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05.10.2011

Andreas Jürgens: Landesblindengeld

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die blinden Menschen in Hessen können sich auch weiterhin darauf verlassen, dass ihnen der Nachteilsausgleich in Form des Blindengelds zur Verfügung steht. Das ist die Botschaft des einstimmigen Beschlusses des Sozialpolitischen Ausschusses. Deswegen ist dieser Tag ein guter Tag für die blinden Menschen in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der Gesetzentwurf hat in der Anhörung viel Zustimmung bekommen. Das Blindengeld bleibt in seiner ursprünglichen Höhe erhalten. Es wird nicht, wie in anderen Bundesländern, weiter gekürzt. Wie Herr Decker schon gesagt hat, wird der berechtigte Personenkreis um die unter einjährigen Kleinkinder erweitert. Der Betrag wird entsprechend dynamisiert, und der Landeswohlfahrtsverband bleibt der allein zuständige Träger für das Blindengeld.

All dies sind Aktivposten, die auch meine Fraktion dazu veranlassen, dem Gesetzentwurf im Ergebnis zuzustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben nach der Anhörung einen Änderungsantrag eingebracht. Damit wollten wir aus einem passablen einen hervorragenden Gesetzentwurf machen. In der Anhörung wurden nämlich durchaus Einwände gegen einzelne Regelungen des Gesetzentwurfs erhoben. Das betrifft vor allem die Abstimmung des Landesblindengelds mit anderen vorrangigen und teilweise auch nachrangigen Leistungen, z. B. wenn ein Pflegebedürftiger, der ein Pflegegeld nach dem SGB IX – Pflegeversicherung – bezieht, gleichzeitig blind ist. Wenn er Pflegegeld auf der einen Seite und Blindengeld auf der anderen Seite beanspruchen will, muss es natürlich Regelungen geben, wie das aufeinander angerechnet wird.

Eine zusätzliche Schwierigkeit besteht darin, dass wir ein Bundesblindengeld haben – geregelt im SGB XII –, das höher ist als das Landesblindengeld, aber nur gezahlt wird, wenn das Einkommen unter der sozialhilferechtlichen Schwelle liegt. Wenn jetzt, wie bei Ihnen, unterschiedliche Anrechnungsregelungen für das Bundesblindengeld und das Landesblindengeld existieren, bedeutet das, dass es einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand gibt, weil immer mehr Menschen auf ein ergänzendes Bundesblindengeld zurückgreifen können. Wir werden das weiter verfolgen müssen. Eventuell wird sich im Laufe der Zeit ein Änderungsbedarf ergeben.

Meine Damen und Herren, die Diskussion über das Landesblindengeld wurde – wir sind auch angeschrieben worden – von der Forderung des Landesverbands der Gehörlosen nach einem Gehörlosengeld überlagert. Ich muss sagen, ich persönlich halte dieses Anliegen der gehörlosen Menschen für ohne Weiteres nachvollziehbar. Ich halte es auch für berechtigt; denn die Lebenssituation der gehörlosen Menschen ist in vielen Bereichen mit der von blinden Menschen vergleichbar. So sind blinde Menschen vielfach darauf angewiesen, dass Alltagsgegenstände, die wir optisch wahrnehmen können, so gestaltet werden, dass sie von ihnen akustisch wahrgenommen werden können, z. B. sprechende Uhren. Umgekehrt sind Gehörlose darauf angewiesen, dass Alltagsgegenstände, die wir akustisch wahrnehmen können, z. B. Tür- oder Telefonklingeln – in diesem Fall ein Schreibtelefon –, so gestaltet sind, dass sie sie optisch wahrnehmen können. Das heißt, die einen wie die anderen haben im täglichen Leben einen Mehraufwand. Dieser wird bei blinden Menschen durch das Blindengeld ausgeglichen, dem jedoch bei den Gehörlosen nichts gegenübersteht.

Ich habe mir den Antrag der LINKEN zur Einführung eines Gehörlosengelds angeschaut. Ich finde den einen Satz, den Sie da formuliert haben, ausgesprochen unterkomplex.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die Landesregierung wird lediglich aufgefordert, für gehörlose Menschen eine Nachteilsausgleichsregelung einzuführen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise Sie darauf hin, dass wir der Landtag sind. Wir machen die Gesetze.

Sie können im Hessischen Landtag jederzeit einen Gesetzentwurf einbringen, in dem Sie vorschlagen, dass ein Landesgehörlosengeld eingeführt wird. Aber dann müssen Sie natürlich dazu sagen, welche Höhe Sie für gerechtfertigt halten, welcher Personenkreis das beziehen soll und wie man das feststellen kann. Sie müssten auch Angaben dazu machen, wie diese Leistung bezahlt werden soll, wie das also im Haushalt darzustellen ist. All dies mit wolkigen Worten zu umgehen und lediglich zu sagen: „Wir wollen einmal sehen, dass wir irgendetwas machen“, wird der Problemlage und vor allem auch den betroffenen Menschen in keiner Weise gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

– Gemacht haben andere auch etwas; aber sie hängen es nicht gleich an die große Glocke. – Ich darf wiederholen: Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen, auch wenn wir uns, wie wir es in unseren Änderungsanträgen dargelegt haben, eine noch bessere Fassung gewünscht hätten. Aber immerhin ist das ein zustimmungsfähiger Gesetzentwurf. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Dr. Jürgens.