücklicherweise hat man an dieser Stelle schon im Kabinett nicht auf die FDP gehört. Das zwischenzeitlich eine Einsicht aufseiten der FDP eingesetzt hätte, ist weder dem Interview des Vorsitzenden, Florian Rentsch, vom Samstag zu entnehmen, noch dem gerade von Herrn Kollegen Noll Gehörtem.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)

Wir nehmen jedenfalls diese Aussage im Finanzplan als Ankündigung der Landesregierung, im Bundesrat keine Steuersenkungen mehr mitzumachen. Herr Finanzminister: Bravo! Endlich!

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Doch das allein kann keine nachhaltige Finanzwirtschaft sichern. Die augenblicklich gegebenen Wachstumsraten in der Wirtschaft sind natürlich in der Zukunft keineswegs gesichert. Deshalb braucht man etwas mehr Einsicht als bei Ihnen erkennbar ist. Nur das Segeln auf dem Konjunkturhoch reicht nicht.

Der nächste Schritt wäre die Verbesserung der Einnahmen; dieser Schritt sollte rasch folgen. Hessen muss nicht länger am Ende des Rankings der Bundesländer verbleiben was die Steuersätze in der Grunderwerbsteuer angeht. Hier ist die alleinige Kompetenz des Landes gegeben. Hier könnten Mehreinnahmen von mehr als 200 Millionen Euro im Jahr erreicht werden. Es muss nur endlich gehandelt werden.

Insgesamt dürfen in einem Konzept der Schuldenbremse die Einnahmeverbesserungen als Teil des berühmten Triple-E, Einsparungen, Effizientssteigerungen, Einnahmeverbesserungen, auch wenn sie an letzter Stelle stehen, nicht vergessen werden. Damit sind sowohl Änderungen im Steuerrecht gemeint als auch weitere Maßnahmen zur Durchsetzung des bestehenden Steueranspruchs.

Der Haushaltsplanentwurf des Jahres 2012 beweist: Die Einnahmeseite der Konsolidierung wird von der Regierung und ihrer Mehrheit weiterhin sträflich vernachlässigt. Stattdessen wird wieder, wie in jedem Finanzplan, über die Ungerechtigkeit des Länderfinanzausgleichs gejammert. Auch hier hat die Regierung kein eigenes Konzept, wie eine Lösung aussehen könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD))

Wir GRÜNE sind auch hier in Zusammenarbeit mit mehreren Landtagsfraktionen konzeptionell in Vorlage getreten. Was tun die Regierungskoalitionen? Außer häufig wiederholter, dafür aber wenig substanziierter Klageandrohung gibt es einen Kabarettauftritt als Plakatierkolonne kleisterquastenschwingender Fraktionsvorsitzender. Außer dem ist von Schwarz-Gelb nichts zu vernehmen. Ist das nicht ziemlich erbärmlich, finden Sie nicht auch?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, wie ich bereits ausgeführt habe, muss noch einmal auf ein paar Ausgabepositionen des Haushaltsplanentwurfs ein kritischer Blick geworfen werden. Die Ressortbudgets insgesamt werden wir in der zweiten Lesung würdigen.

Wenn es nur um möglichst viel Beton in der Landschaft geht, dann scheut diese Regierung weder Mehrkosten noch programmierte Insolvenzen, dann werden die Millionen genauso rausgeworfen wie die Kamellen an Fastnacht. Die Kostenspirale des nachhaltig sinnlosen Projekts, den Luftlandeplatz Kassel-Calden zum Flughafen hochzustylen, hat sich als Zentrifuge erwiesen. Sie dreht sich immer schneller, jetzt sind es wieder 80 Millionen € mehr. Das macht selbst in Nordhessen längst die Albatrosse und Kraniche schwindlig. Wir debattieren dieses Thema heute Nachmittag, deswegen bleibt das Rätsel jetzt ungelöst, was Schwarz-Gelb und auch Rot eigentlich an Betonpisten oder neudeutsch: Runways so besonders sexy finden.

