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14.12.2010
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Gesetz für die hessischen Universitätskliniken und Hochschulgesetz

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Hinter diesem Gesetzentwurf verbirgt sich – wie schon oft betont – bundesweit die erste Privatisierung eines Universitätsklinikums. Wir finden darin leider Abschwächungen, wo eigentlich eine Stärkung wichtig gewesen wäre, nämlich bei den Vorkehrungen für die Freiheit von Forschung und Lehre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Dekan des Fachbereichs Medizin wird in seinen Mitspracherechten deutlich eingeschränkt. Ich möchte das vor dem Formalen und Rechtlichen erst einmal inhaltlich begründen. Der Dekan des Fachbereichs Medizin soll kein Widerspruchsrecht mehr wie bisher besitzen, sondern ausschließlich der Universitätspräsident. Ihr Änderungsantrag ist in diesem Sinn nur Makulatur, denn eine Beratung ist eben nicht ein Widerspruchsrecht und kommt den Bedenken aller Dekane, die in der Anhörung vorgetragen haben, auf jeden Fall nicht entgegen. Das haben eindeutig die Briefe gezeigt, die uns allen geschrieben worden sind.

Zum Zweiten wird er in der Schlichtungskommission nicht mehr vertreten sein. Die Schlichtungskommission ist aber sehr nötig, um Konflikte zwischen dem Universitätsklinikum und der Universität zu lösen. Genau dort ist er auch wichtig. Der Dekan des Fachbereichs Medizin ist eigentlich einer der wenigen Garanten, die wir im Moment haben, um die Freiheit von Forschung und Lehre auch zu garantieren, denn er hat ein ureigenes Interesse daran, dass dort genügend Kapazität vorhanden ist.

Frau Wolff, deswegen verstehe ich nicht, warum Sie sagen, es sei Ergebnis einer Anhörung, was Sie als Änderungsantrag gebracht haben. Die Dekane haben eindeutig klar gemacht, dass das ein sehr unkluger Schritt ist. Sie verlieren Ihren wichtigsten Partner bei dem Erhalt einer freien Forschung und Lehre. Was ich besonders wichtig finde – da müssten Sie spätestens umdenken –: Es geht um Landesgelder einer privatisierten Universitätsklinik. Deswegen sind die Dekane die Garanten für die richtige Einsetzung dieser Mittel. Deswegen finde ich es fahrlässig, was Sie hier tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir haben ebenfalls rechtliche Bedenken, auch wenn ich nicht ganz so sicher wie Herr Dr. Spies herangehen würde. Zumindest ist deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht in der Rechtsprechung den Hochschulorganen eine hohe Partizipation beigemessen hat – sowohl bei dem Hamburger Hochschulgesetz als auch in dem vorgetragenen Rechtsstreit. Die Freiheit von Forschung und Lehre und die Mitwirkungsrechte werden von ihm weit ausgelegt. Deswegen finde ich es sehr richtig, dass wir eine dritte Lesung haben. Ich denke, es sollte noch einmal umfassend geprüft werden.

Nun grundsätzlicher zum Gesetz. An dem Gesetz wird deutlich, dass es versäumt wird, dass man grundsätzlich über den Veränderungsbedarf nachdenkt. Immerhin haben wir jetzt nach einer langen Zeitspanne gesehen, was die Privatisierung in Gießen und Marburg an Resultaten gebracht hat.

Sie betonen immer wieder die Investitionen. Das ist auch wichtig. Das waren gute Investitionen. Darüber sind wir froh. Aber es reicht nicht, die immer wieder zu nennen und alle Bedenken auszublenden, beispielsweise bei der Sicherung der Qualität und der Versorgung. Wir haben eben über Qualitätsstandards diskutiert. Bei den privatisierten Universitätskliniken ist das ein wichtiger Punkt.

Genauso der Bereich Lehre und Forschung. Wenn man sich in Marburg und Gießen umhört und mit den Beschäftigten redet, dann kommt immer wieder das Wort von Feierabendforschung auf: Hier wird nur Feierabendforschung gemacht. – Zuletzt wurde das durch den Brandbrief der Oberärztin der Kinderklinik in Marburg öffentlich. Frau Kühne-Hörmann, Sie haben die Rechtsaufsicht. – Sie sitzen drüben. Entschuldigung, ich bin noch nicht umgewöhnt.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie haben dort viel zu wenig getan. Sie haben im April Stellungnahmen auf diesen Brandbrief angefordert und haben bis Ende des Jahres Zeit gegeben. Das kann ich bei einem so aktuellen und wichtigen Thema nicht nachvollziehen.

Genauso das Controlling, das Sie genannt haben und was gemacht werden soll, ein Controlling über die Forschungszeiten. Daran arbeiten aktuell die Fachbereiche in Gießen und Marburg. Ein solches Controlling hätte schon mit der Privatisierung eingeführt werden sollen. Hier geht es um den Mitteleinsatz unserer Landesgelder. Man muss schon ein bisschen mehr Kontrolle fordern.

Frau Kühne-Hörmann, Sie nennen zu Recht den Wissenschaftsrat, der dieses Controlling durchführen soll. Aber es ist nur eine Quelle. – Wenn man Ihre Pressemitteilung liest, denkt man, der Wissenschaftsrat hat einen wahren Lobgesang erklingen lassen. Die Wahrheit ist, es gab auch deutliche Kritik.

28 Erstens. Bei der Lehre hat er eindeutig kritisiert, dass die personelle Ausstattung der medizinischen Fakultäten in Hessen an letzter Stelle steht. Die Änderungen im Haushalt werden uns vielleicht ein bisschen nach vorn rücken, aber sicherlich nicht so, wie es zu wünschen wäre.

Zweitens konnte der Wissenschaftsrat bisher noch gar nicht beurteilen, welche Folgen die Privatisierung wirklich hat, weil der Begutachtungszeitraum viel zu kurz war.

Insofern finde ich es wichtig, dass Sie noch andere Quellen außer dem Wissenschaftsrat heranziehen, und das tun Sie leider nicht. Deswegen bleibt alles wie bisher, außer den Punkten, wo Sie die Dekane noch einschränken.

Vizepräsident Lothar Quanz:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Dorn.

Angela Dorn:

Ja. – Nur noch ein Punkt zur Forschungsanstalt Geisenheim. Wir haben Verständnis, es musste schnell geregelt werden, wir brauchen eine neue Rechtsgrundlage. Aber mir ist sehr wichtig, dass wir noch über die Gestaltung der Forschungsanstalt in der ganzen hessischen Wissenschaftslandschaft diskutieren. Das ist eine große Chance, und man sollte es nicht beim rein Formellen belassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Dorn.

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