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23.09.2015

Frank Kaufmann: Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2016

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Verlässlich gestalten, Perspektiven eröffnen“ lautet, wie sie wissen, der Titel des Koalitionsvertrags dieser Legislaturperiode. Er definiert damit zugleich den Kurs der Politik, den CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für diesen Zeitraum verabredet haben.

Mit exakt derselben Aussage habe ich meine Rede bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2015, also vor knapp einem Jahr, hier an diesem Pult begonnen. Ich wiederhole dies heute, weil es kaum eine andere Vorlage gibt, die besser geeignet wäre, den Nachweis zu führen, ob und wie der definierte politische Kurs eingehalten wird, als es der Haushalt ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg Michael Boddenberg und Holger Bellino (CDU))

Nach dem, was wir von der Opposition, von dem verehrten Herrn Kollegen Schmitt gerade eben gehört haben, ist es aber auch wichtig, festzustellen, wie letztendlich hilf- und ratlos Sie vor diesem stehen und in eine geradezu komatöse Gedankenblockade verfallen sind. Sie können dem, was die Regierung aus CDU und GRÜNEN hier anbietet und was wir als Fraktionen mittragen, nichts Inhaltliches entgegensetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg Michael Boddenberg und Holger Bellino (CDU))

Da gab es einmal wieder das übliche kleinkarierte Gemäkel. Aber es war keine politische Alternative zur Regierungspolitik zu vernehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Ralf-Norbert Bartelt und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Ihnen fällt offensichtlich nichts dazu ein. Ihnen fällt nichts mehr dazu ein, außer vielleicht die Forderung nach mehr Geld, das Sie im Wesentlichen für dieselben Zwecke ausgeben wollen, wie die Vorschläge der Regierung lauten. Sie sagen aber nicht, woher das Geld kommen soll.

An erster Stelle des Titels der Koalitionsvereinbarung steht übrigens nicht ohne Grund die Verlässlichkeit. Das drückt nämlich aus, dass wir fest entschlossen sind, das, was angekündigt und vertraglich vereinbart wurde, auch in die Wirklichkeit umzusetzen. Deswegen finde ich es erstaunlich, dass wir einerseits immer erleben, dass an den Absichten der Regierung und der Koalition gezweifelt wird, dass aber andererseits die Behauptung lautet, das müssten gefühlte sein, es würde sich überhaupt nichts ändern.

Insbesondere in Richtung der Opposition will ich es noch einmal unterstreichen: Ja, wir machen das, was wir vereinbart haben. Wir sind verlässlich. Sie können davon ausgehen, dass das, was im Koalitionsvertrag steht, in Hessen schon teilweise Wirklichkeit geworden ist. Wenn nicht, werden wir daran arbeiten, es umzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen kann man nur raten: Beerdigen Sie Ihre Zweifel an der Zuverlässigkeit des Regierungskurses. Streiten Sie doch lieber mit uns über die besseren Lösungen für die Probleme, die es in dieser Zeit gibt. Bislang haben wir von Ihnen noch keine Lösung gehört. Die 40 Minuten, die Herr Kollege Schmitt gerade hier vorne gestanden hat, waren auch völlig frei von inhaltlichen Vorschlägen.

Die Anmerkungen, irgendwas klappe nicht, es komme zu spät, es sei zu wenig oder zu viel – je nach dem –, es komme in der falschen Reihenfolge, am falschen Ort, in der falschen Farbe oder werde von den falschen Leuten erledigt, das alles kann man erzählen. Das ändert aber nichts für die Hessinnen und Hessen und an dem Schicksal dieses Landes. Es zeigt bei Ihnen vor allem nichts weiter als eine gähnende Leere, was Vorschläge angeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auf wenigstens einen realitätstauglichen Vorschlag oder eine Idee dazu könnte die Opposition doch wirklich einmal kommen. Ich denke, wir würden uns alle dann sehr freuen.

Es ist wirklich ein Trauerspiel. Deswegen denke ich immer wieder an die wegweisenden Worte des großen Franz Müntefering, des Pragmatikers unter den Vordenkern der Sozialdemokratie unserer Tage.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Opposition ist Mist!

Diese Klage gibt es doch vor allem deshalb, weil man in der Opposition gehindert ist, das eigene Konzept, den eigenen Plan und die eigene Politik zu verwirklichen. Wen man aber all dies, wie unsere SPD, gar nicht hat, wenn man weder ein Konzept noch einen Plan hat, dann ist es doch auch kein Mist, dass man in der Opposition ist. Denn dann hat man doch gar keine Vorstellungen davon, wie sich die Welt in Hessen entwickeln soll. Dann macht die Opposition höchstens Mist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn Sie regieren würden, wüssten Sie gar nicht, was zu tun wäre.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Zumindest sagen Sie es uns nicht. Tun Sie das doch einmal. Das wäre doch viel sinnvoller, als immer nur herumzumäkeln. Das würde auch in der Debatte mehr Spaß machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Mir scheint, Franz Müntefering hat da unrecht. Opposition ist nicht Mist, sondern eher eine Erholungspause für die hiesige Sozialdemokratie, um Kraft zu sammeln. Denn das Ziel Regierungsfähigkeit haben Sie leider noch nicht erreicht. Da müsste noch ein ambitioniertes Fitnessprogramm her. Denn es liegt ein erheblicher Trainingsrückstand vor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Opposition qualifiziert den Haushaltsentwurf der Regierung für das Jahr 2016 in ihren Pressemitteilungen wie folgt – ich zitiere die Stichworte –:

Ohne Ambitionen, perspektivlos, eine finanzpolitische Kapitulation, unambitioniert, ein politisches Armutszeugnis, gestaltungsarm.

