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17.11.2011

Andreas Jürgens: Therapieunterbringungsgesetz

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute erneut mit einer Fragestellung, mit der sich wahrscheinlich die meisten der Kollegen lieber nicht beschäftigen würden, vielleicht mit Ausnahme von dem Kollegen Rentsch, dem neuen selbst ernannten Fachmann für dissoziale Persönlichkeitsstörungen.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Aber wir müssen uns damit beschäftigen. Wir können dem nicht aus dem Wege gehen. Das Therapieunterbringungsgesetz des Bundes ist – das kann man durchaus sagen, und da stimme ich vielem zu, was Herr Dr. Wilken gesagt hat – durchaus missglückt. Das haben uns übrigens auch die Sachverständigen bestätigt, die wir in der Anhörung hatten. Und sie waren gleichzeitig nahezu voll des Mitleids, dass wir als hessische Landtagsabgeordnete gezwungen sind, ein solches Gesetz umzusetzen. Aber das sind wir nun mal.

Wir haben nicht zu beurteilen, ob dieses Gesetz gut, richtig oder sonst irgendetwas ist. Es hat den Weg in das Bundesgesetzblatt gefunden und ist damit geltendes Recht. Ob wir es wollen oder nicht, wir müssen es umsetzen. Für meine Fraktion war ein Aspekt von entscheidender Bedeutung – das räume ich ein –, den sich eine Opposition, die anstrebt, in die Regierung zu kommen, immer stellen muss. Herr Wilken, das ist eine Fragestellung, die Sie wahrscheinlich nicht interessiert, seit Sie im Laufe des letzten Jahres aus der letzten Regierung, an der Sie noch beteiligt waren, abgewählt wurden.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Aber wir müssen uns da stellen, weil wir schon in die Regierung streben. Deswegen haben wir uns natürlich gefragt, wie wir uns eigentlich entschieden hätten, wenn wir jetzt aktuell an Regierung und Landtagsmehrheit beteiligt wären. Das Ergebnis ist relativ eindeutig. Auch wir hätten es nicht wesentlich anders machen können. Auch wir wären nicht aus Begeisterung, sondern weil wir gezwungen sind, das Bundesrecht umzusetzen, gezwungen gewesen, ein solches Gesetz zu erlassen. Deswegen werden wir heute auch zustimmen.

Es ist nicht in unserer Hand zu entscheiden, ob das ThUG tatsächlich gegen die Verfassung verstößt. Wir haben nicht zu entscheiden, ob es gegen die Menschenrechtskonvention verstößt; das hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof zu entscheiden. Wir haben auch nicht zu entscheiden, ob es mangels Genauigkeit nicht angewandt werden kann. Und wir haben schon gar nicht zu entscheiden, ob in einem Einzelfall seine Voraussetzungen vorliegen und deswegen ein Gericht eine Einweisung eines Insassen beschließt.

Aber wenn ein Gericht zu diesem Ergebnis kommen sollte, es ist alles in Ordnung mit dem ThUG, und ein betreffender Täter wird eingewiesen, dann müssen wir eine Einrichtung vorhalten. Wir müssen die gesetzliche Grundlage dafür schaffen, sonst sind wir dafür verantwortlich, dass ein Beschluss eines unabhängigen Gerichts nicht umgesetzt werden kann, und das kann nicht sein. Deswegen müssen wir nicht aus Begeisterung, sondern, weil wir der Not gehorchend die Notwendigkeit sehen, dem zustimmen.

Wir vermeiden mit der geplanten Einrichtung in Gießen – das „feste Haus“ auf dem weitläufigen Geländer der psychiatrischen Kliniken, es soll ja in eine entsprechende Einrichtung umgestaltet werden – auch das Problem, das andere Bundesländer haben. Wir werden nicht Personal neu einstellen müssen, sondern der benachbarte Maßregelvollzug wird festlegen, welche Ärzte, welche Therapeuten, welches Pflegepersonal im Falle eines Falles zur Verfügung stehen, um dort einspringen zu können, wenn tatsächlich ein Insasse kommt. Wir haben also zunächst keinen weiteren Personalaufwand, sind aber gewappnet, falls der Fall eintritt, den niemand von uns gern haben möchte, dass nämlich tatsächlich ein solcher Insasse kommt. Ich hoffe, wie wahrscheinlich die meisten von uns, dass dieser Fall niemals eintreten wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

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