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05.02.2015
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Aktuelle Stunde: Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung – Lärmpausen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte um den Fluglärm am Frankfurter Flughafen begleitet dieses Parlament schon sehr lange. Die erneute Flughafenausbauentscheidung aus dem Jahr 2007 führt im Ergebnis zu einer höheren Fluglärmbelastung für eine größere Anzahl von Anwohnerinnen und Anwohnern. Darauf haben viele, die den Ausbau kritisch sahen, frühzeitig hingewiesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist allerdings so, der Bau der Nordwestbahn hat stattgefunden. Er ist Realität, der Fluglärm aber auch.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Deswegen haben sich die Koalitionspartner von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Koalitionsvertrag darauf verständigt, weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Fluglärms zu ergreifen. Sie haben darüber hinaus festgehalten, dass der Flughafen von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Hessen ist, aber „dass die wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens nicht alleiniger Maßstab sein kann“.

Diese Feststellung ist keine Petitesse, sondern sie stellt einen Paradigmenwechsel in der hessischen Flughafenpolitik dar. Es ist ausdrücklich bedauerlich, das haben wir an den drei Redebeiträgen der Oppositionsfraktionen gemerkt, dass erstens die Linksfraktion die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens völlig ignoriert. Ich bedauere das.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Zweitens sind SPD und FDP die Anwohnerinnen und Anwohner völlig egal. Das bedauere ich ebenfalls.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Deswegen sage ich, dass sich die seit einem Jahr im Amt befindliche Hessische Landesregierung im Gegensatz zur Opposition die Aufgabe gestellt hat, konkrete Verbesserungen und Fortschritte im Sinne der Betroffenen zu erreichen, und genau daran arbeiten wir und verbuchen nun die ersten Erfolge.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Wir haben uns der schwierigen Aufgabe gestellt, gemeinsam mit der Luftverkehrswirtschaft, gemeinsam mit der Fluglärmkommission – und damit auch mit dem Forum Flughafen und Region, also mit den Betroffenen – Veränderungen im laufenden Betrieb zu erreichen, welche die Menschen entlasten. Einer der Schritte auf dem Weg dorthin sind die Lärmpausen.

In diesem Zusammenhang weise ich einmal darauf hin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass das einzige Programm zur Landtagswahl, welches konkret das Wort „Lärmpausen“ enthalten hat, das sogenannte Regierungsprogramm der hessischen SPD war. Seit Sie in der Opposition gelandet sind, wollen Sie davon offensichtlich nichts mehr wissen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Deswegen noch etwas zur Haltung der Opposition. Die FDP sagtfaktisch, dass ihr die Fluglärmbelastung der Anwohner egal ist – das aber ist ausdrücklich nicht die Haltung der Hessischen Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Linkspartei verhält sich wie die frühen Kommunisten

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

– Frau Wissler kennt das –, das ist die Verelendungstheorie, die besagt: Macht keine Sozialpolitik, das hält die Arbeiter von der Revolution ab.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Bezogen auf die Flughafenpolitik ist Ihre Haltung „Vermindert die Lärmbelastung der Menschen nicht, das führt dazu, dass es keine Revolution gibt“.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich sage Ihnen, dass es am Flughafen keine Revolution geben wird, sondern nur praktische Verbesserungen, die Schritt für Schritt umgesetzt werden. Genau das machen wir jetzt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Die SPD allerdings hat die verrückteste Position, wenn ich das einmal so sagen darf. Sie sagt nicht, was sie will. Sie fordert einen Dialog mit der Region. – Was haben wir denn seit September gemacht? Wir haben genau diesen Dialog mit der Region geführt.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Die einzigen, die ich da nie gesehen habe, waren die Vertreter der hessischen SPD.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die SPD fordert in ihrem Programm Lärmpausen, und wenn ein grüner Minister sie umsetzt, ist sie auf einmal dagegen.

(Widerspruch des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Die SPD fordert in ihrem Programm weitere Entlastungsmöglichkeiten bei Fluglärm. Ich habe im September ausdrücklich alle eingeladen,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

sich mit konstruktiven Vorschlägen an dieser Debatte zu beteiligen.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ich habe viele, viele Vorschläge von vielen unterschiedlichen Akteuren bekommen – aus der Region, von den Kommunen, vom Forum Flughafen und Region, vom Umwelt- und Nachbarschaftshaus, aus der Fluglärmkommission, aus der Luftverkehrswirtschaft. Die einzigen, die keinen einzigen Vorschlag gemacht haben, das war die hessische SPD, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist peinlich. Das ist wirklich peinlich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Deswegen war es mir bei der Entscheidung für das Lärmpausenmodell, das wir jetzt in die Erprobung geben wollen, wichtig, dass es eben keine einsame Entscheidung der Landesregierung gibt, sondern dass wir im Dialog mit der Region und den Betroffenen die beste Lösung finden.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Insbesondere in der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Fluglärmkommission und Forum Flughafen und Region wurde erheblicher Aufwand bei der Bewertung der Modelle betrieben.

