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25.11.2015
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Weiterentwicklung des Zukunftspakts für Existenzsicherung und Nachhaltigkeit in der hessischen Landwirtschaft

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich versuche mich in einer etwas ganzheitlicheren Umweltpolitik. Wir besprechen hier ein sehr bedeutendes Thema, weil wir gerade vor einem weltweit sehr wichtigen Ereignis stehen. Wir stehen vor dem UN-Klimagipfel in Paris; er ist ganz wesentlich für die Nachfolge des Kyoto-Protokolls. Die Generalkonsulin hat hier am Dienstag wegweisend gesprochen, weil auch sie den Klimawandel als eine sehr wichtige Ursache für die Flucht bezeichnet hat. Es ist auch so: Der Konflikt in Syrien wurde vor einigen Jahren durch eine extreme Dürreperiode angeheizt, die eine große Hungerproblematik und Unzufriedenheit ausgelöst hat. Wir haben hier eine globale Verantwortung, der wir uns lokal stellen müssen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Abgeordneten der CDU)
Deswegen bin ich dem Kabinett des Landes Hessen dankbar, das in dieser Woche – rechtzeitig vor dem Großereignis in Paris – einen Klimaschutzplan auf den Weg gebracht hat mit dem Ziel, endlich verbindliche Zwischenziele für die CO2-Emissionen in Hessen zu definieren. 2020 sollen die CO2-Emissionen um 30 Prozent und bis 2025 um 40 Prozent reduziert werden. Das ist ein ehrgeiziger Plan, und wir gehen es jetzt mit verschiedenen Maßnahmen an. Ich finde den Prozess beispielhaft. Wir wollen einen Prozess von unten bewirken, in dem alle Stakeholder und Beteiligten zusammen die Maßnahmen erarbeiten.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Herr Kollege Gremmels, hier geht es um den Haushalt, weil nämlich genau diese Programme jetzt erarbeitet werden. Es wird das große Projekt für den kommenden Haushalt sein. Dafür sind Mittel eingestellt, und es werden Maßnahmen dazu erarbeitet.
Herr Kollege Gremmels, wenn Sie über den Haushalt sprechen: Die Energieagenda ist ein Bereich, den wir jetzt, da sehr viele Mittel in den Haushalt eingestellt worden sind, ebenso wie das Thema Energieeffizienz im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes angehen. Den Verkehrsbereich und den ÖPNV haben wir gerade im Einzelplan 07 besprochen.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Wir denken doch ganzheitlich. Ich denke nicht nur in Einzelplänen. Umweltpolitik ist ein ganzheitlicher Bereich, den man sich integriert anschauen muss. Ein Klimaschutzkonzept wird nicht nur vom Umweltministerium entwickelt, sondern glücklicherweise in Abstimmung zwischen allen Beteiligten. Auch die Landwirtschaft ist für das Klimaschutzkonzept sehr wichtig. Herr Gremmels, genau dahin gehen unser Ökoaktionsplan und unsere Förderung im Haushalt.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Wir schaffen nur dann den Klimaschutz, wenn wir es auch schaffen, unsere Landwirtschaft zu ändern. Die Landwirtschaft ist für den Klimaschutz ein ganz wichtiger Sektor.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Es ist klar, dass wir es in Hessen nicht alleine schaffen können. Der Bund steht dafür in Verantwortung. Er setzt für uns die wichtigen Rahmenbedingungen. Auch der Bund hat einen Klimaaktionsplan 2015. Dieser Klimaaktionsplan steht im Moment noch auf dem Papier, und mir fehlt der Glaube daran, dass er überhaupt noch realisiert wird. Es gab jetzt von der Bundesregierung eine Absage an die Kohleabgabe. Am Energiemarkt wird die Kohleenergie bevorteilt. Von Horst Seehofer gab es eine Absage an Steuerboni für energetische Sanierung.
Herr Kollege Gremmels, genau diese Rahmenbedingungen machen es uns unglaublich schwer, eine wirkungsvolle Klimaschutzpolitik in Hessen zu realisieren. Herr Seehofer und Herr Gabriel entwickeln sich immer mehr zu Abrissbirnen der Energiewende. Wenn das in den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr und Wohnen auch noch passiert, dann fürchte ich, dass der Klimaschutzplan auf Bundesebene – –
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Herr Kollege Gremmels, das ist ein Problem. Wenn Sie hier gute Umweltpolitik machen wollen, brauchen wir eine gute Bundesregierung. Wenn die Bundesregierung den Klimaschutz immer nur mit Füßen tritt und einen wunderschönen Klimaschutzaktionsplan auflegt, aber alle Einzelbereiche jetzt zu einem Papiertiger – zu einem sehr festen Papiertiger – werden, dann haben wir ein Problem, unsere guten Ziele umzusetzen. Deshalb gehört das natürlich zusammen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD)
Herr Gremmels, jetzt reden wir einmal über die Schwerpunkte, die wir setzen wollen. Die Landwirtschaftspolitik ist – wie bereits gesagt – ein wesentlicher Bereich für eine gute Klimaschutzpolitik. Die Frage ist, ob wir es wirklich schaffen, über die lokale Wertschöpfung, die kleinräumige Landwirtschaft – wie wir sie in Hessen haben –, die regionalen Vermarktungsstrukturen und eine umweltschonende Landwirtschaft einen sanften Wandel in der Landwirtschaft zu erzeugen.
Das ist auch eine Frage der globalen Gerechtigkeit, des Erhalts unserer Lebensgrundlagen, der Schönheit und des Erhalts unserer wunderbaren Kulturlandschaften und nicht zuletzt des Genusses guter, gesunder und leckerer Nahrungsmittel. Es ist sehr gut, dass wir diesen sanften Wandel gerade jetzt gemeinsam mit unserem Koalitionspartner einleiten. Ich bin der Umweltministerin dafür ganz besonders dankbar.
Wir schaffen diesen sanften Wandel nicht mit Revolution, harten Worten, Konflikten und Streit. Man schafft ihn nur mit Diplomatie, aufeinander Zugehen und Lösungen miteinander. Der Zukunftspakt Landwirtschaft, der hier als Antrag vorliegt, ist der Bereich, in dem es uns gelingt, dass alle Beteiligten von den Umweltverbänden bis hin zum Bauernverband an einer gemeinsamen Lösung für Hessen arbeiten. Das hat nicht nur eine lokale Auswirkung, sondern auch eine regionale und vielleicht auch ein Stück weit eine globale. Das finde ich ganz großartig.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der FDP)
Nehmen wir den Ökoaktionsplan, den wir in diesem Haushalt stärken. Im kommenden Jahr sind dafür 2,4 Millionen Euro eingestellt. Das ist eine Steigerung von 1,4 Millionen Euro. Die Erfolgsgeschichte zeigt uns, dass er auch das Geld wert ist. Im letzten Jahr – nur ein Jahr nach dem Ökoaktionsplan – haben sich 180 Betriebe dafür entschieden, umzustellen. Das machen sie nicht, weil wir sie drängen, sondern weil sie das als eine echte Chance für ihre eigene kleine Landwirtschaft in Hessen begreifen. Das ist eine Erfolgsgeschichte mit und für die Landwirte. Ich glaube, wir können zu Recht stolz darauf sein.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Herr Gremmels, zum Thema Wald: Sie hatten nur die Beteiligung der Kommunen an den Pachteinnahmen genannt. Ich möchte Ihnen einmal sagen, was wir gerade alles im Bereich Wald machen. Ich spreche jetzt nicht vom Wald im Sinne der FDP. Bei der FDP fängt der Wald immer dann an, wenn ein Windkraftrad hineingestellt werden soll. Dann wird eine Monokultur von Fichten plötzlich zum naturnahen Wald und zum Naturschutzgebiet. Herr Kollege Lenders, Sie haben recht. Es ist vor allem Kollege Rock, der darüber so redet.
(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))
– Nein, Herr Rentsch, ich rede überhaupt keinen Blödsinn.
Wir können beide einmal die Rede von Herrn Rock analysieren und schauen, an welcher Stelle er plötzlich zum Naturschützer wird. Das geschieht immer dann, wenn irgendwo ein Windrad steht – dann wird er Naturschützer; ansonsten hat er das Thema Naturschutz noch nie gehört. Leider ist das die Wahrheit. Sie können doch einmal mit dem Kollegen Rock darüber sprechen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))
Wir reden hier vom naturnahen Wald und von dem ganz wichtigen Projekt der FSC-Zertifizierung. Mit dem kommenden Haushalt werden wir es schaffen, die Hälfte aller Forstämter nach FSC zu zertifizieren. Damit ist die Hälfte unseres Staatswalds FSC-zertifiziert. Das ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung, die auf heimische Bäume setzt und auf eine Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden. Es wird darauf geachtet, dass Arten erhalten bleiben, manche auch aus der Nutzung herausnimmt. Wenn man es ganz pathetisch sagt, dann ist das am Ende die Möglichkeit, dass wir mit unseren Enkeln und Urenkeln noch durch den Wald laufen und den Wald noch sehen können so, wie er heute existiert – einen echten, schönen, naturnahen Wald. Damit machen wir etwas ganz Nachhaltiges für unser gutes Hessen.
(Beifall der Abg. Martina Feldmayer und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)
Herr Kollege Gremmels, Sie haben die Beteiligung an den Pachteinnahmen angesprochen. Das verstehe ich. Sie brauchen sich aber keine Sorgen zu machen, wir werden dazu noch einen Änderungsantrag zu diesem Haushaltsentwurf einbringen und die direkte Beteiligung der Pachteinnahmen – –
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
– Das Thema Förderung ist schon im Haushalt enthalten. Herr Kollege Gremmels, auch die direkte Beteiligung an den Pachteinnahmen wird kommen. Sie müssen sich vielleicht noch bis zum nächsten Plenum gedulden, bis Sie diesen Änderungsantrag sehen. Aber wir werden die Kommunen hier nicht im Regen stehen lassen. Das ist alles geplant.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Herr Gremmels, es gibt kein Problem, denn wir werden das so umsetzen.
(Beifall der Abg. Martina Feldmayer und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)
Kommen wir noch zu den Bereichen Tierschutz und Naturschutz.
Die Umweltlotterie haben Sie hier ein bisschen lächerlich gemacht. Die ist überhaupt nicht lächerlich. Eigentlich dachte ich – als uns in der letzten Sitzung des Umweltausschusses der Vertreter von Hessen-Lotto berichtet hat, welche Chancen es da gibt –, auch Sie wären jetzt überzeugt. Es wird immer wieder behauptet, das würde gegen die anderen Gruppen ausgespielt werden. – Nein, das Tolle an der Umweltlotterie ist: Es handelt sich um eine neue Zielgruppe. – Die Erlöse haben Sie als lächerlich klein dargestellt.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
– Ja, und wie es für einen Fachpolitiker, der sich Mühe gibt, richtig ist, haben Sie nachgefragt, was das an Einnahmen bedeutet. Daraufhin wurde Ihnen das genau aufgeschlüsselt.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Sie aber nehmen immer nur das erste Jahr. Im ersten Jahr gibt es insgesamt Erlöse
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
– Herr Kollege Gremmels, lassen Sie mich doch einmal ausreden – von 360.000 Euro. Das klingt nicht nach viel, ist aber einfach eine Frage des Herangehens. Ein solches Projekt muss erst einmal wachsen. Hessen-Lotto selbst geht von Prognosen allein im vierten Jahr von 4 Millionen Euro aus. Das ist schon eine andere Hausnummer.
(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
Jetzt bin ich nicht so optimistisch wie Hessen-Lotto.
(Lachen bei der SPD)
Vielleicht sind es auch nur 3 Millionen Euro. Aber auf jeden Fall wird es einiges mehr werden. Wir alle haben es in der Hand, dass dieses Projekt gut wird. Ich glaube auch, das hat eine Menge Chancen, denn die Menschen können Nachbarschaftsprojekte auswählen.
(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Der Hauptgewinner ist der Finanzminister, das ist so:
(Beifall der Abg. Angelika Löber (SPD))
Wenn Sie schauen, welche nachhaltige Finanzpolitik wir machen, dann ist es sehr gut.
(Beifall der Abg. Claudia Ravensburg (CDU))
Wenn Sie schauen, welche nachhaltige Finanzpolitik wir betreiben, dann ist die sehr gut. Wir als Hessischer Landtag haben kein Problem, wenn unser Finanzminister auch noch dies dazuverdient. Wenn wir das weiterhin für solch gute Projekte wie unseren Aktionsplan für Flüchtlinge ausgeben, dann ist dieses Geld ausgesprochen gut investiert.
(Beifall der Abg. Martina Feldmayer und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)
 
Vizepräsidentin Ursula Hammann:
Frau Kollegin, ich muss Sie an die angemeldete Redezeit erinnern.
 
Angela Dorn:
Das ist schade. Ich komme gleich zum Schluss.
Ich möchte zumindest noch zum Thema Wohnen sagen: Wir schaffen Wohnraum. Herr Kollege Gremmels, ich weiß nicht, warum Sie sagen, wir wären hier im Tiefschlaf. Wenn wir im Tiefschlaf wären, dann hätten wir eine Ministerin, die wunderbar schlafwandeln kann, denn sie hat gerade ein solch gutes Projekt vorgelegt. Wir haben eine unglaublich große Kraftanstrengung unternommen. Im Jahr 2016 werden die Mittel für den Wohnungsbau verdoppelt. Zusammen mit dem Kommunalinvestitionsprogramm haben wir insgesamt 1 Milliarde Euro – 10.000 Wohnungen für 30.000 Menschen bis zum Jahr 2019, das ist ein Wort.
Wissen Sie, ich habe einen Riesenrespekt vor der Aufgabe, die vor uns steht. Ich sage nicht, dies sei die einzige Antwort. Ich bin auch auf mehr Antworten und noch bessere Lösungen gespannt. Denn diese Aufgabe ist gewaltig. Aber zu sagen, wir befänden uns im Tiefschlaf und würden nichts tun – bei 1 Milliarde Euro: Das ist so etwas von an der Realität vorbei. Wir machen in diesem Bereich eine ganze Menge, und das ist auch unglaublich wichtig, denn wir haben hier eine Riesenverantwortung.
(Beifall der Abg. Martina Feldmayer und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der CDU)
Ganz zum Schluss: Es geht nicht nur um die Anzahl der Wohnungen, es geht auch um die Frage der Lebensperspektive: In welchem Wohnraum leben die Menschen? Das Programm Soziale Stadt ist hierauf genau die richtige Antwort: Bund, Länder und Kommunen arbeiten hier zusammen. Die Menschen entwickeln von sich aus etwas, und wir fördern weiterhin das Programm Soziale Stadt, vielleicht sogar stärker. Ich glaube, das ist genau die richtige Antwort. Wir brauchen nicht die Banlieues aus Frankreich, sondern wir brauchen echte Prävention für junge Menschen, damit die eine Perspektive bekommen. Das ist am Ende auch gute Sicherheitspolitik. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
 
Vizepräsidentin Ursula Hammann:
Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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