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18.06.2009
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Aktuelle Stunden: Angela Dorn zu: Ärztebewertung im Internet - Transparenz für Patienten stärken statt Denunziantentum fördern

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Herren der FDP, leider muss ich feststellen, dass Sie, wie so oft, mit Halbwissen vermeintlich die Interesse Ihrer Lobby vertreten, anstatt sich einmal gründlich zu informieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Herr Rentsch, Sie liegen einem Gerücht auf. Dabei müssten Sie eigentlich Ihren Kreisen genau die gegenteilige Botschaft versenden.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

– Das stört ihn wahrscheinlich nicht, das stimmt. – Wir haben nämlich im Moment eine Chance, den Ärztebewertungen im Internet, die bestehen, ein seriöses Angebot entgegenzusetzen.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Um was geht es bei diesem Thema eigentlich? – Es geht um mehr Qualität, es geht um mehr Transparenz, es geht um mehr Verbraucherschutz in der ambulanten Versorgung von Patienten.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Hintergrund der Aktuellen Stunde ist ein Komplex, ein Gesundheitsnavigator der AOK, ein Servicepool im Internet, bei dem man vereinfacht Krankenhäuser, Pflegeheime, Notfallapotheken usw. suchen kann. Die Verbraucherzentrale hat diesen Servicepool sehr gelobt.

Wo ist der Streit an einer kleinen Stelle bei der Planung eines Ärztenavigators im ambulanten Bereich? – Dort ist angedacht, dass die Patienten die Möglichkeit bekommen, die Ärzte zu bewerten. Die Wogen sind jetzt bei Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung hoch.

(Zuruf der Abg. Leif Blum und Wolfgang Greilich (FDP))

– Die FDP jault vorzeitig auf und verunglimpft einen eigentlich sinnvollen Ansatz als Denunziantentum.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

– Ich erzähle Ihnen gleich etwas zum Datenschutzbeauftragten.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

– Ja, vielleicht lese ich es Ihnen vor. Ich erzähle es Ihnen auf jeden Fall.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Es ist nämlich gedacht, extra eine seriöse Art eines Arztbewertungsportals aufzustellen, eine Alternative zu dem bestehenden. Was haben wir denn im Moment? – Wir haben Docinsider. Wir haben Jameda. Wir haben eine Fülle von Portalen im Internet. Dort können Sie den Arzt Ihres Vertrauens, Ihres Misstrauens bewerten.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP) – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

– Ja, das sind Private. Das Problem bei diesen Privaten ist, dass unwissenschaftliche Fragen dabei sind. Es gibt die Möglichkeit, die Qualität mit einem Klick zu bewerten. Wie kann man die Qualität auf einer fünfstufigen Skala bewerten? – Das geht nicht. Genau hier sehen wir ein Problem, dass unzureichend Qualität gemessen wird. Hier öffnen sich Pforten für Denunziantentum.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Meine sehr geehrten Herren der FDP, Sie kritisieren zum völlig falschen Zeitpunkt. Statt die bestehenden Portale zu kritisieren, kritisieren Sie jetzt Planungen, die genau das – –

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

– Das ist egal.

(Zurufe von der FDP – Zuruf des Abg.  Wolfgang Greilich (FDP))

Sie kritisieren nämlich genau die Planungen, die das – nämlich das Private – verbessern wollen. Es soll ein Öffentliches dagegengesetzt werden. Die AOK will nämlich zusammen mit Wissenschaftlern – ich betone das für Sie –, Medizinern und der Bertelsmann-Stiftung Kriterien entwickeln. Es ist noch am Anfang.

Es soll keine Noten geben. Es soll kein Ranking geben. Es sollen auch nicht einfach Kommentare hingeschmiert werden können. Und, was wichtig ist, es sollen ganz spezifische Aspekte befragt werden, die für den Patienten beobachtbar und bewertbar sind. Man lernt in jedem Grundstudium, dass es möglich ist, dass gewisse Sachen beobachtbar sind.

Sie müssen doch so viel Vertrauen in die mündigen Verbraucher im Gesundheitssystem haben, dass die dazu fähig sind, auch eine Bewertung abzugeben. Wie ist denn Ihr Weltbild für den mündigen Verbraucher?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Weiter sagen Sie immer wieder, die Bewertungen wären anonym. Nein, sie sind es nicht. Man muss sich mit der Krankenkassennummer identifizieren. Was ist daran anonym? Es ist außerdem gar nicht möglich, wie es im Moment ist, dass man mehrmals eine Bewertung abgeben kann, sondern nur einmal. Man kann seine eigene Praxis nicht mehr aufwerten oder die Konkurrenz abwerten. Man hat eine einmalige Chance, mit seiner Krankenkassennummer diese Praxis zu bewerten.

Wo Sie auch einem Gerücht aufliegen, ist: Es ist nicht so, dass nur die Bewertung der Patienten das Kriterium ist – nein. Es sollen auch objektivierbare Daten mit einbezogen werden. Es sind schon spezifische Qualitätsindikatoren entwickelt worden. Ebenso analog zu den guten Qualitätsindikatoren, die wir im stationären Bereich haben, wird jetzt versucht,

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

im ambulanten Bereich diese Qualitätsindikatoren zu erheben. Es gibt ein gutes Vorbild mit der weißen Liste im Internet. Genau dort werden subjektive und objektive Kriterien kombiniert. Sehr geehrte Herren der FDP, deswegen würde ich sagen, wenn Sie Ihren Beißreflex vom ersten Medienecho erst einmal versuchen zu unterdrücken

(Beifall bei der LINKEN)

und nicht sofort Persönlichkeitsrechte der Ärzte gegen den Verbraucherschutz in einen Konflikt hochstilisieren,

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

dann könnten wir es schaffen, dass der Konflikt gelöst wird und wir eine Win-Win-Situation haben,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP)

eine Win-Win-Situation für Verbraucher und Ärzte. – Ich komme noch zum Datenschutz.

(Zurufe von der FDP – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zurufe von der CDU und der FDP)

Es gibt die Möglichkeit, eine seriöse Alternative zu den bisherigen – –

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin Dorn, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Angela Dorn:

Es ist schwierig, da durchzukommen. – Ich sage Ihnen noch die zwei Sätze zum Datenschutz, auf die Sie dauernd warten. Der Datenschutzbeauftragte hat Bedenken angemeldet. Die nehmen wir natürlich ernst, keine Frage. Aber wenn man die Bedenken genau liest, geht es einmal um die anonyme Bewertung. Wir müssen mit dem Datenschutzbeauftragten klären, ob die Beziehung mit der Krankenkassennummer genug ist oder nicht. Und er hat gefordert, es müssen objektivierbare Daten wie bei den Krankenhäusern vorliegen. Auch das ist bezweckt. Insofern fordere ich, dass der Datenschutzbeauftragte bei der Entwicklung des ganzen Konzeptes einbezogen wird.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Insofern brauchen Sie jetzt nicht aufzujaulen, sondern seien Sie einmal konstruktiv. Wir sind am Anfang, und wir können eine Alternative schaffen. Wenn Sie dabei sind, haben wir auch die Möglichkeit ein gutes Portal zu schaffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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