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09.12.2009
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn zum Veterinärwesen und zur Lebensmittelüberwachung

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Übertragung der Lebensmittelüberwachung, des Verbraucherschutzes auf die Landkreise und kreisfreien Städte war vor der Einführung höchst umstritten. Als Opposition hat meine Fraktion – ich war damals noch nicht dabei; das ist mir mitgeteilt worden – schon damals starke Befürchtungen gegenüber der Kommunalisierung geäußert. Meine Fraktion hat angemahnt, dass ein Verbraucherschutz mit Biss eine durchgehende Verwaltung von oben nach unten braucht, und vor allem eine einheitliche Verwaltung. Sie hat ganz deutlich gemacht, dass überall nach dem gleichen Muster bewacht werden muss; denn gerade im Krisenfall muss sehr schnell und einheitlich vorgegangen werden. Sie hat schon damals die Gefahr gesehen, dass es durch unterschiedliche Landräte unterschiedliche Schwerpunkte geben wird.

Als Gefahr der Kommunalisierung wurde auch gesehen, dass das Personal aus der Lebensmittelüberwachung für andere Bereiche in der Kreisverwaltung eingesetzt wird und damit der Verbraucherschutz weiter personell geschwächt wird.

2007 haben wir einen umfassenden Berichtsantrag zu Vor- und Nachteilen gestellt. In der Antwort wurden wir beruhigt: „Es erfolgt eine umfassende Evaluierung.“ In dieser Legislaturperiode habe ich auf diese Evaluierung gewartet. Ich habe wirklich alle parlamentarischen Mittel ausgeschöpft, die mir zur Verfügung standen. Meine erste mündliche Frage im Parlament hat dieses Thema berührt. Im Frühjahr 2009 habe ich im Umweltausschuss eine Frage dazu gestellt. Mir wurde dazu gesagt, rechtzeitig vor der Debatte werden wir über die Ergebnisse der Evaluierung informiert. – Dann habe ich noch einmal schriftlich nachgefragt. Das war Anfang Juni. Dann wurden mir die Unterlagen aber mit dem Argument verweigert, es gäbe nur eine regierungsinterne Auswertung.

Dann haben wir den Gesetzentwurf vorgelegt bekommen. Jetzt wird das Gesetz um zwei Jahre verlängert. Schon in der Gesetzesbegründung zeigen sich sehr deutliche Widersprüche. Einerseits soll die Evaluierung – die regierungsinterne Anhörung – gezeigt haben, dass sich die Regelungen bewährt haben. Zwischen den Zeilen steht dann aber: Es gibt schon Änderungs- und Anpassungsbedarf. Da sowieso Änderungen aus EU und Bund zu erwarten sind, verlängern wir es jetzt um zwei Jahre.

Ich bin sehr froh, dass wir eine schriftliche Anhörung beantragt haben. Denn da wurde etwas ganz deutlich: Gerade die Personen, die die Auswirkungen der Kommunalisierung vor Ort erleben, sehen erhebliche Mängel für einen schlagkräftigen Verbraucherschutz. Das sind der Hessische Landkreistag, das sind die Fachverbände, die Lebensmittelkontrolleure und die Veterinäre. Alle bemängeln, dass es erstens eine sehr unzureichende Finanzierung durch die Landesregierung gibt. Sie thematisieren zweitens, dass der Verbraucherschutz durch die Kommunalisierung nicht mehr landesweit einheitlich vollzogen wird und damit wirkungsloser wird.

Es ist klar – so steht es in den Stellungsnahmen –, dass die Behörden den steigenden Aufgaben des Verbraucherschutzes nicht mehr gerecht werden können, weil die personelle und finanzielle Ausstattung nicht zufriedenstellend ist. Die Verbände fordern eine regelmäßige, nachvollziehbare und gerechte Bewertung der anfallenden Aufgaben. Sie fordern, dass die Mittel, die vom Land zur Verfügung gestellt werden, zweckgebunden eingesetzt werden, d. h. ausschließlich für Verbraucherschutz und Veterinärwesen und für das dazugehörige Personal, und nicht umgeschichtet werden dürfen. Sie fordern, dass die Ämter nicht weiter auseinandergerissen werden sollen. Es gibt z. B. in vielen Kommunen das Problem, dass das Veterinärwesen in die Landwirtschaft und die Lebensmittelkontrolle zur Gesundheit kommt. Sie fordern, dass offene Stellen zügig besetzt werden müssen und dass rechtzeitig vor dem Ausscheiden von Lebensmittelkontrolleuren aus Altersgründen ausgebildet werden muss.

Aus diesen Stellungnahmen geht ganz offensichtlich hervor, dass die steigenden Aufgaben im Verbraucherschutz mit den personellen und finanziellen Ausstattungen nicht mehr in befriedigender Weise bewältigt werden können und dass der vorsorgende Verbraucherschutz auf der Strecke bleibt. Im Moment können nur noch die notwendigsten Aufgaben erledigt werden. Das entspricht, wie ich gerade gehört habe, Ihrem Koalitionsvertrag überhaupt nicht. Insofern frage ich mich: Was haben Sie eigentlich die ganze Zeit getan?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Warum haben Sie trotz dieser Probleme, die offensichtlich waren und die Ihnen von allen Verbänden immer wieder dargelegt wurden, keine Evaluierung vorgenommen? Sie haben in der Regierungsanhörung schon die ersten Hinweise bekommen, wahrscheinlich sogar die gleichen Stellungnahmen wie in der Landtagsanhörung. Warum haben Sie dann nichts unternommen, um eine umfassende Evaluierung durchzuführen?

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, entweder reicht es Ihnen aus, dass die Lebensmittelkontrolle und der Verbraucherschutz bei Skandalen tätig werden, und der vorsorgende Verbraucherschutz ist Ihnen nicht so wichtig. Oder Sie haben vergessen, diesen wichtigen Bereich zu evaluieren und haben sich darum nicht gekümmert. Für beide Fälle kann man nur den gleichen Ratschlag geben: Fangen Sie endlich an, die Kommunalisierung umfassend zu evaluieren. Sie haben durch die Stellungnahmen wesentliche Probleme aufgezeigt bekommen. Sie wissen, in welche Richtung die Evaluierung gehen muss. Es kann nicht sein, dass die Verbraucher, dass die Behörden vor Ort unter Ihren Versäumnissen leiden müssen. Sie haben jetzt die nötigen Hinweise. Sie haben die Hinweise schon die ganze Zeit gehabt. Deswegen reicht ein Jahr vollkommen aus. Es ist wirklich an der Zeit, dass Sie sich endlich daransetzen. Wir haben Sie oft genug daran erinnert. Wenn Sie etwas versäumt haben, müssen nicht die Verbraucher darunter leiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Norbert Kartmann:

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Angela Dorn:

Ich komme zum Ende. – Es gibt viele wichtige Fachleute. Mir wäre wichtig, dass Sie diesen Prozess transparent gestalten, dass Sie die Fachleute mitnehmen und dass Sie dieses Gesetz im nächsten Jahr evaluieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

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