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03.04.2014

Eva Goldbach: Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums in Hessen

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Wilken, wir stimmen Ihnen völlig darin zu, dass es nicht zulässig ist, den öffentlichen Raum mit Kameras zu überwachen, die an Häusern von Gewerbetreibenden oder Privaten befestigt sind und nicht nur deren Grundstücke und Häuser überwachen, sondern auch den öffentlichen Raum. Das ist keine Frage. Da sind wir uns einig. Deshalb wollen wir jetzt sorgfältig abwägen, welches das Mittel der Wahl ist, um die unzulässige Überwachung des öffentlichen Raums zu verhindern.

Schauen wir uns einmal an, wie es aussehen würde, wenn wir uns ein solches von Ihnen vorgeschlagenes Verzeichnis erstellen lassen würden. Sie haben in Ihrem Entschließungsantrag geschrieben, es solle ein Verzeichnis aller Kameras sein. Das heißt, das betrifft Kameras unabhängig davon, ob sie Privaten, Gewerblichen oder der öffentlichen Hand gehören. Soweit ich weiß, betreibt das Land Hessen nur zwei.

Das Problem bei der Erfassung besteht schon einmal darin, dass die privaten Kameras nicht meldepflichtig sind. Das heißt, es ist ungeheuer schwer, erst einmal darauf zu kommen, wie viele es sind und wo sie hängen. Dann müsste man überprüfen, ob das wirklich Kameras sind, die aufzeichnen, oder ob das vielleicht Attrappen sind. Es ist also tatsächlich technisch schwer durchführbar.

Was könnte das für Folgen haben? Das könnte zu einer Vollständigkeitsneurose oder zu einer Vervollständigungsneurose führen. Denn wenn wir ein Kataster hätten, in dem die Kameras aufgelistet sind, die den öffentlichen und privaten Raum überwachen, würde das natürlich gerade diejenigen, von denen wir das nicht wollen, dazu verleiten, die Überwachungslücken zu schließen, da also zu vervollständigen, damit eben diese Überwachungsprofile, die wir alle nicht haben wollen, möglich werden. Was würde denn die privaten Betreiber bzw. Inhaber der Kameras tun, wenn wir sie denn in einem Kataster erfassen würden?

Im Zweifel würden sie gar nichts tun. Sie würden die Kameras ganz gewiss nicht abbauen. Eine Anzeige beim Hessischen Datenschutzbeauftragen führt aber dazu – und das ist unseres Erachtens der richtige Weg –, dass z. B. die Kameras, Herr Hahn hat es vorhin schon erwähnt, mit Sichtblenden versehen werden, um zu verhindern, dass sie einen Teil des öffentlichen Raumes mit filmen. Das ist so z. B. an der Alten Oper passiert. Der Hessische Datenschutzbeauftragte nimmt alle Meldungen über Kameras, die illegal den öffentlichen Raum überwachen, an, überprüft sie, macht eine Vor-Ort-Besichtigung und leitet Maßnahmen ein, um die unzulässige Überwachung zu verhindern oder abzustellen. Das ist für uns der richtige Weg.

Wir wissen auch, dass die Polizei diese Aufnahmen nutzt, auch die von nicht öffentlichen Kameras. Das gelingt aber auch deshalb, weil eben die Kriminellen nicht wissen, wo diese Kameras aufgehängt sind. Kriminalität hat eben die Eigenschaft, in Nischen stattzufinden, in denen sich die Kriminellen unbeobachtet fühlen. Das sind Nischen, in denen keine Kameras hängen. Wenn nun bekannt wird, wo überall im öffentlichen Raum keine Kameras hängen, könnte das sogar zu einer Nischenkriminalität führen. Wir wissen auch, dass z. B. das Drogenmilieu sich gern in solchen Bereichen ansiedelt. Das muss nicht so sein, aber das ist bei der Abwägung zu berücksichtigen. Es könnte sein.

Wir kommen zu dem Schluss, dass es nicht das richtige Mittel ist, ein Kataster beim Innenministerium erstellen zu lassen, sondern dass wir die bewährte Arbeit des Hessischen Datenschutzbeauftragten weiterhin unterstützen. Wir finden es auch ausdrücklich gut, dass die Organisation Datenschützer Rhein-Main ihn auch unterstützt und dort Meldungen macht, die er dann weiterverfolgt. Das unterstützen wir. Aber ein solches Kataster könnte ganz unerwünschte Wirkungen haben, und deshalb lehnen wir es ab.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb können wir in dem Antrag, den die FDP vorgelegt hat, ausdrücklich die Punkte 1 bis 3 unterstützen, den Punkt 4 aber nicht. Bei der LINKEN gilt: Wir lehnen Ihren Antrag ab, aber wir unterstützen wie gesagt ausdrücklich die Intention, die dahintersteckt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

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