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24.08.2011
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Gesetz zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte am Universitätsklinikum Gießen und Marburg

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Was wurde im letzten Jahr im Wissenschaftsbereich alles versprochen und was wurde gehalten? Die European Business School wird mit mehreren Millionen Euro gefördert, weil wir in der Region so exzellente Wirtschaftsjuristen brauchen, doch nun gibt es den Verdacht der Veruntreuung. Es geht um die Steuergelder der Hessischen Bürgerinnen und Bürger, doch Frau Ministerin Kühne-Hörmann zeigt einen sehr geringen Willen zur Aufklärung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist das für eine Ministerin, die sich verzweifelt an alte Leuchttürme klammert und der es wichtiger ist, sich daran zu klammern, statt die Kontrolle der Verwendung der Steuergelder zu prüfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zweite große Versprechen, die Privatisierung des Uniklinikums Gießen-Marburg. Sichere Arbeitsplätze sollten in die Region kommen, ein Zustrom von Medizinern, neue Leuchttürme in der Wissenschaft und sichere Investitionen. Eine ganz wesentliche Investition war gerade für Marburg das Partikelzentrum. Es sollte eine der modernsten Behandlungen von Krebspatienten ermöglichen. Und nun? – Das Partikelzentrum steht vor dem Aus. Wenn wir Glück haben, können wir es noch irgendwie für Forschung und Lehre betreiben; wenn wir Glück haben, sind daran dann noch Menschen beteiligt, aber die Ministerin zeigt keinerlei Interesse an Transparenz.

Es wäre einmal interessant zu wissen, ob der Betrieb denn wirklich nicht ohne Verluste möglich ist oder ob es doch um die Gewinninteressen der Rhön AG geht. Der Vertrag hat wahrscheinlich Schwächen; wir haben immer noch keine Ahnung, ob wir Schadensersatz geltend machen können und unter welchen Bedingungen. Was ist das für eine Ministerin, die sich von einem Konzern so über den Tisch ziehen lässt und so wenig Interesse hat, zu erfahren, wo die Steuergelder der hessischen Bürgerinnen und Bürger hingehen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Den Beschäftigten am Uniklinikum Gießen und Marburg wurde Arbeitsplatzsicherheit versprochen. Ich kann den ehemaligen Ministerpräsidenten Koch zitieren, der im Dezember des Jahres 2005 kurz vor der Privatisierung in diesem Hause gesagt hat:

Mit diesen Tagen sind die Arbeitsplätze in Gießen und Marburg sicherer geworden, nicht unsicherer.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Dafür mussten die Beschäftigten, das muss man leider sagen, als sie zu dem privaten Betreiber übergeleitet wurden, auf ihr Widerspruchsrecht verzichten. Es gab aus den Reihen der Opposition Warnungen, und es gab Warnungen von den Arbeitnehmervertretungen. Die Landesregierung stellte sich aber leider taub. Anfang des Jahres wurde sie vom höchsten Gericht persönlich gerügt. Das Bundesverfassungsgericht hat sehr deutlich gemacht, dass man mit den Beschäftigten so wirklich nicht umgehen kann. Sie mussten ein neues Gesetz vorlegen und haben eine eindeutige Wiedergutmachungspflicht.

Was liegt nun vor? – Ein Gesetz mit formalem Rückkehrrecht, aber einigen Schwächen im Detail. Daher muss ich meinem Kollegen Spieß recht geben: Es ist lediglich eine juristische Minimallösung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Frau Wolff, natürlich geht es um eine politische Bewertung, denn Sie haben hier eine Wiedergutmachungspflicht. Sie suchen nämlich nicht nach einer guten Lösung für die Beschäftigten, sondern nach der einfachsten Lösung für sich selbst. Sie versuchen sogar, das Rückkehrrecht so unattraktiv zu machen, dass es am Ende für Sie nicht zu teuer kommt. Was ist denn das für eine Ministerin, die ihrer Verantwortung und Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten nicht nachkommt?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Frau Ministerin, Sie streichen Ihre bröckelnden Leuchttürme immer wieder schön an, wollen aber eigentlich nur verdecken, dass die Leuchttürme schon längst zu einstürzenden Neubauten geworden sind. Nötig wäre eigentlich einmal Selbstkritik, ein offenes Herangehen an die Probleme und eine wirkliche Lösung, die es schafft, dass die Beschäftigten und die Region damit im Einklang sind. Wir bräuchten keine Formelkompromisse, sondern echte und durchdachte Lösungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Wolff, Sie sind der Meinung, dass Sie das geschafft haben. Ich präsentiere Ihnen einmal unseren Vorschlag, wie wir denken, dass eine durchdachte Lösung erreicht werden könnte. Ein wichtiges Thema ist der Kündigungsschutz. Die Beschäftigten, die Widerspruch einlegen wollen, müssen auch wissen, ob sie beim Land beschäftigt werden, wenn ja, wo?

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Ganz viele sind sozusagen gerade regional gebunden, und es ist ihnen familiär gar nicht möglich, umzuziehen. Die nächste Frage ist: Was verdienen sie denn ganz konkret? Frau Wolff, wenn die Beschäftigten wirklich nichts befürchten müssen und alles so sicher ist, dann dürfte es Ihnen auch kein Problem bereiten, diesen Kündigungsschutz zu garantieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Frau Wolff, der zweite Punkt für eine durchdachte Lösung wäre, dass Sie dieses Rückkehrrecht wirklich allen Betroffenen garantieren. Wir haben auch eine Gruppe, die Sie noch gar nicht berücksichtigt haben, und zwar diejenigen, die vor der Privatisierung, schon bei der Fusion, zum Uniklinikum wechseln mussten. Diese mussten wegen steuerrechtlicher Problematiken beim Arbeitgeber zum Uniklinikum wechseln. Auch diejenigen, das sind mehrere Hundert Beschäftigte, haben ein Recht auf eine Rückkehr zum Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Dritte, was ich mindestens genauso wichtig finde, ist ein Konzept. Wenn Sie es mit dem Rückkehrrecht wirklich ernst meinen, müssen Sie ein Konzept haben, wie man das denn abwickeln könnte. Das heißt, Sie müssten einen Platz für all diejenigen finden, die zu Ihnen zurückkehren wollen. Sie müssten einmal mit der Rhön AG in Verhandlungen treten und fragen, ob sie diese sozusagen wieder zurückleihen würde. Sie müssten in der Region nach freien Stellen suchen und einmal beim RP und der Uni Marburg nachfragen, ob es in nächster Zeit frei werdende Stellen gibt, die besetzt werden müssen. Sie müssten vielleicht auch irgendwie Stellensperren einrichten, und Sie müssten, was ganz wichtig ist, für die Betroffenen eine Beratung möglich machen. Erst dann, wenn Sie diese ganzen Punkte erfüllt hätten, könnten wir sagen, dass Ihr formales Rückkehrrecht zum Land auch ein echtes ist. Erst dann hätten Sie den groben Fehler, den Sie gegenüber den Beschäftigten gemacht haben, wieder gut gemacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Frau Ministerin, hören Sie endlich auf, Ihre einstürzenden Leuchttürme einfach nur anzumalen und Ihre Probleme und Fehler zu verstecken. Fangen Sie endlich einmal an, echte Lösungen zu finden und Ihrer Verantwortung als Ministerin gerecht zu werden. Vielleicht müssen Sie dann einmal zugeben, dass Ihre Leuchttürme doch nicht so strahlend sind, wie Sie es immer gesagt haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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