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10.05.2012

Daniel Mack: Aktuelle Stunde - Fußball-EM in der Ukraine: Hessen sagt Ja zum Sport und Nein zu Menschenrechtsverletzungen

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerade Fans im Stadion und Millionen Zuschauer an den TV-Geräten halten den Atem an, wenn der Ball auf die Eckfahne zurollt und ungewiss ist, ob er sie links oder rechts passieren wird. Denn es ist ein Unterschied, ob es eine Ecke oder einen Einwurf gibt.

Fußball ist mehr als nur ein Spiel. Eine Fußballeuropameisterschaft ist ein Fest der europäischen Einigung und ein Fest des Miteinanders.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für junge Menschen hierzulande sind Fußballer wie Mario Götze und Mesut Özil ebenso wichtige Vorbilder, wie es für frühere Generationen Jürgen Grabowski und Anthony Yeboah waren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Das ist bei Andrij Schewtschenko in der Ukraine genauso. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Deutschland und der Ukraine. Es existieren keine Rechte für die demokratische Opposition. Demonstrations- und Freiheitsrechte werden missachtet.

Man kann zu Frau Timoschenko stehen, wie man will. Jedenfalls ist die Art, wie sie von der Führung der Ukraine behandelt wird, nicht das, was wir unter Rechtsstaat und ordnungsgemäßem Verfahren verstehen.

(Allgemeiner Beifall)

Selbst das der Diplomatie verpflichtete Auswärtige Amt hält fest:

Korruption, Folter und Polizeiübergriffe sind in der Ukraine stark verbreitet.

Seit der Amtsübernahme durch Herrn Janukowitsch mehren sich die Berichte über die Einschränkung der Pressefreiheit. So steht z. B. das Fernsehen ganz überwiegend unter staatlicher Kontrolle.

Es kann daher niemandem gefallen, sich der dafür verantwortliche Herr Janukowitsch bis zum Finale am 1. Juli 2012 neben Herrn Platini, neben Zidane und Franz Beckenbauer im Glanz des europäischen Fußballs sonnt. Es ist wichtig, dass wir Aktionen wie die Absage der Reise des Herrn Bundespräsidenten Gauck begrüßen. So wird der Blick auf die demokratischen Defizite in der Ukraine gelenkt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Es braucht auch jetzt, einige Wochen vor der Europameisterschaft, deutliche Worte. Sie gibt es. Es gibt sie vom Präsidenten des FC Bayern, Uli Hoeneß,

(Zurufe der Abg. Holger Bellino (CDU) und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

und vom Kapitän der Fußballnationalmannschaft, Philipp Lahm.

Es gibt andere, die sich klarer hätten positionieren können. Da frage ich mich: Was macht da Herr Bouffier?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Zuruf von der CDU: Das war jetzt unnötig!)

Fußball ist international und politisch. Deshalb haben auch wir als Politiker und Fans aus Hessen das Recht und die Pflicht, dazu Stellung zu nehmen. Das gilt ganz besonders deshalb, weil unsere Jungs dort für Deutschland am Start sind und wir am 1. Juli 2012 um den Titel Europameister mitspielen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Horst Klee (CDU) und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Es ist wichtig, dass wir an den Deutschen Fußballbund appellieren, in den Gremien der UEFA aktiv zu werden. Der Europäische Fußballverband ist der Ausrichter des Turniers in Polen und in der Ukraine. Wer die Europameisterschaft minutiös regelt und von der Beleuchtung über die Werbung bis zur Musik bestimmt, darf sich nicht um die Frage drücken, wie mit einer Regierung umzugehen ist, die auf dem Weg zur Diktatur ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Wie das geht, hat eindrucksvoll ein ganz Großer gezeigt. César Luis Menotti gewann als Trainer 1978 die Fußballweltmeisterschaft für Argentinien und verweigerte seinem Diktator den Handschlag.

(Zuruf von der SPD)

Solcher Mut und solche Haltung sind auch dieses Jahr in der Ukraine gefragt. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Mack, vielen Dank.