Ich habe damit nur einige der veröffentlichten Beschreibungen genannt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Diese Beispiele stammen nicht alle nur aus diesem Jahr. Manche sind auch aus dem vergangenen Jahr. Ich frage Sie: Können Sie herausfinden, welche aus welchem Jahr stammen? Merken Sie einen Unterschied? – Die Antwort lautet Nein.

Lieber Kollege Schmitt, auch nach zehn Monaten, vom letzten Haushaltsentwurf bis heute, ist es Ihnen nicht gelungen, dasselbe Gequengel, das Sie damals abgesondert haben, irgendwie weiterzuentwickeln. Argumente fehlen offensichtlich weiterhin vollständig.

Fazit. Es gibt leider keine intellektuelle Weiterentwicklung der Kritik der Opposition. Dies ist sehr zu bedauern. Denn wer so wenig fit wie die hessische Opposition ist, der bleibt auf der Bank sitzen und kommt nicht ins Spiel. Wir hätten ein muntereres Parlament, wenn wir darüber streiten könnten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen scheint aus dem Argumentationsnotstand der Opposition auch herauszuleuchten, dass es bei Ihrer Kritik überhaupt nicht darauf ankommt, was im Haushaltsentwurf tatsächlich steht. Denn Sie haben die Inhalte und das Haushaltsdesign überhaupt nicht verstanden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, ich will es deshalb noch einmal herausstellen: Die Koalition aus CDU und GRÜNEN steht für eine nachhaltige Haushaltspolitik. Das heißt, wir bekennen uns zur Schuldenbremse, und zwar nicht nur, weil die Verfassung des Landes Hessen sie uns aufgibt, was von 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler so bestätigt wurde, sondern auch, weil wir sie inhaltlich richtig finden, um den weiteren Weg in den Schuldenstaat zu verhindern.

Damit keine Irrtümer aufkommen: Das heißt natürlich nicht, dass von der öffentlichen Hand auf alle Zeit nichts mehr fremd finanziert werden dürfte. Das heißt aber ganz gewiss, dass wir unsere finanzwirtschaftliche Beweglichkeit wieder verbessern und vor allem auch Vorsorge dafür treffen wollen, dass das Zinsniveau absehbar wieder steigen könnte. Das ist eine der Risiken, die der Finanzminister auch benannt hat.

Bereits im letzten Jahr hatte ich Ihnen in meiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs dargelegt, wie wir derzeit vom niedrigen Zinsniveau profitieren. Wir dürfen dabei aber keineswegs vergessen, dass das wie eine Droge wirkt. Zunächst wird der finanzwirtschaftliche Ansatz bei niedrigen oder gar keinen Zinsen durch billige und einfache Geldbeschaffung versüßt. Die harte Realität wird vernebelt, und alles erscheint im goldenen Schein.

Doch dann bringen steigende Zinsen den Kater und die Entzugserscheinungen schneller, als man denkt. Deswegen brauchen wir eine Prohibition beim Schuldenmachen. Dazu benutzen wir die Schuldenbremse, wenn Sie so wollen, als Dreiklang.

Zunächst geht es um die Reduzierung der Nettokreditaufnahme. Da sind wir auf einem guten Weg. Das ist die derzeitige Phase. Damit werden wir den Schuldengipfel bewältigen.

Schließlich wollen wir als dritten Teil den geordneten Abbau der Altverschuldung. Eine vollständige Beseitigung aller Verbindlichkeiten des Landes ist nicht das Ziel. Eine ausgeglichene Bilanz ohne ungedeckten Fehlbetrag will ich allerdings als Vision hier in den Raum stellen. Ich sage bewusst „als Vision“ und nicht als Utopie. Aber die Vision wird sicherlich erst in Realitätsnähe bei der nächsten Generation der Finanzpolitikerinnen und -politiker rücken. Augenblicklich sind wir davon noch weit entfernt.

Mit dieser Anmerkung komme ich zum Jahresabschluss und der Bilanz des Landes Hessen zum 31. Dezember 2014. Der Finanzminister wird demnächst diesen der Öffentlichkeit ausführlich präsentieren. Die Kerndaten liegen in unserem Finanzplan, der mit zur Beratung ansteht, bereits vor. Deswegen kann ich sie auch kurz ansprechen.

Wie im vergangenen Jahr ist auch das Ergebnis der Jahresrechnung 2014 so, dass wir mit rund 58,5 Milliarden Euro Verbindlichkeiten und gut 70 Milliarden Euro an Rückstellungen insgesamt sehr viel Negatives und Passives ausweisen müssen, wodurch der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag in unserer Bilanz wieder einmal angestiegen ist, und zwar um 2,85 Milliarden Euro. Das zeigt auch, wie nah die angesprochene Vision doch noch an der Utopie liegt.

