Inhalt

08.10.2009
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn zu besserer Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Betrügereinen im Lebensmittelbereich

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Lannert, nachdem Sie sich jetzt, vor dem Mittagessen, um die Lebensmittel gekümmert haben, überlege ich mir vielleicht noch einmal, ob ich essen gehe.

Sie haben heute das Thema Lebensmittelimitate auf die Tagesordnung gesetzt. Dieses Thema hat die CDU als schönes Ablenkungsmanöver benutzt, als sie in der Milchkrise versagt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

– Ich bin sehr gut informiert. – Lebensmittelimitate gab es lange vor der Milchkrise, und Lebensmittelimitate wurden auch schon vor der Milchkrise gerade von Verbraucherschützern immer wieder kritisiert.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Nichtsdestotrotz ist es ganz schön, dass Sie sich des Themas annehmen. Noch schöner wäre es, wenn Sie dies konsequent und wirkungsvoll angingen und den ganzen Kontext der Lebensmittelüberwachung einbeziehen würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir begrüßen, dass Sie die Kontrolldichte erhöhen wollen. Aber wir reagieren deshalb noch lange nicht enthusiastisch. Sie haben gerade von sich selbst als „Musterschülern“ gesprochen. In den letzten dreieinhalb Jahren wurden ganze 106 Gaststätten auf die Verwendung von Schummelschinken überprüft. Zwei Drittel der in den 106 Gaststätten erhobenen Befunde waren positiv. Eine solch große Anzahl von positiven Befunden bei einer solch kleinen Menge von Proben – da fragt man sich schon, was da passiert ist.

Wenn Sie sich jetzt – 2009 – zum Ziel setzen, die Zahl der Überprüfungen in den Gaststätten deutlich zu erhöhen, begrüßen wir das. Aber man muss auch sagen, dafür ist die Lebensmittelkontrolle personell und finanziell noch lange nicht gut genug ausgestattet. Deshalb fordern wir in den Haushaltsverhandlungen immer wieder, gerade der Lebensmittelkontrolle mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Genauso verhält es sich mit dem Vorschlag, die Namen der schwarzen Schafe erst beim zweiten Verstoß zu veröffentlichen.

(Zuruf des Staatssekretärs Mark Weinmeister)

– Herr Weinmeister, vielleicht haben Sie es in der Koalition nicht mehr durchbekommen. Aber Sie bleiben hinter dem Verbraucherinformationsgesetz, das die rot-grüne

(Lachen bei der CDU)

Entschuldigung, ich meine natürlich – die schwarz-rote – Koalition beschlossen hat, weit zurück. Wir GRÜNE haben gerade dieses Verbraucherinformationsgesetz als Mogelpackung kritisiert, und Sie nutzen nicht einmal Ihre eigenen Spielräume. Sie können nämlich nach dem ersten Verstoß – bei Einhaltung der Widerspruchsfrist, das versteht sich – Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht veröffentlichen.

Wirklich amüsant an Ihrem Antrag finde ich den Appell an den Handel, echte Produkte und Imitate möglichst in getrennte Regale einzusortieren. Ich stelle mir vor, wie es dann ist, wenn ich in den Supermarkt gehe: Dort sind die normalen Regale, dann kommt das Biosortiment, und plötzlich steht da das Ekelregal.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben dann eine Theke, an der sich die ESL-Milch mit der Aufschrift „maxifrisch“ neben dem Schummelkäse nach griechischer Art tummelt. Irgendwo ist auch der Analogschinken, ganz fett. Der gepresste Fisch in Garnelenform, der nicht mehr im Eisfach bleiben darf, kommt auch noch hinzu und stinkt ein wenig.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bezweifele, dass irgendein Supermarktbetreiber freiwillig ein spezielles Imitateregal einrichtet. Die Realität ist doch, dass man versucht, zu vertuschen. Man könnte sich natürlich bemühen, eine neue Abnehmergruppe zu finden. Vielleicht sind das pubertierende Jugendliche

(Zuruf von der CDU)

– ich mache einen Vorschlag –, die den anderen zeigen wollen, dass sie selbst das ekligste Lebensmittelimitat essen können. Im Ernst: Ein extra Imitateregal ist völlig unrealistisch.

(Zuruf des Staatssekretärs Mark Weinmeister)

Ich finde, wir sollten die Diskussion nutzen, um grundsätzlich über die Themen Lebensmittelsicherheit und mündiger Verbraucher nachzudenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fange anders an als sonst. Echter Verbraucherschutz heißt nämlich auch, dass es einen echten mündigen Bürger und Eigeninitiative gibt. Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie den Ausdruck, aber ich möchte sagen: Die „Geiz ist geil“-Mentalität ist dort auch ein großes Problem. Genau deswegen sinkt nämlich die Qualität unserer Produkte. Das heißt, die Verbraucher müssen selbst dagegenhalten. Es bedeutet auch, mit Bio und mit regionaler Vermarktung haben wir eine Antwort in Form eines ethischen Konsums. Wir haben dann garantiert keine Imitate und garantiert keine gefährlichen Inhaltsstoffe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber sehr wichtig ist, dass gerade die Lebensmittelindustrie und die Lebensmittelbetriebe in die Verantwortung genommen werden müssen. Das heißt einerseits, schwarze Schafe ausfindig und für den Verbraucher transparent zu machen, und andererseits, verbraucherfreundliche Betriebe dementsprechend zu fördern.

Wir haben Ihnen ein innovatives Modell aus der Lebensmittelüberwachung in Berlin-Pankow vorgestellt. Ich weiß nicht, warum Sie „Mottenkiste“ gesagt haben. Ich finde es sehr innovativ. Dort ist es so, dass Gaststätten, Metzgereien, Supermärkte und Bäcker, die hygienisch gut arbeiten und gleichzeitig korrekt kennzeichnen, mit einer Plakette ausgezeichnet werden, einem sogenannten Smilie. Man kann es nennen, wie man es möchte.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

– Ich finde es schade, wenn Sie meinen, das ist eine Mottenkiste. Ich halte das für ein sehr wirkungsvolles Konzept.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Frau Kollegin Dorn, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich halte es für ein gutes Konzept, weil es nicht viel Extraaufwand bedeutet und weil die Betriebe dazu angehalten werden, sich zu verbessern, um eine solche Plakette zu erhalten.

Noch einen Satz zu dem SPD-Antrag: Wir stimmen dem Antrag zu. Aber ich glaube nicht, dass er zum Erfolg führt. Das größere Problem ist die Umsetzung der bisher geltenden Regeln. Deshalb ist es nicht das wirkungsvollste Instrument, neue Regeln zu schaffen. Allerdings gebe ich Ihnen recht, wenn Sie sagen, für den Verbraucher könnte es noch transparenter sein. Aber erst einmal ist die Umsetzung das Entscheidende.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

Kontakt