(Beifall bei den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Meine Damen und Herren, wir haben übrigens einen Verkehrsminister, der den einfachen Straßenbeton so sehr liebt, dass er ihm weitere 20 Millionen € mehr geben will. Diese Summe nimmt er dann den Bussen und Bahnen weg. Am Ende zahlen die ÖPNV-Nutzer über Tariferhöhungen den Autofahrern neue Straßen. Das nenne ich ein Musterbeispiel gelber Verkehrspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ADAC und BARIG applaudieren deswegen auch, dass ihre Wünsche so zuvorkommend erfüllt werden. Dann hat Minister Posch auch noch die Dreistigkeit, diesen Bruch dieses Finanzierungsversprechens an die Verkehrsverbünde wegen der Schuldenbremse als unumgänglich zu bezeichnen. Das halten wir für ein sehr starkes Stück. Seit Jahren werden den Verkehrsverbünden bereits Bundesmittel, die zur ÖPNV-Finanzierung bereitgestellt wurden, vorenthalten und dem Haushalt als zusätzliche Einnahmen zugeführt. Anstatt sich um echte Einnahmeerhöhungen zu kümmern – ich sprach schon davon –, nutzt man hier die Methode der klebrigen Hände als Quelle zusätzlicher Haushaltsmittel.

So skandalt es sich hier und an anderen Stellen durch den Haushalt. Stichwort: EBS, Stichwort: Digitalfunk, Stichwort: Kahlschlag in der Lehrerausbildung. Dieser Haushalt ist nicht nur finanzwirtschaftlich eine Katastrophe, er ist auch inhaltlich grottenschlecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Haushaltsplanentwurf 2012 beweist: Die schwarz-gelbe Regierung und ihre Mehrheit werfen alle ihre Sparsamkeitsbekenntnisse sofort über Bord, wenn es um Prestigeprojekte oder das Pampern der eigenen Klientel geht.

Damit erweisen sich alle von ihr erbrachten Begründungen, die das Wort Schuldenbremse verwenden oder die Sparsamkeit einfordern, als falsch und verlogen.

Meine Damen und Herren, damit Sie es länger in Erinnerung behalten, komme ich zum Ende meiner Rede zu einem der wichtigsten aktuellen Themen der Haushaltswirtschaft: Das ist der Umgang dieser Landesregierung und ihrer Mehrheit im Haus mit den hessischen Kommunen, also mit den Finanzierungsnöten der Kreise, Städte und Gemeinden.

Was der vorliegende Haushaltsplanentwurf und das Finanzausgleichänderungsgesetz in dieser Hinsicht zu bieten haben, macht Hütchenspieler zu seriösen Geschäftspartnern. Gerade ich weiß und kritisiere es auch öfter, dass eifriges Jammern und Klagen durchaus zum Alltagsgeschäft kommunaler Funktionsträger gehört. Was aber in diesem Jahr seitens der Regierung mit dem KFA vorgesehen ist, macht die Betroffenen zu Recht zornig, uns GRÜNE im Übrigen auch. Im vergangenen Jahr waren es die Kürzungen der Finanzausgleichsmittel um 344 Millionen Euro und das Schlaglochgesetz, das eine Umverteilung unter den Kommunen von Arm nach Reich bewirkte, und für Empörung sorgten. Aber dieses Mal setzt die Regierung noch einen drauf.

Mit dem Argument, für eine gerechtere Verteilung der Mittel sorgen zu wollen, reduzieren sie die Finanzausgleichsmasse, genauso wie im vergangenen Jahr, und streichen darüber hinaus weitere 20 Millionen Euro. Die Legende, die sie mit dem Ziel, die Sache zu verschleiern, dazu gefunden haben, ist nicht ganz frei von Kreativität, aber sie ist vor allem perfide. Die Kürzung erfolgt bei den besonderen Finanzzuweisungen. Das heißt, die Schlüsselmasse ist zunächst nicht betroffen. Die gestrichenen Mittel gingen auch nicht direkt an die Kreise und Städte, sondern sie gingen an die Verkehrsverbünde. Bei den kommunalen Haushalten fehlen sie zunächst nicht.