Damit aber niemand aufgrund dieser Zahlen auf die Idee kommt, unser Engagement in der Schuldenbremse als wirkungslos und damit auch als sinnlos zu erachten – jetzt schaue ich den Kollegen van Ooyen an –,

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

weise ich darauf hin, dass schon das angesprochene, aktuell besonders niedrige Zinsniveau uns an dieser Stelle auch die Bilanz verhagelt. Steigende Zinssätze würden zwar den Aufwand für die Fremdfinanzierung steigern, aber eben auch den Rückstellungsbedarf deutlich mindern. Dennoch ist unstrittig, dass die Schuldenbremse dem Eigenkapitalverzehr insgesamt entgegenwirkt und insoweit auch aus dem Blickwinkel der Bilanz positive Konsequenzen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ohne die Debatte im Haushaltsausschuss vorwegnehmen zu wollen – da werden wir das noch ausführlicher mit den Wirtschaftsprüfern besprechen –, will ich die Gelegenheit nehmen, hier für das Protokoll schon einmal festzuhalten, dass der Gesamtabschluss des Landes zum Ende 2014 wieder einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfer erhalten hat. Das ist eine schöne Bestätigung dafür, dass unser Weg hin zur transparenten und umfassenden Ausweisung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nach streng kaufmännischen Grundsätzen bei aller Kritik an manchem Detail richtig und erfolgreich war und ist. Übrigens würde ich das auch anmerken, wenn ich einen anderen Namen hätte.

Meine Damen und Herren, damit will ich die Kurzbetrachtung der Bilanz verlassen und weiterhin zum aufgerufenen Finanzplan kommen. Der Finanzplan ist unter Schwarz-Grün, wie ich auch schon im letzten Jahr darstellen konnte, zu einem nüchternen Planungsinstrument geworden, in dem die Einschätzungen der künftigen Entwicklungen in quantitativer Hinsicht beschrieben werden.

Im Finanzplan finden Sie deshalb weiterhin dargestellt, wie wir den vorgesehenen Abbau der Nettokreditaufnahme vornehmen wollen. Es bleibt nach heutigem Kenntnisstand dabei, dass wir zum Budgetjahr 2018 erstmals seit Jahrzehnten wieder einen positiven Finanzierungssaldo erreichen. Wir stellen fest, dass das hessische Allzeitschuldenhoch nach der gegenwärtigen Kalkulation die Höhe von 44,9 Milliarden Euro nicht ganz erreichen wird.

Ich stelle dies hier heraus, weil es quantitativ belegt, was wir Schwarz-Grüne unter Verlässlichkeit verstehen: Wir gestalten die vom hessischen Volk beschlossene Aufgabe des Schuldenabbaus kalkulierbar und nachprüfbar und schieben auch unangenehme Entscheidung nicht auf die lange Bank. Dafür müssen wir Kritik, gelegentlich sogar heftige Kritik entgegennehmen, die häufig auch aus der Enttäuschung heraus formuliert wird, nicht anspruchsgemäß finanziert zu werden. Das ist nicht immer vergnüglich, aber wir halten das aus, weil wir unsere Entscheidungen transparent, damit auch nachvollziehbar und somit begründbar und, wir hoffen, bei sehr vielen Menschen auch verständlich zu machen.

Meine Damen und Herren, aus dem Finanzplan können Sie entnehmen, wie wir die im Koalitionsvertrag definierten politischen Ziele mit einer Finanzierung hinterlegen und wie wir die unterschiedlichen Bereiche dotieren werden. Damit zeigen wir, wie weit es angesichts knapper Ressourcen gelingt, allen unterschiedlichen Bereichen, soweit das in Kombination möglich ist, gerecht zu werden. Allerdings will ich an dieser Stelle nicht verhehlen: Selbst wir können nicht zaubern, so gern wir das täten.

(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Demonstrativer Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

– Eine völlige Neuigkeit für den Kollegen Warnecke, aber es ist so.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

– Vielleicht nur falsch verstanden, Herr Kollege.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Deshalb können nicht alle finanzwirtschaftlichen Unwägbarkeiten bereits im Finanzplan einkalkuliert sein, mit denen wir aktuell in den kommenden Jahren konfrontiert werden. In diese Kategorie fällt die Finanzierung der Auswirkungen der rasant steigenden Flüchtlingszahlen – wir haben schon ausgiebig darüber diskutiert –, eine Problematik, die auch im Rahmen der Haushaltsdebatte in diesen Tagen nicht aus den Augen gelassen werden kann.

Beim Blick in den Finanzplan wirken sich diese und andere offene Fragen unter anderem darin aus, dass wir den finanzwirtschaftlichen Handlungsbedarf in den Jahren 2017 und 2018 noch nicht vollständig abarbeiten konnten und deshalb als Globalposition in den Plan einstellen mussten. Der Kollege Schmitt hat es deutlich markiert. Ich hätte es von mir aus auf jeden Fall angesprochen; denn ich sage klar und deutlich, dies halte ich für einen durchaus argen Schönheitsfehler. Ich will nicht drum herumreden. Es werden alle Bemühungen dahin gehen, das in Zukunft wieder besser zu machen. Nur, dass wir im Augenblick eine Situation haben, die in doppelter Hinsicht unkalkulierbar ist, haben bisher fast alle Redner in den unterschiedlichen Punkten durchaus eingeräumt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine Damen und Herren, wenn ich Kritik übe, wie an dieser Stelle, will ich umgekehrt aber auch Lobenswertes herausstellen. Der Finanzplan stellt sich in sehr transparenter Weise der Problematik, dass uns die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen nicht bekannt ist und wir sie aus eigenen Erkenntnissen heraus heute kaum abschätzen können. Um die Konsequenzen dieser Entwicklung für den Haushalt 2016 im Finanzplan abgrenzen zu können, werden deshalb mehrere Szenarien betrachtet – der Finanzminister hat es dargestellt –, sodass fortlaufend die reale Entwicklung in die Planung eingepasst werden kann und man jeweils schon sieht, wo es enden könnte, wenn sich die jeweils gemessenen Zahlen dann so weiterentwickeln.

