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19.11.2009
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn zu: Solidarität mit dem Bildungsstreik! Die Forderungen der hessischen Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler und Studierenden sind berechtigt

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Tagen hier im Parlament musste man feststellen, dass sich die Regierungskoalitioin leider gerade nicht mit den Ursachen der Bildungsproteste beschäftigt, sondern dass eher immer wieder rein formale Argumentationen vorgebracht wurden.

Häufig haben wir uns deshalb hier in den letzten Tagen mit Nebenschauplätzen beschäftigt – wie der Frage des Streiks der Lehrer und das Betreten der Bannmeile. Ich wünsche mir, dass dieses Haus wirklich einmal in sich kehrt und schaut: Was sind denn die Ursachen dafür, dass hier in Hessen Tausende Menschen auf die Straßen gegangen sind, um ihrer Kritik am Bildungssystem Ausdruck zu verleihen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe eben auch Herrn Herr gehört. Sie haben gesagt, Sie haben ein gewisses Verständnis für die Studierenden.

Das finde ich positiv. Noch im Juni haben wir von Herrn Irmer eine ganz andere Rede gehört – da ging es um die Vereinnahmung der Bildungsproteste für antidemokratische Zwecke. Ich sehe, insofern ist die CDU durchaus lernfähig.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Allerdings muss ich Ihnen sagen: Ich glaube nicht, dass Sie für die Studierenden dadurch das richtige Verständnis aufbringen, indem Sie sagen, wir waren im Grunde immer gegen die Bolognareform. Im Endeffekt: Wenn hier ein Stillstand besteht, indem Sie lediglich sagen, die Bolognareform ist etwas, das wir nie haben wollten und indem Sie sagen, die Hochschulen sind autonom, sollen sie schauen, was sie damit machen. Das ist genau der falsche Weg.

Wir als Landespolitiker haben die Aufgabe, die Bolognareform richtig umzusetzen, und die Fehler, die dadurch entstanden sind, dass wir das den Hochschulen teilweise die Reform übergestülpt haben – indem wir ihnen keine zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt haben –, jetzt gemeinsam anzupacken.

Wir haben dazu einige Vorschläge gemacht. Ich würde mich freuen, wenn Sie aus Ihrer Stillhaltehaltung herauskommen und einmal wirklich schauen, was wir an der Bolognareform ändern können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Studierenden haben noch viele andere begründete Anliegen. Das Hessische Hochschulgesetz ist ein sehr gutes Beispiel dafür, genau den Punkt zu zeigen, den ich bei Ihrer Haltung kritisiere. Ich sehe noch nicht, dass Sie die Studierendenproteste, die Proteste der Lehrerinnen und Lehrer, der Schülerinnen und Schüler ernst nehmen. Denn wenn Sie sie ernst nehmen würden, dann würden Sie mit ihnen in eine echte Diskussion eintreten, und dann würden Sie auch ihre Kritik so verstehen, dass sie ein großes Interesse haben, sich an dem gesamten Bildungssystem zu beteiligen, ihre Interessen einzubringen und mitzubestimmen.

Genau das aber bauen Sie immer weiter ab. Aber das ist genau das Problem, warum die Schülerinnen und Schüler, die Studierenden und die Lehrer zu immer drastischeren Mitteln greifen. Wenn Sie das verhindern wollen, dass die Bannmeile nicht mehr betreten wird, und es schaffen wollen, dass sich die Schülerinnen und Schüler endlich eingebunden fühlen, dann wäre es an der Zeit, endlich mit ihnen auch in Diskussion zu treten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

An einem wichtigen Beispiel des Hessischen Hochschulgesetzes möchte ich das noch einmal deutlich machen.

Hier sagen Sie, die Hochschulen haben den ungeheuren Gewinn der Autonomie. Dazu sage ich: Das stimmt zur Hälfte.

Ja, Autonomie der Hochschulen ist äußerst wichtig. Aber eine Autonomie der Hochschulen kann nur dann funktionieren, wenn sie auch demokratisch ist, wenn weiterhin die demokratisch legitimierten Gremien eine Stimme haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ihr Autonomiebegriff ist leider völlig paradox. Bei Ihnen sind nicht die Hochschulen autonom – nein, bei Ihnen sind Präsidien und Hochschulräte von den Hochschulen autonom. Das ist nicht Autonomie.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Zum anderen habe ich Herrn Herr schon vorgeworfen: Ich glaube, Sie gebrauchen die Autonomie als Deckmantel.

(Zurufe der Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Auch Frau Kühne-Hörmann hat letztens im Interview gesagt: Die Bolognareform hat Probleme, aber wir haben ja autonome Hochschulen und die müssen diese Probleme lösen.

Das ist aber nicht das Ziel. In der Hochschulpolitik haben wir das Mittel der Zielvereinbarungen und der Mittelzuweisungen. Genau da müssen wir ansetzen, unsere politischen Ziele für eine gerechte Hochschulpolitik klarzustellen und die Hochschulen danach aufzustellen. Innerhalb dieses Rahmens sollen die Hochschulen natürlich autonom agieren. Aber Sie können Ihre Verantwortung nicht einfach abgeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nehmen Sie also diese Demonstrationen ernst. Nehmen Sie den Willen zur Mitgestaltung ernst. Fangen Sie an, Diskussionen zu führen.

Herr Reißer hat dazu schon einen ersten Ansatz gemacht, indem er unten bei den protestierenden Studierenden vor dem Landtag war. Herr Herr hat jetzt zumindest einmal Verständnis gezeigt. Ich glaube, wenn Sie noch weiter gehen und auch die Mitbestimmung als einen wesentlichen Weg ansehen, dann könnten wir weit vorankommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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