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24.06.2015

Frank Kaufmann: Gesetz zur Änderung der Hessischen Bauordnung

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie oft haben wir uns in diesem Hause schon mit irgendwelchen merkwürdigen Vorschlägen der FDP befassen dürfen, müssen oder können, die kein anderes Ziel hatten, als die Energiewende möglichst zu torpedieren und den Bau von Windrädern in Hessen zu verhindern? Ich habe nicht mitgezählt, aber Ihre „Vorschläge“ ziehen sich durch die ganze Legislaturperiode.

Meine Damen und Herren, ich kann ja verstehen, dass die FDP nicht mehr auf der großen Bühne spielen kann und deshalb in den Ländern versucht, mit parlamentarischen Aktivitäten auf allen Ebenen einen Kampf gegen die Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Energien zu führen. Da kommt einem schon der Vergleich mit Don Quijote und seinem Kampf gegen Windmühlenflügel in den Sinn, verehrter Herr Kollege Rock.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Errichtung von Windkraftanlagen wollen Sie möglichst verhindern. Das haben Sie auch sehr deutlich gesagt. Man kann diese Position haben, aber Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass Sie damit völlig alleine stehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Zu glauben, dass Sie daraus großen politischen Gewinn ziehen, führt bei Ihnen zu freundlichem Grinsen. Das mag zwar sein, aber es führt in der Sache nicht weiter.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Wir haben neben den Kampfanträgen der FDP-Fraktion, über die ich gerade gesprochen habe, schon diverse Blockadeversuche gegen die Energiewende erlebt. Es ging los mit dem Vorwurf des Waldfrevels, verursacht durch Windkraftanlagen. Dieser Vorwurf klang auch heute wieder an.

Dann kam die Geschichte vom Vogelmord. Anschließend war die Bodenqualität das Hauptproblem. Vom Infraschall will ich gar nicht reden. Jetzt, sozusagen als Höhepunkt neuen liberalen Denkens, schreibt die FDP bei Crazy Horst ab und präsentiert uns als neue Abwehrwaffe gegen Windkraftanlagen die 10H-Regel. Meine Damen und Herren, das Heimatland der verantwortungslosen Energiepolitik, in dem der von mir gerade beschriebene Häuptling sitzt und uns alle erfreut, ist wahrlich kein gutes Beispiel für von Ihnen beschworene Win-win-Situationen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ist Ihnen überhaupt klar, was die 10H-Regelung bei dem gegenwärtigen technischen Zustand überhaupt bedeutet? Sie bedeutet, dass man pro Windkraftanlage 12 km² von Bebauung freihalten oder, umgekehrt, eine Fläche von mindestens 12 km² haben muss, die frei ist von Bebauung. Das heißt, zwei Ortschaften müssen, über den Daumen gepeilt, mindestens 5 km auseinanderliegen, um, neben den anderen Kriterien, den Bau eines Windrads zu ermöglichen.

(Lachen des Abg. René Rock (FDP))

– Da freut er sich noch mehr, weil er denkt: Das ist meine Win-win-Situation. Damit habe ich die Windkraftanlagen endgültig verhindert. – Insofern ist die Frage nach dem Sinn dieser Aktivitäten fast schon beantwortet. Warum will aber ausgerechnet die FDP mit einem verbissenen Kampf gegen die energiepolitische Vernunft punkten? Herr Kollege Rock, wem wollen Sie eigentlich gefallen?

Quasi als Aufbruchsignal in die Moderne haben wir jüngst den ganz neuen Slogan der FDP „German Mut“ kennengelernt. Aber Ihr Feldzug gegen die Windkraftanlagen hat überhaupt nichts mit Mut zu tun; allerhöchstens ist die Angst vor Veränderungen ein Motiv.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mehr Mut zu fordern, sich aber gleichzeitig komplett der Klientel des Gegenteils bedingungslos hinzugeben: Was soll das? Es sind doch vor allem die Ewiggestrigen und die skrupellosen Egoisten, also diejenigen, die ihr Wohlleben am liebsten auf Kosten anderer gestalten, die zum Sturm auf die Rotoren blasen. Ihnen ist es nur wichtig, dass der Strom aus der Steckdose kommt. Aber es ist ihnen völlig schnurz, wie er dort hineinkommt. Das scheint auch für die FDP zu gelten.

