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10.12.2009
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn zur Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir befinden uns in einem sehr sensiblen Bereich der Hochschulzulassung. Auch ich bedaure, dass die Diskussionen im Ausschuss und hier so wenig fruchtbar sind. Wir befinden uns in einem sensiblen Bereich, weil wir uns zwischen dem Grundrecht der freien Studienwahl und gleichzeitig der Realität befinden, dass wir zu wenig Kapazitäten an Studienplätzen haben. Das ist immer wieder ein elementarer Punkt von uns GRÜNEN, der Ausbau von Studienplätzen. Angesichts der schwarz-gelben Steuergeschenke sehe ich für den weiteren Ausbau in eine düstere Zukunft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sehen auch Probleme, dass die zentrale Vergabe transparenter ist und damit leichter der Klageweg funktioniert. Gleichzeitig ist es Fakt, dass die Hochschulen Schwerpunktbildungen in der Hochschullandschaft machen müssen. Das gilt es auszubalancieren. Deswegen haben wir es uns bei der Bewertung des Gesetzes nicht einfach gemacht und haben gesagt: Gut der Staatsvertrag ist ein Kompromiss – für uns nicht der gelungenste, aber es ist ein Kompromiss zwischen allen Ländern.

Das kritisiere ich  an Ihrem Begleitgesetz: Sie gehen in wesentlichen Punkten über den Staatsvertrag hinaus, und zwar so, dass es Experimente zulasten der Studienbewerber sind. Ich möchte Sie noch einmal einzeln aufführen. Herr Reißer, zum einen haben Sie angesprochen, Sie verstehen es nicht, warum wir etwas dagegen haben, dass ein weiteres Auswahlkriterium verpflichtend dazugenommen wird. Ich will es Ihnen gern noch einmal erklären.

Zum einen. Die weiteren Kriterien, die Sie dort nehmen, haben Sie ohne Qualitätskriterium aufgeschrieben. Das heißt, ein Auswahlgespräch steht ohne weitere Kriterien als weiteres Zulassungskriterium da. Aber ein Auswahlgespräch, was nicht nach klaren Kriterien durchgeführt wird, was nicht transparent nachvollzogen werden kann, kann eine reine Willkür sein. Das ist ein Riesenproblem in dem sensiblen Bereich des Grundrechts auf freie Studienwahl.

Zum Zweiten. Ein studienspezifischer Test, ein Fähigkeitstest kann – wie der Medizinertest – wunderbar sein, kann aber auch wie das Werfen einer Münze sein, wenn er nicht wissenschaftlich evaluiert ist. Hier verstehe ich nicht, warum Sie unsere Änderungsanträge nicht angenommen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genauso ist der unglaubliche Aufwand, der auf die Hochschulen zukommt und für den sie keine Entschädigung bekommen. Wir denken, es ist wichtig, es freiwillig zu belassen. Es gibt einige Studiengänge, wo das sinnvoll sein kann, aber das sind durchaus nicht alle, und wenn, dann sollte es Qualitätskriterien geben.

Zum Zweiten. Wo gehen Sie noch über den Staatsvertrag hinaus? Bei der Ermittlung der Kapazitäten von Studienplätzen. In diesem Bereich machen Sie ein Hauruckverfahren. Ich gebe zu, wir müssen bei dem Kapazitätsrecht eine Weiterentwicklung haben – ja. Aber nicht so, dass es komplett das ganze System umschmeißt. Sie haben zwei gefährliche Experimentierklauseln drin. Das ist zum einen, dass Sie nunmehr die Möglichkeit einräumen, dass nicht nach Ausbildungsaufwand und Lehrangebot, sondern auf der Grundlage von haushaltsrechtlichen Budgets die Kapazitätsplätze ermittelt werden können.

Zum anderen haben Sie eine Sonderstellung der TUD und der Goethe-Universität im Gesetzentwurf, die mittels eigener Satzung die Kapazitäten festsetzen können und nicht mehr durch Rechtsverordnung. Dadurch haben wir keine parlamentarische Kontrolle mehr.

Wir GRÜNE haben wichtige Kriterien für uns erstellt, wie wir der Entwicklung der Verfahren zur Ermittlung von Studienplatzkapazitäten zustimmen könnten. Die Kriterien sind zum einen, dass vorhandene Studienkapazitäten tatsächlich ausgeschöpft werden müssen, zum anderen, dass die Festlegung der Kapazitäten nachvollziehbar, öffentlich und transparent sein muss.

Weiter gilt es bei den verschiedenen Zielen von Profilbildung, hochwertigen Studienbedingungen und Befriedigung der Nachfrage darauf zu schauen, dass die Befriedigung der Nachfrage nicht an letzter Stelle steht, dass die Festsetzung der Kapazitäten weiterhin durch Verwaltungsgerichte überprüft werden kann und dass bundesweit vergleichbare Verfahren angewendet werden. Alle diese Kriterien erfüllen ihre Hauruckexperimente leider nicht. Deswegen werden wir diesen auch nicht zustimmen.

Weiter geht es um etwas ganz Grundsätzliches. Eigentlich sollte sich die Landesregierung nicht durch Experimente hervortun, sondern eher als Vorbildfunktion agieren, dass die verschiedenen Länder eine bestmögliche Koordinierung für diese neue Stiftung an den Tag legen. Das heißt, Sie könnten sich in der Kultusministerkonferenz für wesentliche Punkte einsetzen. Wir haben Ihnen drei Vorschläge gemacht. Bei dem einen haben Sie klar gesagt, warum Sie nicht zustimmen können. Aber bei den beiden anderen habe ich noch nicht ein Argument dagegen gehört.

Der erste Punkt war der zusätzliche Beirat. Wir haben gefordert, dass ein zusätzlicher Beirat mit beratender Funktion gegründet werden soll, bei denen Menschen aus der Verwaltungspraxis sitzen und bei denen Betroffene sitzen. Das ergab sich aus der Anhörung, bei der sehr viele Anzuhörende gesagt haben, dass es immense Probleme bei der Umsetzung geben wird und dass gerade die Schnittstelle zwischen Schule und Hochschule ganz besonders betroffen. Ein sehr einfaches Beispiel – ein Abiturient, der gerade in den Prüfungen ist, kann sich nicht gleichzeitig an einer Uni bewerben. Diesen Stress kann man keinem Schüler antun.

Das sind Beispiele genauso wie der ganze Bereich der sozialen Härtefälle, die bisher ungenügend geregelt ist. All das muss besser geregelt werden. Das kann in der Umsetzung noch geschehen. Dazu brauchen wir die Experten.

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Frau Kollegin, Sie müssten zum Ende kommen.

Angela Dorn:

Insofern wäre ein weiter Beirat sehr sinnvoll. Ich sage als unsere Forderung noch einen Punkt.

Herr Reißer, die Verpflichtung, die Sie angesprochen haben, dass die Hochschulen an dem Serviceverfahren teilnehmen sollen, finde ich sehr wichtig. Dieses Computersystem kann nur dann funktionieren, wenn möglichst viele Hochschulen teilnehmen. Wir haben einfach das Problem, dass es gut sein kann, dass Hochschulen nicht teilnehmen werden, weil sie die Kosten scheuen und Befürchtungen haben, dass das System nicht funktioniert. Dann gäbe es keine Synergieeffekte.

Deswegen fordern wir, wenn das System funktioniert, dann sollen die Hochschulen sich beteiligen müssen, und der Mehraufwand muss ihnen erstattet werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank, Frau Dorn.

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