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04.03.2010
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May zur einer Anhörung des Hessischen Landtags zur Regulierung von Lobbyismus

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, das Thema Lobbyismus ist zu wichtig, als dass man ihm mit einer Art Schwarz-Weiß-Malerei beikommen könnte. Die einen sagen, der Lobbyismus sei hervorragend für unser Land und bedürfe keiner kritischen Betrachtung, während die anderen meinen, der Lobbyismus sei per se schlecht. Ich finde, dass beide Wahrnehmungen eingeschränkt sind und man etwas differenzierter darüber sprechen sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anlässe gibt es in der Tat genug. Nicht die Causa Hoff ist der Punkt, sondern es gibt noch genug andere Anlässe, um über Lobbyismus zu sprechen. Gerade die neu gewählte CDU/FDP-Bundesregierung bietet genug Anlass, um darüber zu diskutieren. Das ist eigentlich Lobbyismus – Lobbyismus, der schlecht verstanden wird, den die Leute als eine für die Demokratie schädliche Sache empfinden.

Dann fragen wir uns doch einmal, was die Leute an der Politik, wie sie gerade von der Bundesregierung betrieben wird, schlecht finden. Die Leute kritisieren, dass einzelne Gruppen Vorteile erhalten, Steuervorteile insbesondere. Sie verstehen nicht, dass kleine Gruppen solch große Vorteile bekommen, was zulasten der großen Masse geht, die dann nämlich wegen eines klammen Staates zu leiden hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb stellen sie die Frage: Ist das noch Politik für unser ganzes Volk?

Deshalb stellen sie die Frage: Ist das denn noch Politik für das ganze Volk?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man hat dann da eine Erwartungshaltung. Wir haben zum Glück eine gefestigte Demokratie, die sehr kritisch mit der Politik umgeht. Man darf dann auch kritisch hinterfragen: Wieso bekommt denn so eine Partei, die da sehr entscheidend mitgewirkt hat, von jemandem, der einen sehr großen Benefit von so einer politischen Entscheidung hat, eine so große Spende? Diese kritische Herangehensweise, die in den Begriff Möwenpick-Partei mündete, ist an und für sich das Zeichen einer lebendigen Demokratie und stellt den Lobbyismus infrage.

Man kann Spenden im Sinne klassischer Konditionierung verstehen. Spenden können zur klassischen Konditionierung eingesetzt werden, indem politische Handlungen belohnt werden. Das bedeutet noch nicht einmal, dass eine politische Handlung getan wird, um eine Spende zu erhalten. Das kann auch gegenteilig stattfinden.

Um diesen Verdacht überhaupt nicht aufkommen zu lassen, ist es wichtig, dass die Spenden auf ein Maximum begrenzt werden, beispielsweise auf 50.000 Euro, wie wir das vorschlagen. Da ist es ziemlich unerheblich, wer das Geld gibt, ob das also eine juristische oder eine natürliche Person ist. Darum geht es in dem Antrag der LINKEN. Vielmehr muss man da eine Höchstgrenze einführen. Man sollte aber nicht sagen: Spenden von juristischen Personen sind falsch. – Vielmehr wäre mir die Einführung einer Obergrenze lieber.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Anlass, über Lobbying zu sprechen, sind bestimmte Berichte, denenzufolge sich Unternehmen gegen Spenden Zeit von Spitzenpolitikern erkaufen konnten. In diesem Fall betrifft das die Ministerpräsidenten der Union aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Es darf nicht sein, dass über finanzielle Zuwendungen zeitliche Zuwendungen erkauft werden können.

Trotz dieser Auswüchse der Einflussnahme auf die Politik heißt das nicht, dass Lobbying per se schlecht ist. Ich persönlich glaube – da bin ich mit den Mitgliedern meiner Fraktion einer Meinung –, dass der Austausch der außerparlamentarischen Gruppen – dazu gehört meines Erachtens auch die Wirtschaft – mit der Politik durchaus nützlich sein kann. Allerdings müssen unserer Meinung nach dabei klare Regeln gelten. Daher ist der Inhalt des Antrags der LINKEN überwiegend zu begrüßen. Sie haben viel fundamentaler gesprochen, als der Inhalt Ihres Antrags tatsächlich ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Antrag ist eigentlich ein Realoantrag, der mit Ihrer „Ich bin total dagegen“-Haltung eigentlich nichts zu tun hat.