Dies bedeutet für den Haushalt 2016, dass er seit seiner Verabschiedung im Kabinett heute natürlich nicht mehr aktuell sein kann, dass wir heute aber auch die zum Zeitpunkt seiner Verabschiedung durch den Landtag bestehende Situation in quantitativer Hinsicht noch nicht exakt einschätzen können.

Unstrittig sollte sein, auch und gerade nach der gestrigen Debatte und den heutigen Anmerkungen, dass wir uns jenseits des parteipolitischen Streits alle gemeinsam in dem Bemühen wiederfinden, eine zugewandte, ebenso respektvolle wie angemessene Betreuung der Menschen zu gewährleisten, die zu uns gekommen sind, um Schutz und Hilfe zu finden. Unstrittig ist auch, dass wir hierfür ganz viel Engagement ungezählter Einzelner benötigen, aber auch weitere zusätzliche finanzielle Mittel in erheblichem Umfang einsetzen müssen.

In finanzieller Hinsicht – hierüber reden wir heute – waren die Anstrengungen des Landes in den letzten Haushalten aus der Sicht eines Finanzers bereits außerordentlich. Denn wann gelingt es schon einmal, solche Steigerungsraten in einem Haushalt unterzubringen? Bei anderen Themen sind wir in der Vergangenheit meist gescheitert.

Seit 2012, als insgesamt rund 5.000 Flüchtlinge nach Hessen kamen, bis zu diesem Jahr haben wir die finanzielle Vorsorge im Landeshaushalt bereits knapp verzehnfacht. In keinem anderen Bereich hat es solche Budgetsteigerungen gegeben. Der Haushaltsentwurf 2016, so wie er vorliegt und zu knapp ist, wie wir uns auch einig sind, hat den Sollansatz von 2015 bereits um rund 60 Prozent gesteigert. Die Summen sind nach aktueller Einschätzung – ich sage das noch einmal, damit es keine Zweifel gibt – nicht ausreichend.

Die bereits angesprochenen Szenarien zeigen auf, in welcher Dimension wir uns werden bewegen müssen, und der Finanzminister hat es uns auch mitgeteilt. Für das laufende Jahr ist die allseitige Einschätzung nach Kenntnis der Zahlen: Wir kommen mithilfe überplanmäßiger Ausgaben, die gedeckt werden können, aus. Übrigens, für einen Nachtragshaushalt wäre es von der Zeitabfolge her zu spät. Er würde nur etwas nützen, wenn er vor dem 31.12. im Gesetzblatt steht. Aber wir kriegen das in diesem Jahr wohl hin. Was im nächsten Jahr ist, wird hoffentlich in näherer Zukunft durch viele Entscheidungen deutlicher werden.

Für das Jahr unserer Haushaltsbetrachtung, also für 2016, werden wir sicher Mehraufwand in dreistelliger Millionenhöhe haben, und wir werden diesen als Regierungskoalition – vielleicht machen andere gern mit – in Form von Änderungsanträgen in den Planentwurf vor der Verabschiedung einbringen.

Meine Damen und Herren, angesichts der aktuellen intensiven Beratungen über die Flüchtlingsproblematik auf allen politischen Ebenen an diversen politischen Orten ist es im Augenblick natürlich nicht möglich, eine belastbare Größe für unseren Haushalt zu nennen. Aber klar soll und muss auch sein, dass neben dem Land zunächst die kommunale Seite mehr Unterstützung benötigt

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

und auch bekommen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Das sage ich ja gerade. – Ich kann verstehen – Herr Kollege Schmitt freut sich vielleicht darüber –, dass manch ein Landrat oder Bürgermeister zurzeit etwas unruhig ist. Ich will zur Beruhigung beitragen; das mache ich nicht oft, aber gelegentlich gern.

Oberste Priorität unter den finanzwirtschaftlichen Aspekten hat eindeutig das Thema Flüchtlinge, und im Thema Flüchtlinge, dass wir es erreichen – es ist von allen schon gesagt worden –, dass der Bund seine Verantwortung in Form eines dauerhaften substanziellen Finanzierungsbeitrags übernimmt und damit einen strukturell abgesicherten Anteil am Gesamtaufwand der Länder und Kommunen leistet. Um das zu schaffen, müssen und wollen – sie haben es auch versichert – alle zusammenstehen.

Alle Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die dennoch unruhig werden, was man auch verstehen kann, seien noch einmal an die Anfang Juli zwischen dem Land und den Kommunalen Spitzenverbänden klar getroffene Vereinbarung erinnert. In der Begründung des Änderungsantrags zum Finanzausgleichsgesetz haben wir es auch schriftlich fixiert – ich zitiere –:

Die aktuellen Herausforderungen der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen sind auch finanziell sehr bedeutsam. Sie sind aber aus systematischen Gründen nicht Gegenstand des Kommunalen Finanzausgleichs, sodass eine Berücksichtigung dieser Belastungen im Kontext der Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs nicht in Betracht kommt.

Jetzt kommt der entscheidende Satz:

Dem gleichwohl bestehenden monetären Handlungsbedarf an dieser Stelle wird im Rahmen der laufenden Gespräche zur Angemessenheit der Pauschalen nach § 7 des Landesaufnahmegesetzes noch in diesem Jahr Rechnung zu tragen sein.

Meine Damen und Herren, ich bin deshalb ganz sicher, dass wir bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes auch diese Frage geregelt haben werden. Auch der Ministerpräsident hat es gestern im Rahmen der Regierungserklärung schon sehr deutlich gemacht. Selbstverständlich wissen wir um das Problem, und selbstverständlich lassen wir die Kommunen nicht im Regen stehen. Hier und heute kann deshalb zum Thema Flüchtlingsbetreuung nichts Sinnvolles mehr beigetragen werden. Zu der Kritik, man hätte mindestens schon irgendetwas hineinschreiben sollen: Vernünftigerweise trifft man erst die Vereinbarung zwischen den Beteiligten; dann stellt man fest, was das in Zahlen zur Folge hat; und dann berücksichtigt man die Zahlen in dem entsprechenden Planwerk. Das ist die Reihenfolge, die wir haben werden, und das werden wir schaffen, wie gesagt, vor der Verabschiedung des Haushalts noch in diesem Jahr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Bevor ich zu einigen konkreten Inhalten des von der Landesregierung vorgelegten Entwurfs komme, will ich kurz noch einmal die finanzwirtschaftlichen Eckpunkte zusammenfassen. Wir haben eine konsequente Orientierung unserer Finanzpolitik an der Schuldenbremse. Wir setzen die im Koalitionsvertrag angekündigten Konsolidierungsmaßnahmen konsequent um. Wir orientieren die Finanzplanung mit Sorgfalt an den erwartbaren Entwicklungen und ihren Risiken, fokussieren sie auf eine Absicherung der Konsolidierungsziele und vergessen dabei keineswegs unsere Pflichten auch Dritten gegenüber, z. B. den Kommunen.

Das ist alles in sich schlüssig aufgebaut, sehr solide und schafft deshalb für unsere Politikerinnen und Politiker – der Finanzbranche, hätte ich beinahe gesagt –, die sich mit dem Haushalt befassen, eher ein gewisses Problem bei der öffentlichen Wahrnehmung. Die hessische Finanzwirtschaft unter Schwarz-Grün erfüllt nämlich in keiner Weise die Kriterien für gesteigertes Medieninteresse. Wir bieten in der Finanzwirtschaft nur ganz wenig Sex und gar keinen Crime, taugen also nicht für reißerische Berichterstattung.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Ich finde es etwas schade, dass wir nicht in Zeiten leben, in denen eine von uns praktizierte und vorgeführte Good Governance auch publizistisch honoriert wird, aber gleichzeitig aus jeder Lapsus-Mücke ein Skandal-Elefant gemacht wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Der Haushalt verdiente, auch wenn er unspektakulär daherkommt, wirklich mehr an öffentlicher Wahrnehmung. Es ist eine spröde Materie. Aber die Anstrengungen der Politikerinnen und Politiker auf allen Ebenen, die es auf sich nehmen, sich damit zu befassen, auch mit den gravierenden neuen Problemlagen, von denen wir schon ausgiebig gesprochen haben, und die gemeinsam feststellen können, so wie es die Kanzlerin jüngst tat: „Wir schaffen das; denn wir sind gut aufgestellt und haben ein stabiles Fundament für unsere Arbeit“, sollte man wirklich mehr würdigen. Denn wenn hier nicht die Voraussetzungen geschaffen wären, solide Haushalte als Grundlage vorhanden wären, dann käme man mit Extremsituationen natürlich auch nicht zurecht.

Wir dürfen dabei auf keinen Fall vergessen, dass neben, vor und hinter der Politik, die hierfür die Entscheidungen zu treffen hat, überall ganz viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind, ohne die nichts von all dem zustande käme, was uns die Probleme bewältigen lässt, und denen ich deshalb auch heute anlässlich der ersten Lesung schon einmal einen großen und herzlichen Dank für ihre Mitwirkung aussprechen will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das gilt umso mehr, als in all den politischen Fragen die Arbeit eigentlich nimmer endet, sodass jedes Dankeschön für das Geleistete zugleich verbunden ist mit der Erwartung und dem Wunsch, auch mit Eifer weiterzumachen. Genauso ist es auch beim Haushaltsthema. Die nächsten Schritte sind für uns die kursorischen Lesungen in den Ministerien, Beratungen in den Fraktionen, in den Ausschüssen und dann noch zwei Runden Plenum. Das heißt, wir haben noch ausgiebig Beratungszeit und -aufwand, und wir haben da auch wieder ausgiebigen Bedarf an Zuarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit wir uns qualifiziert auseinandersetzen können.

Meine Damen und Herren, es war über Monate eine zentrale Debatte mit heftigen Auseinandersetzungen – ich meine die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs. Am 23. Juli wurde sie in dritter Lesung hier beschlossen, und seit dem 3. August steht sie im Gesetz- und Verordnungsblatt. Dieser neue KFA steht jetzt erstmals auch im Haushaltsplan, genauer gesagt, im Einzelplan 17 in den Kapiteln 17 20 bis 17 42, ausgedruckt auf rund 200 Seiten. Das gibt also eine ausgiebige Lektüre, und das gibt mir den Anlass, mich auch jetzt noch einmal schwerpunktmäßig mit diesem Thema zu befassen.