Die unverschämte Krönung ist dann der Titel, den diese neue Kürzung im KFA erhält: Abführung an Kapitel 09 13 zur Mitfinanzierung der Kostenerstattung im Rahmen des Kommunalisierungsgesetzes.

Damit das Wort kommunal vorkommt, und es oberflächlich plausibel klingt, wird also eine Parthenogenese definiert: Die Kommunen müssen jetzt die Kosten, deren Übernahme ihnen durch das Kommunalisierungsgesetz von 2005 vom Land zugesagt wurde, weitgehend selbst erstatten. – Das ist eine echte Perversion des Begriffs „Erstattung“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das Kommunalisierungsgesetz war mit der Vereinbarung verbunden, dass das Land die von der Landesverwaltung die auf die kommunalen Amtsträger übertragenen Aufgaben weiterfinanziert. Wir sind gespannt, ob und wie die Konnexitätskommission dieses Manöver beurteilen wird. Wir halten jedenfalls den Griff in die Taschen der hessischen Kommunen an dieser Stelle für falsch und völlig inakzeptabel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie sollten, statt Raubzüge in den kommunalen Finanztopf zu veranstalten, lieber ein politisch diskutierbares Konzept zur Reform des Kommunalen Finanzausgleichs vorlegen. Es mag Sie langsam langweilen, aber auch an dieser Stelle haben wir GRÜNEN im Frühsommer dieses Jahres ein Konzept vorgelegt.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Sie könnten unseren Vorschlägen folgen oder einen eigenen Plan vorlegen, dann lässt es sich in der Sache diskutieren. Das, was Sie bisher in der Sache veranstalten, ist kläglich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Um dem derzeitigen Mobbing der Kommunen durch Schwarz-Gelb eine Krone aufzusetzen, wird jetzt die Suche nach einer gerechte Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen von der Mehrheit abgewürgt. Wir hatten im Haushaltsausschuss in einer Sondersitzung die Gutachter ausgiebig angehört. Am Ende blieben noch Fragen, die nur mit zusätzlichen aufbereiteten Daten geklärt werden können. Ein Angebot hierfür liegt vor. Das Naheliegende, nämlich diese Daten zu beschaffen, wird aktuell von den Regierungsfraktionen massiv verweigert, formal mit der Begründung, dass der dafür aufzuwendende eher marginale Betrag ihnen zu hoch sei. Es geht bei dem Betrag übrigens um weniger als ein Viertelpromille des Betrages, den Sie dieses Jahr den Kommunen zusätzlich weggenommen haben.

Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie sollten nicht glauben, dass wir GRÜNEN die Beratungen zur Haushaltsstruktur weiter mit Engagement begleiten und unseren Eifer dorthinein investieren, wenn Sie nicht unverzüglich den Weg frei machen, damit wir diesen Datenabgleich vornehmen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Denn jeder Tag – Herr Kollege Milde, merken Sie es sich –, den Sie dies weiter verweigern, belegt, dass Sie auch in dieser Frage kein Interesse an Faktenwissen haben, sondern sich lediglich mit falschen Annahmen weiter durchwurschteln wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU) – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Der gegenwärtige Status ist, dass es von Ihnen verweigert wird. Von einem Termin heute Mittag ist mir nichts bekannt. Im Übrigen komme ich gerne.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle abschließend fest: Der Haushalt 2012 beweist ebenso wie das Finanzausgleichsgesetz: Die Finanzpolitik dieser Regierung und ihrer Mehrheit ist windig und nicht seriös. Sie setzt die falschen Prioritäten in der Sache und hat keinerlei seriösen Plan, wie die Schuldenbremse umgesetzt werden soll. Die geplanten haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen sind von Willkür gekennzeichnet und schaden nicht nur den hessischen Kommunen, sondern sind nach unserer Überzeugnis im Ergebnis ein Angriff auf alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. – Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD)