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23.06.2010

Ellen Enslin zum Zensusgesetz

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwar handelt es sich bei diesem Gesetz nur um ein Ausführungsgesetz für eine EU-Verordnung, die hier in nationales Recht umgesetzt werden soll. Durch das Stichprobenverfahren werden erheblich weniger Menschen befragt als in vorherigen Projekten. Aber immerhin müssen 17,8 Millionen Gebäudeeigentümer und 8,2 Millionen Bürger Angaben machen. Es sind also nicht so ganz wenige.

Was wir sehr bedauern, ist, dass die damalige Bundesregierung über die EU-Vorgabe hinausgegangen ist. Bei der Stichprobe ist man z. B. auf 10 Prozent anstatt nur auf 8 Prozent gegangen. Oder: Man möchte die Religionszugehörigkeit mit abfragen.

Auch wir sehen im Gegensatz zu den LINKEN die Notwendigkeit, nach fast 30 Jahren die Bevölkerungszahlen zu aktualisieren und an den Ist-Zustand anzupassen, um amtliche belastbare Bevölkerungszahlen zu erhalten. Natürlich gibt es Fragen, die ausreichend beantwortet werden müssen. Es besteht z. B. die Frage, wie der Grundsatz der Abschottung bei den Erhebungsstellen eingehalten wird, welche Konsequenzen sich daraus ergeben und wie es die Landesregierung mit dem Konnexitätsprinzip hält.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Erhebungsstellen müssen räumlich und organisatorisch von anderen Verwaltungsstellen getrennt werden. Ebenso dürfen die mit der Erhebung beauftragten Mitarbeiter nicht mit anderen Verwaltungsarbeiten betraut sein. Sie dürfen nur für den Zensus 2011 eingesetzt werden. Das führt zu erheblichen Kosten, die zum derzeitigen Zeitpunkt noch gar nicht exakt beziffert werden können.

Mit dem Hinweis auf die angeblichen Vorteile für Kommunen und Landkreise konnte die Kritik der Kommunalen Spitzenverbände nicht ausgeräumt werden. Nicht ein ernst zu nehmender Vorteil konnte in der Anhörung genannt werden. Die korrekte Einwohnerzahl als Grundlage für die Besoldung der Bürgermeister zu nennen, ist wirklich ein bisschen mager. Natürlich muss das Land das Prinzip der Konnexität einhalten und darf sich nicht vor seiner finanziellen Verantwortung drücken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können die Kritik der Kommunalen Spitzenverbände nachvollziehen, die erhebliche Befürchtungen haben, dass wieder ein Gesetz zulasten von Kommunen und Landkreisen umgesetzt werden soll. Ich denke, das hat vielleicht auch mit der schlechten Erfahrung mit dieser Landesregierung zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu Recht haben die Kommunalen Spitzenverbände darauf hingewiesen, dass aufgrund der verschärften Leitlinien zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte die Spielräume für Personaleinstellung erheblich eingeschränkt wurden, jetzt aber qualifiziertes Fachpersonal für diese Erhebung benötigt wird. Die im Gesetzentwurf bezifferten zusätzlichen Kosten für die Kommunen sind mit 15 Millionen Euro angegeben. Es kann aber durchaus noch teurer werden, wie wir in der Anhörung zu hören bekamen.

Wir erwarten, dass auskömmliche Regelungen für die Kommunen geschaffen werden und die Kommunen nicht draufzahlen. Ich finde es erfreulich, dass die CDU-FDP-Koalition Ergebnisse aus der Anhörung mit aufgenommen hat und dass jetzt die Kommunen in pauschalierter Form eine Kostenerstattung bekommen sollen.

Es darf aber nicht vergessen werden, dass die damalige Bundesregierung von CDU und SPD dieses Bundesgesetz mit heißer Nadel gestrickt hat. Zu Recht hat der Bundesdatenschutzbeaufrage Peter Schaar kritisiert, dass in den Sonderbereichen Gefängnisse, psychiatrische Einrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte der Datenschutz nicht gewährleistet ist, weil diese Daten nicht anonymisiert erhoben werden, und dass Anschriften und Gebäuderegister eher zweckentfremdet genutzt werden.

Auf diese erheblichen Defizite haben wir im Bundestag, aber auch hier in diesem Hause hingewiesen. Wenn die finanziellen Belastungen für die Kommunen jetzt geregelt scheinen, bleiben unsere grundsätzlichen Bedenken bestehen, dass die Vorgaben des Volkszählungsurteils von 1983 nicht eingehalten werden können. Aus diesem Grund werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank, Frau Kollegin Enslin.

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