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27.06.2013

Sigrid Erfurth: Anpassung des Kommunalen Finanzausgleichs an die Herausforderungen des demografischen Wandels und zur Stärkung des ländlichen Raums

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute folgt also der Schlussakkord zu einer verunglückten KFA-Reform. Sie genügt selbst jenen Ansprüchen nicht, mit denen Sie, Herr Finanzminister Dr. Schäfer, und auch Ihr Vorgänger im Amt, Karlheinz Weimar, einmal angetreten waren. Sie haben es am langen Ende nicht vermocht, eine Reform durchzusetzen, die diesen Namen auch verdient. Diesen Misserfolg haben Sie sich vollumfänglich selbst zuzuschreiben.

Zu einem Zeitpunkt, als die Kommunalfinanzen am Boden lagen, haben Sie den Kommunen durch Ihren unsystematischen Eingriff in den KFA dringend nötige Mittel entzogen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Sie haben die Kommunen damit in die Klage getrieben, in eine Klage vor dem Staatsgerichtshof. Der Staatsgerichtshof hat Ihnen dann ins Stammbuch geschrieben, dass Sie einen groben Fehler gemacht haben, indem Sie die Finanzbedarfe der Kommunen völlig außer Acht gelassen haben.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Die Folge ist bekannt. Der Staatsgerichtshof hat das Finanzausgleichsgesetz für verfassungswidrig erklärt.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Ich komme gleich zu Ihnen, Herr Irmer. – Dies ist jetzt nur noch mit einer Übergangszeit bis Ende des Jahres 2015 gültig.

Jetzt sagen Sie, das sei eine völlig neue Rechtslage. Die Forderung nach einer Bedarfsermittlung habe es noch nie gegeben, auch zu rot-grünen Zeiten nicht.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Stimmt, das hat es noch nie gegeben. Aber ich sage Ihnen, Herr Bellino: Ein Krug geht immer so lange zum Brunnen, bis er bricht. Sie haben dafür gesorgt, dass er bricht,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

weil Ihre Haushaltspolitik derart desaströs war, dass Sie Ihren Haushalt ohne diesen Eingriff in die Kommunalfinanzen überhaupt nicht mehr in den Griff bekommen hätten. Deshalb haben Sie in die Kommunalfinanzen eingegriffen. Deshalb tragen Sie, meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, mit Ihrer unsoliden Finanzpolitik die Verantwortung dafür, dass Ihnen der Staatsgerichtshof zum wiederholten Mal in dieser Legislaturperiode bescheinigt hat, dass Sie gegen die Hessische Verfassung verstoßen haben. Nur Sie tragen die Verantwortung dafür. Sonst hätten Sie nämlich nicht gewusst, wie Sie Ihren Haushalt ausgleichen sollten.

Wir haben die dritte Lesung dieses Gesetzentwurfs beantragt, weil wir nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs vom 21. Mai 2013 für uns die Frage geklärt wissen wollten, ob es rechtssicher möglich ist, auf ein als verfassungswidrig erkanntes Gesetz ein zweites Gesetz draufzusatteln. Wir haben dazu einen Dringlichen Berichtsantrag im Haushaltsausschuss gestellt. Leider müssen wir feststellen, Herr Dr. Schäfer, dass die Fragen, die wir an Sie hatten, nicht zufriedenstellend beantwortet worden sind.

Wir können eben nicht rechtssicher davon ausgehen, dass der vorgelegte Gesetzentwurf sich innerhalb der zulässigen Änderungen bewegt. Sie haben uns nicht davon überzeugen können, dass das, was jetzt im Raum steht, auch rechtssicher umgesetzt werden kann, dass es eben keine Klagen geben wird und dass wir davon ausgehen können, dass es Bestand hat. Die Regelung, die im Raum steht, greift in die Verteilungsrechnung innerhalb der Kommunen ein und verändert sie teilweise zu deren Nachteil. Beispiele haben wir gehört.

Aus dieser Konstellation ergibt sich aus unserer Sicht keine Rechtssicherheit für den Gesetzentwurf. Deshalb werden wir ihn ablehnen. Bis zu dem Spruch des Staatsgerichtshofs – auch das will ich nicht verhehlen – haben wir uns enthalten, weil wir diese Reform als einen sehr kleinen Schritt in eine richtige Richtung betrachten. Unsere Einschätzung, dass die Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen grundsätzlich neu ausgerichtet werden muss, hat der Staatsgerichtshof mit erstaunlicher Deutlichkeit bestätigt.

Vor dem Urteil des Staatsgerichtshofs hätten wir unsere Bedenken ein Stück weit zurückgestellt, um einer solchen Reform im Sinne einer Veränderung in die richtige Richtung nicht im Wege zu stehen. Nun hat sich die Geschäftsgrundlage aber geändert. Wir sehen uns daher nicht mehr in der Lage, uns zu enthalten, und werden den Gesetzentwurf heute ablehnen. – Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth.