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30.01.2013

Ellen Enslin: 40. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Datenschutz hat in Hessen eine lange Tradition. Der Datenschutzbeauftragte hat es schon angesprochen: Willi Birkelbach, der erste Hessische Datenschutzbeauftragte, verfasste den Entwurf für das erste Hessische Datenschutzgesetz und damit auch für das erste gesetzliche Datenschutzregelwerk in der Welt. – Sie sehen, der Datenschutz spielt in Hessen eine ganz besondere Rolle. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein, und das sollte auch unser Anspruch sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Heinz (CDU) und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Mit dem 40. Datenschutzbericht liegt uns erstmals ein Bericht vor, der sich auch mit dem Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich befasst. Seit Juli 2011 ist der Hessische Datenschutzbeauftragte durch die Zusammenlegung von öffentlichem und privatem Datenschutz auch hierfür zuständig.

Dem Hessischen Datenschutzbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchte ich an dieser Stelle für die geleistete Arbeit ganz besonders danken. Frau Faeser hat es schon gesagt: Die Umstände sind noch nicht optimal, aber wir arbeiten daran. Wenn wir sehen, dass sie über 3.600 Beratungen per Telefon hatten, kann man sagen: Der Bedarf ist groß. – Ich freue mich, dass Sie das unter den noch nicht so guten Umständen so hervorragend geschafft haben. Dafür noch einmal herzlichen Dank von unserer Seite.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Der private Datenschutz wird in der Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Persönliche Daten werden massenhaft erhoben und ausgewertet. Das Internet ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Das bedeutet aber auch, dass Gefahren beim Umfang mit den persönlichen Daten lauern. Hier gilt es, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ernst zu nehmen und die Persönlichkeitsrechte zu wahren. Gerade die sogenannten kostenlosen Internetdienste sind alles andere als kostenlos. Dort zahlen die Nutzerinnen und Nutzer mit ihren persönlichen Daten. Für soziale Netzwerke sind die persönlichen Daten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine lukrative Ware bei ihren Geschäften mit der Werbewirtschaft.

Unter dem Stichwort „Big Data“ wird schon die nächste Stufe eingeleitet. Insgesamt 25,5 Milliarden € sollen in diesem Jahr weltweit investiert werden, damit immer mehr Computer, Menschen und Geräte ununterbrochen Daten senden und riesige Server-Farmen diese dann aufzeichnen. Für eine Sensibilisierung der Menschen beim Umgang mit ihren persönlichen Daten zu werben und hier die Datensparsamkeit zum Prinzip zu machen, wird eine vordringliche Aufgabe der Zukunft sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Prof. Ronellenfitsch hat sich besonders konstruktiv in die Diskussion um die EU-Datenschutz-Grundverordnung eingebracht und darauf aufmerksam gemacht, wo die Kommission über das Ziel hinausschießt und unser hohes Datenschutzniveau gefährdet. Grundsätzlich begrüßen wir, dass es europaweit einheitliche und durchsetzbare Auskunfts- und Korrekturansprüche geben soll. Wir begrüßen auch, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihrer Einwilligung die Verarbeitung an Bedingungen knüpfen und diese sogar zeitlich befristen können. Mittlerweile besteht aber die Gefahr, dass die Einwilligungsregelung durch die Widerspruchslösung verwässert werden soll, weil natürlich auch die Lobbyisten nicht untätig geblieben sind. Da müssen wir gemeinsam am Ball bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Heinz (CDU) und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Lassen Sie mich noch auf einige Punkte im Bericht des Datenschutzbeauftragten zu sprechen kommen. Selbst der Hessische Landtag muss beim Datenschutz achtsam sein. Oft werden Bilder von Besuchsgruppen, auch von Schulklassen, ins Internet gestellt und in Broschüren abgedruckt. Das wurde in der Vergangenheit etwas locker gehandhabt. Der Datenschutzbeauftragte hat das Problem erkannt. Mit der Widerspruchslösung über die Schulen sind wir jetzt auf der sicheren Seite.

Auch bei der Speicherung von DNA-Analysen in der Polizeipraxis hat es in der Vergangenheit Beanstandungen des Datenschutzbeauftragten gegeben. Kollegin Faeser ist darauf näher eingegangen. Hier fehlte unter anderem die notwendige Dokumentation. Die Landesregierung hat zugesagt, für die Polizeipräsidien einheitliche Verfahrensvorschläge zu erarbeiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Landesregierung, wir werden in der nächsten Sitzung des Unterausschusses Datenschutz nachfragen, wie weit Sie sind, denn das ist wirklich ein sehr wichtiges und sensibles Thema.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Auch den Recherchen von Jobcentern in sozialen Netzwerken hat der Hessische Datenschutzbeauftragte einen Riegel vorgeschoben. Diese Daten dürfen nur mit der Kenntnis der Betroffenen erlangt werden. So könnten nämlich auch Daten erlangt werden, die in keinem Zusammenhang mit der sozialgesetzlichen Aufgabe der Behörde stehen. Ich danke Ihnen, Herr Datenschutzbeauftragter, dafür sehr.

Der Datenschutzbeauftragte ist auch auf den unzulässigen Fingerprint beim Schwimmbadzugang im Freibad von Bad Orb eingegangen. Die Überprüfung der Praxis in diesem Freibad führte zu einer förmlichen Beanstandung, weil keine Rechtsgrundlage für die Fingerprinterfassung vorhanden war. Auch dafür möchte ich Ihnen ganz herzlich danken. Es geht hier immerhin um biometrische Daten. Damit sollte man ganz besonders sensibel umgehen. Sie eignen sich überhaupt nicht für eine Einlasskontrolle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD) und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Insgesamt bleibt festzustellen: Die Anforderungen an die Kontrolle durch den Datenschutz werden in Zukunft noch weiter steigen. Der private Datenschutz ist vor dem Hintergrund von „Big Data“ ein riesiger Wachstumsmarkt. Da müssen wir die Dinge mit entsprechender Aufmerksamkeit und auch kritisch hinterfragen. Durch die Zusammenlegung von öffentlichem und privatem Datenschutz unter einem Dach haben wir in Hessen eine gut aufgestellte, unabhängige oberste Landesbehörde geschaffen, die kompetent und konsequent einen kritischen Blick auf diese Entwicklung werfen wird.

Wir danken Ihnen, Herr Prof. Ronellenfitsch, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit. Unsere Unterstützung haben Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Enslin.