Meine Damen und Herren, wer ernst genommen werden will, sollte jedenfalls zu mehr in der Lage sein, als einen Gesetzestext aus dem Freistaat einfach abzuschreiben und mit einem Jahr Zeitverzug in den Hessischen Landtag einzubringen. Dabei sind an den Stellen des Textes, die verändert worden sind, sogar noch Fehler oder Stilblüten hineingebracht worden.

Ich nenne einige wenige Beispiele; die Zeit ist immer knapp. Als Beispiel für meine Aussage weise ich auf eine Stelle hin, die bereits in der Problembeschreibung des Gesetzentwurfs steht. Dort heißt es, die Gesamthöhe einer Windkraftanlage sei entscheidend für den „Schutz der Menschen vor den Auswirkungen der Windkraft“.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rock, was immer die Auswirkungen der Windkraft sein mögen, der Mensch ist geschützt, wenn er sich außerhalb der einfachen Höhe einer Windkraftanlage befindet, falls diese spontan umfallen sollte.

(Heiterkeit der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ansonsten muss der Mensch vor der Windkraft nicht besonders geschützt werden, zumindest sofern er zweckmäßige Kleidung trägt. Genau das wissen auch die Bayern. Deshalb haben sie in der Begründung ihres Gesetzes einen solchen Satz auch nicht formuliert.

Falsch oder zumindest rechtlich umstritten ist die Aussage in der Begründung, dass der Landesgesetzgeber nicht verpflichtet sei, die Privilegierung von Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im Wesentlichen aufrechtzuerhalten. Dazu haben wir von den Kollegen schon einiges gehört. Obwohl dies in Bayern ähnlich formuliert wurde, muss man die Aussage in Zweifel ziehen; denn die Ermächtigung der Länder, nach § 249 BauGB eigene Abstandsregelungen für Windkraftanlagen gesetzlich festzulegen, ist kein Freibrief für eine Verhinderungsplanung. Genau das aber bezwecken Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass genau die Verhinderung das Ziel der FDP ist, ergibt sich aus dem dritten auffälligen Unterschied zwischen der bayerischen Originalfassung des Gesetzes und dem hessischen Plagiat. Das ist nämlich die Feststellung, dass mit der 10H-Regelung nach wie vor ausreichend Flächen für Windkraftanlagen zur Verfügung stehen. Man kann davon ausgehen, dass dies in Hessen mit der zwingenden Vorgabe, dass der Abstand von Windkraftanlagen zu jeglicher Bebauung mindestens das Zehnfache ihrer Höhe beträgt, nicht mehr der Fall wäre. Genau das ist das Ziel.

Meine Damen und Herren, dass Florian Rentsch seine Unterschrift unter den Ergebnissen des Energiegipfels und seine Unterschrift unter dem LEP jetzt am liebsten mit Tintentod wieder beseitigen möchte und dass die FDP die Energiewende jetzt mit Macht torpedieren will, können wir wohl nicht ändern. Kollegen von der FDP, dass Ihnen das nicht gelingen wird, können wir Ihnen heute hier versichern. Als Koalition werden wir sicherstellen, dass der Inhalt dieses Gesetzentwurfs nichts ins Gesetzblatt kommt.

Wie Sie sicher wissen, haben wir in unserem Koalitionsvertrag all dies eindeutig festgelegt. Der Kollege Stephan hat es bereits beschrieben. Der verbindlich vereinbarte Mindestabstand von 1.000 m wird so bleiben, und deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann.

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