Ich will ausdrücklich sagen, dass die Zahlen der Fluglärmkommission – das sind nicht unsere Zahlen – eindeutig zeigen, durch eine intelligente Nutzung der Bahnen am Frankfurter Flughafen ist es möglich, die Anwohnerinnen und Anwohner spürbar zu entlasten. Wir haben unterm Strich im Saldo 40.000 zusätzlich Entlastete – und jetzt frage ich Sie: Soll man das jetzt probieren, oder soll man das nicht probieren, meine sehr verehrten Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Es ist auch klar, dass wir natürlich auch Mehrbelastungen am Abend haben. Aber am Beispiel Neu-Isenburg kann man zeigen, dass es im Gegenzug genau dort auch Entlastungen gibt, im Nahbereich von hoch Betroffenen am Morgen. Wenn Sie einmal lesen, was beispielsweise der langjährige Bürgermeister der Stadt Neu-Isenburg und jetzige Landrat, Herr Quilling, dazu gesagt hat: Dieser sieht Neu-Isenburg im Saldo als Gewinner des Modells. Insofern wäre es auch Ihnen angeraten, sich einmal ein bisschen mit der Sache zu beschäftigen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Fluglärmkommission hat in ihrem Beschluss einiges angeführt – da haben Sie wohlweislich ein paar Sachen nicht zitiert –, was ich hier zitieren möchte. Das ist der Beschluss der Fluglärmkommission, das ist die Position der Region:

Insbesondere ist der Kommission daran gelegen, den Nachtschlaf deutlich besser als heute schützen zu können. Die Idee einer siebenstündigen Lärmpause liefert hierzu einen Beitrag. […] Die Kommission begrüßt ausdrücklich die Initiative des HMWEVL bei dem Versuch, den durch Fluglärm belasteten Menschen in der Region während des Nachtzeitraumes zu mehr Ruhe verhelfen zu wollen. […] Es wird von der Kommission daher gewürdigt, dass sich das HMWEVL mit seinem Vorschlag zur Realisierung von Lärmpausen nunmehr eigenständig einbringt und engagiert an der Ausgestaltung aktiver Schallschutzmaßnahmen beteiligt.

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, Sie denken bitte an die Redezeit.

Tarek Al-Wazir:

Ich denke daran, Herr Präsident.

Die AG „Lärmpausen“ hat über die vielfältigen Methoden zur Berechnung der Lärmwirkungen der einzelnen Modelle feststellen können, dass sich bei Modell 4 im sog. Westbetrieb … eine Situation ergibt, in der die Anzahl derjenigen, die eine Lärmpause erhalten, deutlich größer ist als die Zahl der Fluglärmbetroffenen deren Lärmpausenzeiten eingeschränkt werden.

Ich betone, dass wir ausdrücklich weiter an der Reduzierung von Fluglärm arbeiten werden. Sie fordern den Dialog mit der Region – wir führen ihn. Sie fordern Entlastungen – wir arbeiten daran.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Deswegen noch ein letzter Punkt. Auch im Ostbetrieb werden wir weiter Entlastungsmöglichkeiten erarbeiten und umsetzen, das ist mein fester Wille. Ich lade alle dazu ein, sich konstruktiv an dieser Debatte zu beteiligen im Sinne der Entlastung der Bürgerinnen und Bürger von Fluglärm.

Ich bin mir sicher, dass die Erkenntnisse aus dem Probebetrieb im Westbetrieb hilfreich dabei sein werden. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten, die hier konstruktiv mitgewirkt haben. Ich bin ausdrücklich dafür, dass die Lärmpausen jetzt in den Probebetrieb gehen, dass wir lernen und versuchen, auch zu optimieren, aber am Ende Entlastungen im Sinne er Bürgerinnen und Bürger hinbekommen, die sich mit realen Schritten beschäftigen, und nicht mit irgendwelchen Forderungen, bei denen man selbst überhaupt nichts beizutragen hat.

Ich betone ausdrücklich, dass die Lärmpausen ein wichtiger Zwischenschritt sind. Sie sind ein großer Erfolg. Sie sind nicht das Ende unserer Bemühungen, sondern ein wichtiger Baustein, und weitere werden folgen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Minister.

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