Meine Damen und Herren, die erste Feststellung, die für die Kommunen wahrscheinlich die wichtigste ist, lautet: Die Finanzausgleichsleistungen nach dem Finanzausgleichsgesetz im Jahr 2016 sind insgesamt so groß wie noch nie. Sie betragen in Hessen im nächsten Jahr 4.367 Millionen Euro. Das ist absoluter Rekord, das hat es noch nie gegeben. Das bedeutet, dass im Durchschnitt pro Hessin und Hesse jedweden Alters rund 725 Euro, ganz genau 727,83 Euro, an die Kommunen ausgeschüttet werden.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Verteilt. Wie wollen Sie das Verb nennen? – Das sind pro Person, pro hessische Bürgerin und hessischen Bürger, 43 Euro mehr als im laufenden Jahr 2015.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Selbst wenn die Rechenkenntnisse der zweiten Grundschulklasse vorhanden sind, reicht das aus, um festzustellen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Dies ist keine Kürzung, dies ist mehr Geld und insgesamt so viel, wie es noch nie war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich meine, das könnten auch Sozialdemokraten durchaus verstehen und endlich ihre wahrheitswidrigen Behauptungen widerrufen,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

das Land unter Schwarz-Grün kürze die Zuweisungen an die Kommunen. Spätestens jetzt wissen Sie es nämlich besser. Verehrter Kollege Schmitt, Sie sollten sich auch zu Herzen nehmen, was man bei Bertolt Brecht im Leben des Galilei nachlesen kann.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Dort kann man feststellen: Nach den Worten von Brecht ist derjenige, der die Wahrheit nicht weiß, lediglich ein Dummkopf; derjenige aber, der sie weiß und sie eine Lüge nennt, ein Verbrecher. Das möchte, denke ich, niemand sein.

Nachdem die Grundlage, also das Gesamtvolumen des Kommunalen Finanzausgleichs, klar ist, schauen wir uns doch noch einmal einzelne wichtige Aspekte an. Die Anmerkungen beziehen sich auf den Einzelplan 17, den ich schon zitiert habe.

Wichtig ist, dass wir den Hochrechnungsfaktor für die angemessenen Gesamtdefizite auf empirische Daten und dabei zusätzlich auf eine breite Basis von 20 Jahren gründen, sodass kurzfristige Schwankungen eben nicht durchschlagen. Der ermittelte Hochrechnungsfaktor von 7,3 Prozent für 2016 dürfte deshalb auch kaum umstritten sein, wie überhaupt nach der Verständigung zwischen dem Land und den Kommunalen Spitzenverbänden am 7. Juli keine durchgreifenden methodischen Differenzen in Sachen KFA mehr bestehen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Es bestehen keine durchgreifenden methodischen Differenzen. Es besteht eine unterschiedliche Erwartungshaltung, wie viel Geld man denn gern hätte; das ist unstrittig.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, Ergebnis der jetzt im Haushaltsplan dargestellten Berechnungen ist jedenfalls – –

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU), an Abg. Norbert Schmitt (SPD) gewandt – Gegenrufe der Abg. Norbert Schmitt (SPD) und Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Ja, ich sollte nicht darauf eingehen, weil es keine Wahrnehmungsfrage ist, sondern eine Frage, wie es von den Kommunalen Spitzenverbänden öffentlich dargestellt worden ist. Lesen Sie doch einmal nach, was Dr. Dieter jüngst im „Jahrbuch für öffentliche Finanzen“ geschrieben hat – ganz aktuell kann man das alles nachlesen –, was methodisch korrekt ist und was nicht. Da gibt es überhaupt keinen Streit mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Sie ärgern sich darüber, Kollege Schmitt, das mag ja sein. Aber deswegen wird das nicht richtiger, was Sie behaupten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, Ergebnis der jetzt im Haushaltsplan dargestellten Berechnungen ist jedenfalls, dass im Durchschnitt aller Kommunen rund ein Drittel des Bedarfs an allgemeinen Deckungsmitteln ihnen vom Land zugewiesen wird, das sie also im Umkehrschluss aus eigenen Entscheidungen heraus zwei Drittel gestalten können. Auch daran zeigt sich die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung als Selbstverantwortung, und es zeigt sich unserer Meinung nach auch, dass es der Selbstständigkeit der Kommunen kaum weiterhelfen könnte, wenn sie immer stärker auf den Tropf des Landes angewiesen wären. Insoweit geht es auch darum, die Selbstverantwortung und Selbstentscheidungsfähigkeit der Kommunen zu stärken.

Meine Damen und Herren, die Gestaltungsfreiheit sucht natürlich, das ist völlig klar, auch eine Risikobegrenzung. Das gilt allemal auch für die Kommunen. Der neue Kommunale Finanzausgleich wirkt allein schon durch die Vorgaben des Staatsgerichtshofs, die aus unserer Verfassung abgeleitet sind und im Gesetz auch ausformuliert sind, als Versicherung vor allem gegen finanzielle Einbrüche, sowohl generell für alle als auch speziell für einzelne Kommunen. Konjunkturelle Einbrüche mit der Folge gleichzeitig zurückgehender Steuereinnahmen und steigenden Sozialaufwands sind nunmehr – das sollten wir nicht vergessen – das exklusive Risiko des Landes.

Durch den Kommunalen Finanzausgleich wird die Garantiesumme des Festansatzes für 2016 auf rund 3,1 Milliarden Euro festgelegt. Damit übersteigt sie im Vergleich des vergangenen Jahrzehnts mehrmals, genauer gesagt, dreimal die tatsächlichen Zuwendungen in Summe im KFA an die Kommunen. Sie merken, dass das schon eine Bedeutung hat und dass diese Risikoabsicherung keineswegs ohne Wert ist, sondern ein ziemlicher Wert für die Kommunen – und insoweit für uns als Land ein erheblicher Auftrag, der auch belasten kann.