In Ordnung ist Lobbying, wenn es beispielsweise um Informationsveranstaltungen geht. Wir nehmen hier abends des Öfteren daran teil.

Nicht in Ordnung ist es aber, wenn sich in Ministerien Personen auf Referatsebene befinden, die eine Doppelfunktion haben und die Gesetzentwürfe direkt mit den Firmen oder mit den Verbänden absprechen. Das ist eine Doppelfunktion, die nicht zulässig sein kann und die begrenzt werden muss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir schließen uns auch der Forderung des Antrags der LINKEN an, dass es eine Karenzzeit für Regierungsmitglieder geben muss, bevor sie als Berater in die freie Wirtschaft wechseln. Es ist mir relativ egal, dass Sie da Herrn Fischer anführen. Denn der hat nämlich relativ lange gewartet. Auch Herr Berninger hat nicht direkt aus der Regierung heraus zu Mars gewechselt.

– Sie müssten dann behaupten, dass die rot-grüne Bundesregierung erst 2007 abgelöst worden ist. – Bitte schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in unserer Partei vielleicht Politiker gehabt, die keine so lange Karenzzeit gehabt haben, wie wir das jetzt vorschlagen. Sie haben aber eine gewisse Zeit dazwischen ausgelassen. Sie sind dann ins Abklingbecken gegangen und haben erst danach in die freie Wirtschaft gewechselt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, man sollte auch das Thema Nebentätigkeiten der Abgeordneten zur Sprache bringen. Es geht dabei nicht nur um den ehemaligen Abg. Hoff, wenngleich es natürlich ein starkes Stück war, dass er hier erklärte: Ich mache beides. Ich guck mir erst einmal an, wie mir das gefällt.

Es kann nicht sein, dass jemand an so führender Stelle in einem privaten Unternehmen tätig ist, das dann auch noch staatliche Zuwendungen vom Land haben möchte. Da kann man nicht gleichzeitig hier im Landtag einen Sitz haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Zu dem Thema Nebentätigkeiten gehört natürlich nicht nur, was ich mache, sondern auch, was ich dafür bekomme. Ich empfehle der Partei DIE LINKE, ihren Anträgen Handlungen folgen zu lassen. Wir GRÜNE zeigen an, was wir neben unserer Abgeordnetenentschädigung bekommen. Das kann jeder nachsehen. Das könnten auch Sie machen. Ich habe das bei Ihnen nicht gefunden. Vielleicht ist das ein bisschen versteckt. Das zu tun finde ich grundsätzlich richtig. Die Menschen in diesem Land haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, was der Abgeordnete neben seiner Aufwandsentschädigung bekommt und wo er noch tätig ist, damit das ganz transparent ist.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Zusammenfassend möchte ich für meine Fraktion Folgendes feststellen. Lobbying ist eine unsichtbare Gewalt, die auf die Politik in diesem Lande aktiv Einfluss nimmt. Das kann man nicht einfach so vom Pult wischen.

Lobbying ist nicht per se schlecht. Aber Lobbying muss klare Regeln erhalten. Lobbying muss begrenzt werden. Es muss Instanzen geben, wie z. B. ein Lobbyistenregister. Die Abgeordneten müssen klar anzeigen, für wen sie tätig sind und was sie von wem dafür bekommen. Das muss alles klar geregelt sein. Damit würde der Lobbyismus auf ein erträgliches Maß zurückgeschraubt. Die Menschen in diesem Land hätten dann mehr Vertrauen in die Politik.

Auch wenn es in einem anderen Parlament eine Anhörung dazu gegeben hat, finde ich, sollte man der Anhörung in diesem Sinne ganz gelassen entgegensehen. Das könnte dazu führen, dass der Politik in diesem Lande mehr Vertrauen entgegengebracht würde. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Willi van Ooyen und Janine Wissler (DIE LINKE))

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Herr May, schönen Dank.

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