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20.11.2012

Ellen Enslin: Änderung des Gesetzes über kommunale Abgaben

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir sehen die große Not der Kommunen bei der Finanzierung der Gemeindestraßen. Gerade vor dem Hintergrund, wenn ein defizitärer Haushalt vorliegt, muss nach dem Konsolidierungserlass von 2010 vom Innenministerium eine Straßenbeitragssatzung erlassen werden, wenn noch keine gilt. Bisher ist es nach dem Kommunalabgabengesetz nur möglich, durch einen einmaligen Beitrag eine solche Straßenabgabe zu machen. Dies führt bekanntlich häufig zu großen Härten bei den Grundstückseigentümern, wenn bis zu fünfstellige Beträge gezahlt werden müssen.

Auch wir haben in wiederkehrenden Straßenbeiträgen über das gesamte Stadtgebiet ein zukünftiges, von der Bürgerschaft akzeptiertes Finanzierungsinstrument gesehen. So können alle Grundstückseigentümer solidarisch in der Kommune an den Kosten der Straßenerneuerung beteiligt werden.

Als die SPD letzten Jahres ihren Gesetzentwurf zu den wiederkehrenden Straßenbeiträgen eingebracht hat, hatten wir große Sympathie für den Gesetzesvorschlag. Alle Grundstückseigentümer in einer Stadt an den Straßenausbaukosten zu beteiligen, schien uns eine gute Lösung zu sein. Allerdings haben wir da schon die Einschränkung gemacht, dass neben der Wahlfreiheit für die Kommunen auch die Rechtssicherheit gewährleistet sein muss.

Die Landtagsanhörung dazu hat uns sehr nachdenklich gemacht. Es scheint, so einfach ist hier keine Lösung zu finden. Renommierte Verfassungsrechtler haben in der Anhörung die Ansicht vertreten, dass es sich bei der Ausweitung auf das gesamte Stadtgebiet um eine Steuer handelt, weil kein konkreter Nutzen für den Einzelnen nachgewiesen werden kann. Somit würde diese Abgabe den Charakter einer Steuereinnahme einnehmen, und es wäre verfassungswidrig.

So liegt denn auch der von der SPD vorgeschlagene Gesetzentwurf, der als Grundlage die derzeitige Regelung in Rheinland-Pfalz hat, zurzeit beim Bundesverfassungsgericht und wird dort beklagt. Mit der Beschränkung auf kleinere Berechnungsgebiete im funktionalen Zusammenhang wollten CDU und FDP in ihrem Gesetzentwurf genau dieses Problem beheben.

Aber auch hier hat die Anhörung gezeigt – so eindeutig sind die Anzuhörenden eben nicht gewesen –, dass dies auch keine tragfähige Lösung zu sein scheint, zumal die Anzuhörenden der kommunalen Vertreter in der Anhörung glaubhaft versicherten, dass damit zu rechnen ist, dass unzufriedene Grundstückseigentümer gegen die Festlegung der Abrechnungsgebiete klagen werden, weil sie darin keinen konkreten Nutzen sehen.

Tatsächlich müssten extrem kleine Abrechnungsgebiete gebildet werden, um insoweit erfolgreich bestehen zu können. Das wäre mit sehr viel Verwaltungsaufwand für die Kommunen verbunden. Die benötigte Rechtssicherheit für alle Kommunen würde so auch nicht gegeben sein.

Ich denke, auch das muss man noch einmal sagen: Bevor Rheinland-Pfalz die Regelungsvariante der SPD übernommen hat, gab es dort eine andere Variante. Da war es gerade so, dass kleine Abrechnungsgebiete gebildet wurden, um den funktionalen und räumlichen Zusammenhang herzustellen. Aber das hat sich in der Praxis nicht bewährt. Diese Variante wurde permanent beklagt, weswegen man in Rheinland-Pfalz der Meinung war, mit der Ausdehnung auf das gesamte Stadtgebiet hätte man die Lösung gefunden.

Das bedeutet, unsere Forderung, durch eine Öffnung des § 11 des Gesetzes über kommunale Abgaben den Kommunen eine echte Wahlmöglichkeit und Rechtsicherheit zu geben, kann mit den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen so nicht erreicht werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Kommunale Abgabengesetz ist eine komplizierte Materie. Deshalb ist es auch besonders bedauerlich, dass die Fraktionen der CDU und FDP, nachdem sie kurzfristig einen Änderungsantrag zur kommunalen Anstalt eingebracht haben, der das Ziel hat, diese auch für interkommunale Zusammenarbeit nutzen zu können, keine ausreichende Beratungszeit gewährt haben und auf Abstimmung bestanden haben. Es waren gerade die Fraktionen der CDU und der FDP, die wegen Diskussionsbedarf über das Kommunale Abgabengesetz in den eigenen Reihen mehrmals Vertagung verlangt hatten.

Präsident Norbert Kartmann:

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ellen Enslin:

Abschließend möchte ich noch einmal feststellen, dass wir GRÜNEN uns für eine echte Wahlfreiheit der Kommunen bei den wiederkehrenden Straßenbeiträgen einsetzen. Gegebenenfalls müssten wir abwarten, wie das Bundesverfassungsgericht über die Regelung in Rheinland-Pfalz entscheidet. Die Zeit dafür muss man sich halt nehmen.

Dann muss eine Öffnungsklausel zum Kommunalen Abgabengesetz geschaffen werden, die eine verfassungskonforme und rechtssichere Regelung ist, damit die Kommunen eine echte Alternative haben, die auch Bestand hat.

Aus diesen Gründen können wir den vorliegenden Vorschlägen nicht zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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