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22.11.2012

Frank Kaufmann: Grunderwerbsteuer

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege van Ooyen hat die Posse innerhalb dieses Hauses geschildert, das muss man nicht wiederholen. Aber es gibt auch eine inhaltliche Posse zu diesem Thema, auf die ich jetzt Bezug nehmen möchte.
Seit der Föderalismusreform II dürfen die Länder – endlich – auch eine Steuerentscheidung treffen, nämlich den Hebesatz der Grunderwerbsteuer festzusetzen. Seit 2009 ist das in einigen Ländern und in jüngerer Zeit vermehrt geschehen.
Aufgrund dieser Rechtslage haben wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in unserem Konzept „Hessen tritt auf die Schuldenbremse“ seit dem Jahr 2010 vorgeschlagen, auch hier einen Schritt nach vorne zu machen. Sie wissen, die Schuldenbremse erreicht man nur mit dem dreifachen E: Einsparungen, Effizienzsteigerungen, aber auch Einnahmeerhöhungen. Was die Einnahmeerhöhung angeht, ist die Grunderwerbsteuer sicherlich eine geeignete Maßnahme, zu Mehreinnahmen zu kommen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Im Übrigen: Bis zum Ende des Frühjahrs 2012 haben insgesamt 13 Bundesländer die Steuer angehoben. Zu diesem Zeitpunkt war es, als eine Fraktion einen Antrag vorgelegt hat, es auch in Hessen zu machen, ein Gesetzentwurf. Dazu hatten wir erstmals am 8. Mai 2012 hier im Plenum eine Debatte. Dort hat der Kollege Krüger unter anderem ausgeführt:
Das Hauptproblem ist nicht, die Einnahmen zu erhöhen. Unser Hauptproblem ist und bleibt – da ist diese Landesregierung vorbildlich, insbesondere die FDP-Minister sind da vorbildlich –, dafür zu sorgen, dass wir unser Augenmerk nach wie vor auf eine strukturierte und einsparende Ausgabenseite richten […]
Dann kam der Haushaltsentwurf 2013/2014. Er wies zwar sprudelnde Steuereinnahmen aus, trotzdem reichten diese tatsächlich nicht zur Finanzierung Ihrer Wahlgeschenke aus und es stand das Thema an: Wo kommt das Geld her? – Also wurde die FDP einmal mehr – nicht überrumpelt – in ihrer traditionellen Rolle angesprochen, nämlich das Gegenteil dessen zu tun, was sie verspricht, also bei der Steuererhöhung dabei zu sein.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Problem war natürlich nur, dass man eine Ausrede brauchte. Was der Kollege Noll uns immer so liebevoll erzählt, das Geheimnis des Sparens liege im Verzicht, war nach Meinung der FDP oder der Regierung insgesamt dieses Mal beim Haushalt vor dem Wahltermin ganz offensichtlich das völlig ungeeignete Mittel.
Was lag dann näher, als den Sündenbock als Ausrede zu finden, der von dieser Mehrheit immer finanzpolitisch herangezogen wird? Das ist der Länderfinanzausgleich. Demzufolge hat in der Sitzung am 26. September der Kollege Caspar uns erzählt – ein Satz aus dem Protokoll –:
Wir müssen aber feststellen, dass es nun einige Probleme gegeben hat, insbesondere im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich.
Meine Damen und Herren, diese „einigen“ Probleme hatte uns der verehrte Herr Finanzminister bei der Präsentation des Haushaltsentwurfs bereits mitgeteilt, nämlich dass eine Grunderwerbsteuerhöhe im Durchschnitt der Bundesländer angerechnet wird und dass dies insoweit Hessen Geld kostet, das es gar nicht einnimmt. So weit, so gut bzw. so weit, so schlecht.
Aber die Katastrophe, die die Mehrheit plötzlich entdeckte, hat die Größe von 2 Millionen €, und das bei einem Haushaltsvolumen von rund 28 Milliarden €. Der Unterschied, den die FDP als Ausrede dafür gefunden hat, dass sie die Steuererhöhung jetzt angeblich auch braucht, beträgt weit weniger als 1 Promille. Warum ist das so? In der vom Finanzminister selbst präsentierten Grafik beträgt der Anteil der Grunderwerbsteuer, der uns betrifft, 75 Millionen € im Jahr 2012 und 77 Millionen € im Jahr 2013. Die Differenz sind die genannten 2 Millionen €.
Meine Damen und Herren, ich sagte schon, auf das Kaspertheater im Verfahren will ich gar nicht weiter eingehen. Es ist ein bisschen traurig. An anderer Stelle ist die Zusammenarbeit zwischen CDU und LINKEN, aktuell wissen wir das, etwas liebevoller. Aber an dieser Stelle konnte man sich offensichtlich nicht einigen.
Wir werden deshalb feststellen, wie der spontane Salto von CDU und FDP zwischen Mai und September sich in der Sache darstellt. Wir wollen ihn auch dokumentieren. Erst sagen Sie Nein, dann sagen Sie Ja, und das demnächst innerhalb weniger Minuten. So müssen wir es den Äußerungen entnehmen.
Meine Damen und Herren, das wollen wir auch im Protokoll festgehalten sehen. Herr Präsident, deshalb beantrage ich, bei der Abstimmung zu Drucks. 18/6518 – das ist die Beschlussempfehlung zum Dringlichen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP – die namentliche Abstimmung. – Ich bedanke mich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann.