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24.09.2014

Eva Goldbach: Kommunen fair, transparent und zukunftsfähig finanzieren

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren, liebe Frauen! Wir haben hier einen Antrag der SPD vorliegen, der vorsorglich Kritik übt an etwas, was überhaupt noch nicht bekannt ist. Ich denke, Ihr Antrag hat nur eines zum Ziel, nämlich von vornherein klarzustellen, dass Sie dagegen sein werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Egal, wie die ersten Berechnungen zum bedarfsgerechten KFA aussehen werden, die Finanzminister Schäfer in Kürze vorlegen wird, Sie sind dagegen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es reicht nicht, dass Sie schlechte Stimmung verbreiten. Herr Schmitt, Sie reisen auch noch durch die Kommunen. Ich zitiere aus dem Gießener Anzeiger von vorgestern. Darin steht, dass Sie dem SPD-Bürgermeisterkandidaten erzählen:

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Gerade weil Pohlheim ordentlich gewirtschaftet und einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt habe, würden voraussichtlich die Schlüsselzuweisungen des Landes gekürzt. Dies hätte wiederum zur Konsequenz, dass kommunale Steuern und Gebühren erhöht werden müssten.

Am Ende sagen Sie:

Damit wird die kommunale Selbstverwaltung zerstört …

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Schmitt, Ihre düsteren Prophezeiungen entbehren jeglicher Grundlage

(Beifall und Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

und Sie erinnern an Szenarien mittelalterlicher Weltuntergangspropheten. Wir arbeiten mit Zahlen, Daten und Fakten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Deswegen hat das Finanzministerium über den gesamten bisherigen Prozess bei der Erarbeitung der Berechnungsgrundlagen die kommunale Familie eng eingebunden.

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Sie wissen, wer daran beteiligt ist: alle Kommunalen Spitzenverbände. Sie haben die Aufgabenanalyse mitentwickelt und eng mitgearbeitet. Sobald die ersten Zahlen vorliegen werden, wird die Landesregierung in einem konstruktiven Dialog mit allen Parteien an der weiteren Ausgestaltung arbeiten. Sie sind herzlich eingeladen, daran mitzuarbeiten. Aber was machen Sie? Sie geben vorsorglich bekannt, dass Sie nicht einverstanden sind und verweigern sich einer konstruktiven Zusammenarbeit.

(Zurufe der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Norbert Schmitt (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)

Da fragt man sich doch, warum Sie das machen. Ich habe da so einen Verdacht: Es könnte sein, dass das Ergebnis richtig gut ist, und dann haben Sie ein Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Lachen bei der SPD)

Kommen wir zu einigen Punkten in Ihrem Antrag. Sie schreiben in Punkt 1, die Selbstverwaltung sei bedroht. Sie behaupten, die Landesregierung käme ihrer Verpflichtung nach Art. 137 Abs. 5 Hessische Verfassung nicht nach,

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

die Kommunen ausreichend zu finanzieren. Es ist richtig, dass das Land eine für alle Kommunen auskömmliche Regelung zu treffen hat, damit diese ihre Aufgaben erfüllen können. Es gibt aber in diesem Artikel ein weiteres Strukturmerkmal, auf das Sie nicht weiter eingehen. Dabei geht es um die Finanzkraftabhängigkeit. Dort steht:

Der Staat hat den Gemeinden und Gemeindeverbänden die zur Durchführung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Geldmittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern.

Dort steht „im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern“. Das heißt eben nicht, das Land hat alles zu bezahlen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Das bedeutet, dass auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes zu berücksichtigen ist. Das Land gibt den Gemeinden die Geldmittel, die sie benötigen, unter dem Vorbehalt der eigenen Leistungsfähigkeit. Das schränkt das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in keiner Weise ein.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Lesen Sie einmal einen Kommentar dazu. Sie tun so, als hätte das Land unbegrenzte Mittel, die es in den KFA geben könnte. Ich empfehle Ihnen, einmal einen Blick in den Haushaltsplan zu werfen. Da sind keine Überschüsse, die wir verteilen können. Wir müssen weiterhin eine sehr disziplinierte Haushaltspolitik betreiben, um die Ziele der Schuldenbremse einhalten zu können. Ich erinnere mich doch richtig, dass auch Sie der Schuldenbremse zugestimmt haben.

(Zurufe von der SPD)