Deswegen fühle ich mich als Haushaltspolitiker auf Landesebene in dieser Situation nicht nur uneingeschränkt wohl; das gestehe ich Ihnen gerne. Denn durch den neuen KFA wird das Risiko eindeutig zulasten des Landes verschoben. Definierte das alte Finanzausgleichsgesetz eine Schicksalsgemeinschaft von Land und Kommunen, so haben wir es jetzt in der Tat mit einer Art Versicherungsvertrag mit den Kommunen als Kunden zu tun. Deshalb müssen wir als Land auch Vorsorge für den Fall treffen, dass der Versicherungsfall eintritt.

Insgesamt aber werden wir uns mit diesem Vertrag und mit diesem Haushalt mit guter Kundenorientierung zeigen. Denn die Probleme der hessischen Städte, Gemeinden und Kreise lassen natürlich das Land in seinem Verantwortungsbereich nicht unbeteiligt.

Meine Damen und Herren, genau deshalb nutze ich heute auch die Gelegenheit – morgen, wenn das Gesetz eingebracht wird, haben wir sie noch ausführlicher –, hier schon einmal den Zusammenhang der Maßnahmen der finanziellen Förderung der hessischen Kommunen durch das Land, wenn Sie so wollen, das finanzwirtschaftliche Design, kurz zu beschreiben.

Insgesamt stellt es sich als Maßnahmen-Triple dar, erstens für die Kommunen bestehend aus Abbau der Schuldenlast und Sicherstellung der Finanzkraft, zweitens das Finanzausgleichsgesetz, drittens die Erweiterung der Investitionsmöglichkeiten mit dem vorgesehenen Kommunalinvestitionsprogramm, das wir morgen in erster Lesung beraten werden.

Die hessischen Kommunen hatten im bundesweiten Vergleich sowohl die höchste Verschuldung als auch die höchsten Steuereinnahmen – eine Parallelität, über die man in der Tat noch vertieft diskutieren könnte. Jedenfalls schränkte die Situation die Handlungsfähigkeit bei vielen deutlich ein, sodass als erste Maßnahme diese Handlungsfähigkeit verbessert werden musste. Mit dem kommunalen Schutzschirmgesetz, welches, neudeutsch ausgedrückt, mit einer Kombination von Push- und Pull-Maßnahmen an die Kommunen herantrat, wurde dies 2012 umgesetzt.

Wir GRÜNE, ich sage es offen, waren damals skeptisch, konnten aber trotz Oppositionsstatus einige Verbesserungen anregen und am Ende so mit bewirken und das Gesetz keineswegs ablehnen. Aus heutiger Sicht lässt sich feststellen, dass sich der Kommunale Schutzschirm zum wirksamen Mittel zur Förderung der Entschuldung kommunaler Haushalte entwickelt hat und viele Kommunen auf den richtigen Weg in Richtung ausgeglichener Haushalte gebracht hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Dabei muss man sich darüber im Klaren sein, dass der Schutzschirm im Wesentlichen hilft, die Vergangenheit zu bewältigen, und damit nur mittelbar die finanzwirtschaftliche Gegenwart verschönert. Diese blüht nun aber durch die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs deutlich auf.

(Lachen bei der SPD –Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das können Sie dem Haushaltsplan 2016 präzise entnehmen. – Ich habe es Ihnen gerade erläutert.

Geradezu zum Dreiklang ergänzt wird die finanzielle Beziehung zwischen Land und Kommunen durch das Kommunalinvestitionsprogramm, welches wir als Koalitionsfraktionen morgen in Form des Investitionsprogrammgesetzes einbringen werden. Die Drucks. 19/2417 kennen Sie ja bereits.

Meine Damen und Herren, wenn man sich diese Politik des Landes gegenüber seinen Kommunen einmal ganz unaufgeregt anschaut, eine Politik übrigens, die über den letzten Regierungswechsel hinaus durchaus eine gewissen Kontinuität aufweist

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

– das bestreite ich gar nicht; in dieser Frage ja, nämlich wie man den Kommunen helfen kann –, warum fallen der Opposition dann so merkwürdige Kommentare dazu ein, wie wir sie jüngst lesen mussten, nämlich „Kommunalpolitik nach Gutsherrenart“, „Vergiftetes Geschenk“ und Ähnliches?

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Verehrte Kollegen Schmitt und Dr. Hahn – Ihre Presseerklärungen habe ich genommen –, wie wäre es, wenn Sie in der finanzpolitischen Debatte lieber Ihre Intelligenz bemühen statt die schon arg verrostete Phrasendreschmaschine?

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wäre es nicht besser, sich ernst zu informieren und dann zu kommentieren? Aber wir haben noch bis morgen Zeit. Vielleicht wird das alles noch ganz toll, und wir haben morgen eine qualitativ hochwertige Debatte zu dem Thema, wie wir den hessischen Kommunen gemeinsam gut helfen, und müssen uns nicht wieder in kleinkarierte Mäkelei verfangen.

(Norbert Schmitt (SPD): Jumbo im Tiefflug, kann ich da nur sagen! –Zuruf des Abg. Stephan Grüger (SPD))

Meine Damen und Herren, jenseits der Kommunalfinanzen – diesmal sind sie wirklich die herausragenden Elemente des Haushalts, der sich noch in größter Dynamik befindet, wie die Frage der Flüchtlingsbetreuung und ihre finanziellen Folgen – gäbe es noch viele weitere Aspekte im Haushalt zu betrachten, die in der Tat Gefahr laufen, vergessen zu werden. Ich will wenigsten die Beispiele markieren. Der Kollege Schmitt hat schon angedeutet, dass wir in der zweiten Lesung zu den Einzelplänen breiten Raum haben, dies fachbezogen zu erörtern.

