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20.05.2010

Ellen Enslin zu: Vorfahrt für Datenschutz in Hessen – Google braucht klares Stoppschild

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerade bei der flächendeckenden Erhebung von sogenannten Geodaten durch Google Street View wurde ersichtlich, dass das Bundesdatenschutzgesetz nicht ausreicht und dass sich der Hamburger Datenschutzbeauftragte über die Krücke einer vereinbarten Selbstverpflichtung retten musste.

So sagte Google zwar zu, die Gesichter und die Kfz-Kennzeichen der Betroffenen unkenntlich zu machen. Aber der jüngste Datenskandal bei Google zeigt, wie ernst dieses Unternehmen den Datenschutz wirklich nimmt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Blindes Vertrauen und Zaghaftigkeit sind hier die falschen Ratgeber. Vielmehr ist doch die Notwendigkeit offensichtlich, eine gesetzliche Regelung für die sogenannten Geodaten zu schaffen, besonders nachdem der Konzern zerknirscht eingestanden hat, dass auch E-Mail-Fragmente und abgerufene Webinhalte gespeichert worden sind.

Seit drei Jahren hat Google auf diesen Fahrten in mehr als 30 Ländern nicht nur Panoramaaufnahmen von der Umgebung gemacht, sondern gleich auch noch WLAN-Netzwerke registriert. Angeblich soll es sich nur um Bruchstücke von Netzdaten handeln und nicht um verschlüsselte Daten; aber der Vertrauensverlust ist enorm, und es besteht dringender Handlungsbedarf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Zu Recht gibt es einen großen Protest dagegen, mit welcher Leichtfertigkeit und mit welch ungebremster Datensammelwut der Datenschutz hier ausgehebelt worden ist. Mittlerweile sind die ersten Klagen gegen Google eingereicht worden. Google musste auf Anweisung der zuständigen Aufsichtsbehörden die ersten Daten löschen. Auch in Hamburg wird jetzt aufgrund einer Anzeige wegen des Abfangens von Daten ermittelt.

Bei dem, was in der Presse als „Google-Gate“ bezeichnet worden ist, helfen auch keine billigen PR-Aktionen wie die, schwarze Autos von Nachwuchskünstlern bemalen zu lassen, sondern nur klare gesetzliche Vorgaben wie die, die vom Hamburger Justizsenator eingebracht worden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb wollen wir uns auch nicht länger mit sogenannten Selbstverpflichtungen abspeisen lassen, die aus welchen Gründen auch immer nicht eingehalten werden. Wir fordern vielmehr, dass die Lücken im Bundesdatenschutzgesetz geschlossen werden. Denn wir haben unsere persönlichen und eigenen Erfahrungen mit Selbstverpflichtungen in der Wirtschaft gemacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Herr Kollege Greilich, ich bin dankbar, dass Sie zugegeben haben, dass das mit der Selbstverpflichtung in der Wirtschaft nicht geklappt hat. Aber dann müssen Sie sich auch folgende Frage gefallen lassen – denn es handelt sich um das Bundesdatenschutzgesetz, das geändert werden soll –: Welche Initiative ergreifen Sie denn auf Bundesebene? – Wenn ich es richtig sehe, tragen Sie auch da Verantwortung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das Bundesland Hamburg hat hierzu einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der bei Annahme den Betroffenen endlich eine rechtliche Handhabung bieten würde. Unternehmen müssten dann Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich machen, bevor diese Bilder ins Internet gestellt werden dürfen. Zudem müssten die Fahrten einen Monat vorher bei den Aufsichtsbehörden und in der Öffentlichkeit angezeigt werden. Ebenso sollen Hauseigentümer und Mieter ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht gegen die Abbildung ihrer Gebäude haben. Bei Verstößen wäre die Verhängung von Bußgeldern möglich.

Natürlich würde das nicht nur Google betreffen, sondern auch andere private Unternehmen, die z. B. Navigationssysteme anbieten und die erzeugten Geodaten nutzen.

Vorfahrt für den Datenschutz in Hessen – Google braucht klares Stoppschild

Das wird es nur mit einer Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes geben. Das wäre nötig, um den Konzern an die Leine zu legen, wie es der Hamburger Justizsenator Till Steffen so treffend formulierte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb bitten wir um Zustimmung für unseren Antrag, der vorsieht, dass die Hessische Landesregierung dem Hamburger Gesetzentwurf im Bundesrat zustimmen soll.

Die Entwicklung im Internet schreitet rasant schnell voran. Deshalb muss es eine vordringliche Aufgabe sein, eine Lösung für die Geodatenbanksysteme zu finden. Denn damit können Persönlichkeitsprofile aus dem Internet erstellt werden. Nur so können Datenschutz und Persönlichkeitsrechte gestärkt werden – je schneller, umso besser.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Dass in den weiteren Verhandlungen der Länder auch Vorschläge in puncto soziale Netzwerke eingebracht werden sollen, begrüßen wir ausdrücklich. Denn was z. B. bei Facebook geplant wird hinsichtlich der Frage, welche Daten da abgefragt werden sollen, und welche mittlerweile schon vernetzt werden oder in Zukunft vernetzt werden sollen, das stellt das, was Google macht, in den Schatten. Der von den Fraktionen der CDU und der FDP eingebrachte Änderungsantrag behandelt genau dieses Thema. Wir finden es erfreulich, dass wir hier gemeinsam für den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger aktiv werden.

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Ellen Enslin:

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP)