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28.03.2012

Daniel Mack: ACTA-Abkommen überarbeiten

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die digitale Welt gehört zur Realität, und dieser Wirklichkeit muss die Politik endlich gerecht werden. Nach der Entwicklung der Sprache, der Schrift und der Erfindung des Buchdrucks ist die Digitalisierung ein weiterer enormer gesellschaftlicher Umbruch. Die Digitalisierung und das Internet haben fundamentale Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, in allen Lebensbereichen. Veröffentlichungen und Verbreitungen medialer Inhalte sind nicht mehr mit hohen Investitionen und Aufwand verbunden. Im Gegenteil: Nie war es so einfach wie heute, und das sollten wir nutzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Die bisherige Politik in diesen Bereichen war fragmentiert. Da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Wo auch immer ein Problem aufgetreten ist, hat man versucht, auf die Schnelle irgendwie zu reagieren. Es war oft genug nicht konsequent und auch nicht zielführend.

ACTA – Anti-Counterfeiting Trade Agreement, auf Deutsch: Abkommen gegen Produktpiraterie – klingt harmlos. Meine Damen und Herren, hier geht es aber nicht nur darum, einige Menschen in der Frankfurter Goethestraße vor gefälschten Louis Vuitton Taschen zu schützen. Nein, es geht sehr weitreichend um die einseitige Durchsetzung der Interessen einer ganz bestimmten Gruppe von Verwertern, und denen muss man sich entgegenstellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, so kann man keine Verträge schließen, ohne Transparenz, ohne demokratische Kontrolle und ohne Beteiligung, Verträge, die dann auch noch in die tiefsten persönlichen Bereiche der Nutzung von Medien und Produkten eingreifen. Wir GRÜNE fordern deshalb dringend eine Überarbeitung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, aber es ist auch kein grundrechtsfreier Raum. Internetzugangssperren und Überwachung durch den Provider, gleich welcher Form, gefährden den freien Austausch von Informationen. Sie beschädigen das grundlegende Recht, sich selbst selbstbestimmt zu informieren. Das Abkommen würde ein überholtes Urheberrecht auf Jahre zementieren und eine dringend nötige Reform blockieren. Das ist falsch. Wir brauchen eine breite Debatte, wie ein modernes Urheberrecht im 21. Jahrhundert aussehen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir brauchen im Urheberrecht konkrete Antworten, wo sich dringende Fragen des Ausgleichs zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern stellen, und das Recht der Urheber, über Art und Umfang der Verbreitung ihrer Inhalte zu entscheiden, gilt auch im Internet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Aber gerade im digitalen und vernetzten Raum und darüber hinaus muss gelten: Dort, wo das Urheberrecht so eingesetzt wird, dass innovative Produkte und Dienstleistung verhindert werden, ist eine Umwandlung des Verbotsrechts in einen Vergütungsanspruch anzudenken. Hier muss gehandelt werden.

Meine Damen und Herren, wir brauchen im Internet Vertriebsstrukturen, die die Kreativität der Künstlerinnen und Künstler gerecht entlohnt. Es geht aber auch darum, dass wir den Schutz des Urheberrechts und den Schutz vor Produktpiraterie auch im internationalen Rahmen ermöglichen. Eine Revolution, auch die digitale Revolution, ist mit Umbrüchen und Veränderungen verbunden. Davor dürfen wir keine Angst haben; wir sollten sie gestalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Es steht völlig außer Frage, dass Raubkopien illegal sind und dass geistiges Eigentum zu schützen ist. Aber die Entscheidung, ob eine Urheberin oder ein Urheber seine Leistung mit anderen Menschen oder die Nutzung unter bestimmten Bedingungen nur gegen Zahlung eines Entgelts gestatten will, muss jede Urheberin und jeder Urheber selbst entscheiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Es ist deshalb sehr wichtig, Bezahlvorgänge zu ermöglichen, die schnell, sicher und einfach sind und so stattfinden, dass Urheber einen möglichst großen Anteil davon haben. Wer wertvolle Inhalte haben möchte, der muss dafür auch etwas zahlen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die Kostenlos-Kultur im Internet muss ein Ende haben. Wir brauchen eine breite Urheberrechtsdebatte für gute Inhalte und Künstler, die von dem, was sie leisten, auch leben können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das war die erste Rede des Abg. Daniel Mack von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir gratulieren Ihnen alle ganz herzlich.

(Allgemeiner Beifall)