Sie fordern an allen Ecken und Enden mehr Geld. Ich zähle beispielhaft ein paar auf. Straßenbau: plus 42 Millionen Euro. Kinderbetreuung: plus 20 Millionen Euro. Asyl: plus 50 Millionen Euro. Da sind wir schon bei 112 Millionen Euro. Noch nicht beziffert ist Ihre Forderung für mehr Geld in den KFA, oder für mehr Personal in den Krankenhäusern. Solide Haushaltspolitik heißt eben nicht nur zu sagen, welche Aufgaben wir finanzieren wollen, sondern auch, wie wir sie finanzieren wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Unter Ihrem Punkt „besorgniserregender Zustand hessischer Kommunen“ greifen Sie ein paar Zahlen aus den statistischen Daten heraus, um Ihre Argumentation zu stützen. Aber Sie lassen auch ein paar Zahlen weg. Das hat Herr Schork vorhin deutlich dargestellt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Nicht nur das Finanzierungsdefizit ist im Ländervergleich in Hessen hoch,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

sondern auch die Einnahmen der hessischen Kommunen sind im Ländervergleich in Hessen sehr hoch und eben auch die Ausgaben pro Aufgabe. Gleichzeitig haben wir im Jahr 2014 im KFA die Rekordsumme von 4,03 Milliarden €, so hoch war das noch nie. Das zeigt doch, dass wir in Hessen nicht nur ein Einnahmeproblem haben, wie Sie das gerne darstellen, sondern wir müssen auch genau hinschauen, dass sich die Kommunen sehr unterschiedlich entwickeln. Das ist das Problem.

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, der Kollegin Norbert Schmitt möchte Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

(Eva Goldbach: Ich möchte meine Zeit gerne sinnvoll nutzen!)

Mögen Sie nicht, dann ist es auch gut.

Eva Goldbach:

Wir müssen in Hessen zwischen einnahmestarken und einnahmeschwachen Kommunen unterscheiden. Wir müssen sie differenziert betrachten. Wir können nicht alle über einen Kamm scheren. Das ist genau das Problem, dass diese Schere zwischen starken und schwachen Kommunen immer weiter auseinandergeht. Genau dafür ist der bedarfsgerechte KFA ein gutes Instrument. Er bietet die Chance, dass im horizontalen Ausgleich die unterschiedlichen Entwicklungen abgemildert werden. Klar ist aber auch, der KFA wird nicht alle Probleme der Kommunen lösen.

Sie erinnern gerne und immer wieder an den Entzug der 350 Millionen Euro. Auch das ist reine Vergangenheitsbewältigung. Der Staatsgerichtshof hat dazu nicht gesagt, ob es zulässig ist oder nicht.

Herr Hahn, wir GRÜNEN haben nie gesagt, dass dieses Geld zurückgezahlt werden solle oder dem KFA nicht entzogen werden solle. Da irren Sie.

Zu Ihren Ausführungen zum Schutzschirm sind nur zwei Dinge anzumerken.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Lesen Sie doch einmal Ihren Antrag! – Der Schutzschirm zwingt die betroffenen Kommunen nicht zu Leistungskürzungen und Streichungen. Das Land hat in Verträgen Konsolidierungsziele vereinbart. Das ist etwas anderes.

(Lachen der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Zweitens kritisieren Sie, dass der Schutzschirm nicht zu einer dauerhaft angemessenen Finanzausstattung der Kommunen führt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das soll er auch gar nicht. Haben Sie einmal gelesen, was das eigentliche Ziel des Schutzschirms ist? Das ist das Wiederherstellen der finanziellen Leistungsfähigkeit der konsolidierungsbedürftigen Kommunen durch Entschuldung und Zinsdiensthilfen.

Zum „Herbsterlass“ hat auch Kollege Schork schon das Richtige gesagt. Dazu möchte ich mich jetzt nicht wieder äußern.

Ich komme noch einmal zum Punkt „Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen“. Ich finde, es ist schon ein richtiges Signal, dass das Land Hessen die Sätze um 15 % anhebt. Herr Grüttner hat auch schon angedeutet, dass er weiterhin im engen Kontakt und im Dialog mit den Kommunen ist und prüft, wie man den Kommunen weiterhin helfen kann.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Das wird auch sicherlich so passieren. Weil wir aber einen Haushalt haben, können wir nicht so eben einmal sagen: Von jetzt auf gleich werden weitere Millionenbeträge locker gemacht.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das wissen Sie ganz genau, aber Sie stellen es so dar. Herr van Ooyen, Haushaltspolitik scheint ohnehin nicht Ihre Stärke zu sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Noch ein Letztes zum Punkt Sport. Die beiden Minister, Herr Beuth und Herr Schäfer, haben ganz klar gesagt: Das Land wird an seiner Sportförderung im bisherigen Umfang festhalten.

(Zurufe der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Timon Gremmels (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Meine Damen und Herren, das Wort hat die Frau Kollegin.

Eva Goldbach:

Dankeschön. – Das Land ist sich seiner Verpflichtung zum Schutz und zur Förderung des Sports voll bewusst. Auch die beiden Regierungsfraktionen sind das. Wir werden den Sport weiterhin unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dass Sport ein Verfassungsziel ist, haben wir auch nie angezweifelt.

(Widerspruch von der SPD)

Allerdings muss man dazu auch sagen: Zeigen Sie mir einmal, wo früher stand, bevor wir mit der Neuordnung des KFA begonnen haben, dass Sport eine Pflichtaufgabe ist.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Eva Goldbach:

Ich komme zum Ende und sage: Liebe Kolleginnen und Kollegen aller Parteien, von SPD, von der LINKEN und von der FDP, lassen Sie uns gemeinsam in einem konstruktiven Dialog zukunftsorientiert an der Neuordnung des KFA für unsere hessischen Kommunen arbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank.

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