Natürlich muss ich, will ich und werde ich an vorderer Stelle das Sozialbudget im Einzelplan 08 erwähnen, mehr als 70 Millionen Euro. Ich will aber nicht vergessen, auch kleinere Maßnahmen sind wichtig, z. B. der Ausbau der Antidiskriminierungsstelle.

An diesen kleinen oder auch großen Punkten, wenn Sie so wollen, Big Points, merken Sie, verehrter Herr Kollege Schmitt, dass Ihre Eingangsbehauptung, es habe sich nichts geändert, entweder eine getrübte Brille, eine vorgefasste, sozusagen eingeschworene Meinung oder keine Ahnung zur Begründung hat; auf jeden Fall stimmt sie mit den Fakten nicht überein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, in der Bildungspolitik – das haben wir heute schon mehrfach in verschiedenen Zusammenhängen gehört – wird im kommenden Jahr die Vereinbarung umgesetzt, die demografische Dividende im Schulsystem zu lassen. Ich muss das jetzt nicht vertiefen; darüber haben wir schon zwei Runden in Ausführlichkeit gedreht.

Was die Energiebereich angeht: Die Aufwendungen für die Energiewende wachsen auf fast 36 Millionen Euro. Es geht nicht nur um die Produktion erneuerbarer Energien, sondern es geht insbesondere auch um die Förderung der Einsparung von Energie.

Der Straßenbauetat ist natürlich ein Thema, das natürlich jede Rednerin, wenn wir denn solche hier hätten, und jeder Redner hier erwähnen muss. Natürlich ist das, was Sie bisher vorgetragen haben, nicht richtig. Sanierung und Erhalt der Landesstraßen haben bei uns Priorität. Aber ich habe es ganz zu Anfang gesagt, Stichwort: Verlässlichkeit. Verehrter Kollege Schmitt, nur als Hinweis: Diejenigen Verpflichtungen, die das Land gegenüber den Kommunen vertraglich eingegangen ist, mit dem interessanten Namen KIM 1 und 2, müssen abfinanziert werden.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Ich könnte auf die Idee kommen, zu sagen: „Da habt ihr Pech gehabt“. Das ist aber nicht unsere Politik, sondern Verlässlichkeit steht am Anfang. Demzufolge sind alle Vorrechnereien, das Dankeschön an Herrn Lenders usw. dummes Zeug, wenn man nicht das vorher abzieht und fragt: Wie sieht es dann aus?

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Dass dies über die Zeitabläufe von den Verträgen her unterschiedliche Quoten ergibt, sollte auch Ihnen klar sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Übrigens, für alle Freunde, die in Berlin mitregieren, noch einmal der Hinweis: Wenn der Bund uns die tatsächlichen Planungskosten für seine Maßnahmen in Hessen erstatten würde, hätten wir deutlich mehr für die Straßensanierung; da geht es immerhin um 40 Millionen € jährlich. Das Stichwort Brückensanierung kennen Sie auch.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Meine Damen und Herren, nicht nur in den genannten, sondern auch in anderen Bereichen arbeiten die Landesregierung und die Koalition das gemeinsame Programm ab. Da wir unsere Politik sorgfältig geplant und in der Koalition präzise verhandelt haben, kommt jetzt nicht so viel Spektakuläres neu hinzu. Das mag man bedauern; unter dem Öffentlichkeitsaspekt habe ich das schon getan. Aber man sollte umgekehrt auch nicht vergessen, welch hervorragende Entwicklungen von der Koalition angestoßen und vorangebracht werden. Da gibt es eine Vielfalt von Stichworten, die von der SPD auch wieder miesgemacht wird. Ich nenne auch wenige Beispiele: die Biodiversitätsstrategie im Umweltbereich oder auch die Stichworte LOEWE und Hochschulpakt im Hochschulbereich.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Zeigen Sie mir einmal ein anderes Bundesland, insbesondere da, wo die Sozialdemokratie Mitverantwortung trägt, das im Hochschulbereich mehr tut als wir. Das würde ich gerne wissen. Dann könnte man darüber streiten, was noch zu verbessern ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, dies alles bringt aber keine ernst zu nehmende Kritik der Opposition, denn sie nennt keine bessere Alternative, sondern immer nur das, was ihr nicht passt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Gehen Sie doch einmal einen Schritt weiter und sagen Sie, wie Sie es gern hätten.

Es ist nicht alternativlos. Nichts in der Politik ist alternativlos,

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

es sei denn, wir haben eine Opposition, die nicht in der Lage ist, eine Alternative zu formulieren. Das ist das Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU –Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Deshalb wünsche ich mir eine streitfähigere Opposition mit Argumenten und Ideen. Davon hätten nämlich alle etwas. Im letzten Jahr habe ich an dieser Stelle schon Ähnliches geäußert und angekündigt, dass wir ebenso geduldig wie selbstbewusst auf Ihre formulierten Alternativen zu unserer Politik warten: Eine Ansage, was man besser machen könnte, hätten wir gerne.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Heute muss ich feststellen: Unser Warten war vergebens. Es kommt mir ein bisschen so vor, als ob sich die Opposition in diesem Landtag ihre alternativen Politikkonzepte für Hessen von Godot liefern lässt.

Meine Damen und Herren, darüber wundern wir uns lieber nicht, sondern handeln, indem wir auch im dritten Jahr in Hessen verlässlich gestalten und Perspektiven eröffnen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann.