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24.06.2010
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Schwarz-gelbe Klientelpolitik - Eliteförderung statt Bildung für alle

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Reißer, eines möchte ich gleich richtigstellen. Sie haben gesagt, Sie hätten die Evangelische Fachhochschule gerettet.

Ich kann mich noch sehr gut an meine allererste Rede im Parlament erinnern. Dabei ging es um die Evangelische Fachhochschule. Wir hatten beantragt, dass Sie sich dafür einsetzen, dass diese Hochschule keine Studiengebühren einführen muss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Die linke Seite des Hauses hat zugestimmt, die Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP aber leider nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich freue mich aber, dass Sie noch lernfähig sind. Darüber freue ich mich sehr.

Zurück zum Thema. Der Zeitungsbericht über die Gründungsfeier der European Business School – Universität für Wirtschaft und Recht wird sie jetzt genannt – muss zum aktuellen Zeitpunkt für die Vertreter der öffentlichen Hochschulen ziemlich schmerzhaft gewesen sein. Fast 25 Millionen Euro Landesgelder, verteilt bis zum Jahr 2012, werden genommen. Das geschieht trotz der Kürzung der Mittel für den Hochschulpakt um 30 Millionen Euro.

Im Mai 2010 waren rund 10.000 Angehörige der Universitäten in Wiesbaden. Frau Kühne-Hörmann, ich frage mich eigentlich, für wen Sie sich primär zuständig fühlen. Fühlen Sie sich für die öffentlichen oder die privaten Hochschulen primär zuständig? Ich habe langsam das Gefühl, dass es die privaten Hochschulen sind. Dabei müssten Sie doch gerade den öffentlichen Hochschulen größtmögliche Chancen bieten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Hermann Schaus und Janine Wissler (DIE LINKE))

Frau Kühne-Hörmann, Sie haben das geflügelte Wort geprägt, Sie wollten den Hochschulen auf Augenhöhe begegnen. Für mich würde das bedeuten, dass Sie gegenüber den Hochschulen eine harte, aber durchaus gerechte Verhandlungspartnerin sind. Ich muss sagen, dass Sie das eigentlich weder mit den öffentlichen noch mit den privaten Hochschulen machen. Die private European Business School hofieren Sie schon fast untertänig. Im Gegensatz dazu haben Sie den öffentlichen Hochschulen einen Hochschulpakt diktiert, zeigen keinerlei Verhandlungsbereitschaft und keinerlei Bereitschaft zu einem Kompromiss. Sie zeigen damit auch keinerlei Souveränität.

Beides stellt kein Verhandeln auf Augenhöhe dar. Das hat die European Business School wohl auch verstanden. Sie hat ihre Entscheidung als eine besonders mutige hervorgehoben.

Wie Frau Wissler fand auch ich sehr interessant, dass Florian Rentsch als guter Kumpel besonders gedankt wurde. Ich würde mir wünschen, Florian Rentsch, der Vorsitzende der FDP-Fraktion, würde auch den öffentlichen Hochschulen ein guter Kumpel sein und sich für die öffentlichen Hochschulen einsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was aber müssen die öffentlichen Hochschulen jetzt tun? Sie müssen sich jedes Jahr 30 Millionen Euro herausschneiden, und zwar da, wo es am meisten wehtut, nämlich aus dem Grundbudget. Das betrifft also die Lehre und den laufenden Betrieb. Das geschieht trotz der Herausforderungen, denen die Hochschulen gerade begegnen. Die Bologna-Reform muss endlich verbessert werden. Auf uns kommen die doppelten Abiturjahrgänge zu.

Das zeigt mir deutlich: Sie sehen darin keinen Widerspruch. Sie sehen das nicht als unfaire Behandlung an. Warum ist das so? – Das ist so, weil Ihr Blickfeld leider auf die Förderung der Exzellenz eingeschränkt ist. Das haben wir gerade in der Rede des Herrn Reißer immer wieder gehört. Er hat das betont.

(Rafael Reißer (CDU): Das ist doch gar nicht wahr!)

Deswegen betonen Sie auch so stark, dass Sie beim Hochschulpakt die Exzellenzinitiative völlig außen vor gelassen haben. Das ist eine respektable Förderung. Das müssen wir auf jeden Fall anerkennen. Meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU und der FDP, was helfen Ihnen aber die Leuchttürme, wenn Sie die gesamte Grundsubstanz völlig marode werden lassen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Dann zerbricht Ihr gesamtes Gebäude. Dann zerbrechen auch Ihre Leuchttürme. Das ist weder intelligentes Sparen noch eine intelligente Hochschulpolitik.

Die Extraförderung der European Business School nennen Sie nicht Exzellenzförderung. Vielmehr sagen Sie, Sie wollten die Vielfalt der hessischen Bildungslandschaft erweitern und das wäre ein fairer Weg dorthin.

Ich gebe Ihnen in einem recht. Ja, auch private Hochschulen sind für die Vielfalt der Hochschullandschaft interessant. Deswegen sind wir GRÜNE auch nicht prinzipiell gegen private Hochschulen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe das schon einmal gesagt. Die Zeppelin Universität am Bodensee setzt die Bologna-Reform wunderbar um. Sie setzen sehr wichtige innovative Impulse. Aber es besteht ein Unterschied hinsichtlich der Frage, wie man sie fördert. Die meisten privaten Hochschulen haben andere Finanzierungsquellen. Sie erhalten Mittel aus der Wirtschaft. Sie erheben Studiengebühren. Über die Höhe haben wir gerade eben etwas gehört. Herr Reißer, man muss auch sagen, dass das Stipendiensystem, das es dort gibt, viel zu wenig soziale Faktoren berücksichtigt.

In Zeiten der Sparpolitik ist ein öffentlicher Zuschuss an eine private Hochschule überhaupt nicht fair.

Bei der European Business School ist noch gar nicht ganz klar, ob sie wirklich eine exzellente Hochschule wird. Sie hat es nicht geschafft, die europaweite und internationale Akkreditierung zu bekommen.

Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Dorn, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Angela Dorn:

Ja. – Es handelt sich da um eine Qualitätsprüfung, dessen Bestehen eigentlich wichtig wäre, um mit den anderen Hochschulen in Deutschland und Europa mithalten zu können.

Ich würde Ihnen raten: Schauen Sie nicht nur auf die Exzellenz. Schauen Sie auf die Grundfinanzierung. Machen Sie die öffentlichen Hochschulen für den Wettbewerb fit, den Sie immer wieder ausrufen. Die müssen erst einmal diesem Wettbewerb standhalten.

Danach können Sie sich von mir aus noch einmal die privaten Hochschulen anschauen. Aber Sie haben Ihre erste Aufgabe noch gar nicht erfüllt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Dorn, vielen Dank.

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