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28.01.2010

Aktuelle Stunde: Sigrid Erfurth zu: Wirtschaftsstandort stärken, Arbeitsplätze sichern – Hessen steht zur Salzpipeline

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte hat gezeigt, dass wir an diesem Punkt – anders als beim ersten Tagesordnungspunkt – eine große Einigkeit hier im Hessischen Landtag haben. Mit Ausnahme der Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei haben wir gemeinsam an einem Antrag gearbeitet, der dazu führen soll, die Probleme der Versalzung von Werra und Weser zu lösen und zu einem umweltverträglichen Ende zu führen. Dabei geht es nicht darum, dass irgendjemand für irgendetwas die Urheberschaft trägt, sondern wir haben 2007 in einem sehr intensiven Prozess das erarbeitet, was in dem gemeinsamen Beschluss steht. Ich bin froh, dass wir alle noch hinter dem Beschluss stehen und dass wir so weit gekommen sind in dem Bemühen, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP)

Wir mussten am Ende erkennen, dass man am langen Ende wahrscheinlich nicht darum herumkommen  wird, eine Pipeline zur Nordsee zu bauen – trotz aller Anstrengungen, die man unternehmen muss, um die Rückstände der Kali-Industrie umweltverträglich zu entsorgen. Das ist eine Erkenntnis, die besonders uns GRÜNEN nicht leichtfällt, denn es klingt zunächst einmal schön, wenn behauptet wird, es gebe eine rückstandsfreie Kaliproduktion. Dann fällt kein flüssiger Abfall mehr an, und man hat auch kein Laugenproblem. Das klingt schön, und es wäre gut, wenn es das gäbe. Wir mussten in den Beratungen, die auch mit Fachleuten geführt worden sind, aber zur Kenntnis nehmen, dass das zwar sehr schön klingt, sich mit dem derzeitigen Stand der Technik aber leider nicht umsetzen lässt.

Man muss die Realität zur Kenntnis nehmen und sich fragen: Was machen wir am Ende mit nicht vermeidbaren Abwässern? Darum geht es.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich will im Moment nur diese Frage beleuchten. K+S hat darauf eine sehr einfache Antwort. Die sagen: Wir verpressen weiter in den Untergrund, und den Rest leiten wir, wie bisher, in die Werra ein. – Sie haben jetzt für die Verpressung ein neues Verfahren eingeführt, von dem niemand so richtig weiß, ob es funktionieren wird.

Ich meine, es wird nicht funktionieren, und ich bin froh, dass die Hessische Landesregierung im Augenblick noch die Auffassung vertritt: So geht es nicht. – Wir wollen nicht, dass die Versenkung fortgesetzt wird, und wir wollen auch nicht, dass die Werra und in der Folge die Weser weiterhin mit Salzabwässern belastet werden. Wir alle wissen nämlich, die Versenkung hat dazu geführt, dass wir unkontrollierte Laugenaustritte an der Oberfläche haben, dass Trinkwasserbrunnen gefährdet sind und dass die verpressten Gewässer letztendlich doch irgendwie in die Werra gelangen, sodass wir auch auf diesem Wege Einleitungen haben.

Wir wissen also, am Ende kommt das Salz irgendwie in die Werra. Es ist nur die Frage: Wie kommt das Salz in die Werra, in die Weser und in die Nordsee? Am Ende landet das Salz nämlich in der Nordsee.

Die Frage ist nur: Wie kommt es dahin? Kommt es dahin, weil wir auch noch Süßwasserflüsse auf einer Länge von 450 Flusskilometern mit versalzen, indem wir Werra und Weser als Pipeline nutzen und dafür sorgen, dass das Salz letztendlich über diesen „natürlichen Kanal“ in der Nordsee landet? Ich denke, an dem Punkt tragen wir eine Verantwortung für die Umwelt und müssen dafür sorgen, dass Süßwasserflüsse auch Süßwasserflüsse bleiben oder wieder werden können. Wir müssen diese Süßwasserflüsse auf einer Länge von 450 Flusskilometern schützen, und das geht nach meiner Überzeugung im derzeitigen Stadium nur, wenn wir uns das Lösungsmodell Nordseepipeline nicht verbauen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vor diesem Hintergrund und weil wir wissen, dass Gewässerschutz nur länderübergreifend möglich ist, haben sich die GRÜNEN in allen fünf Anrainerländern sehr früh zusammengetan und gesagt: Wir müssen hier zusammenarbeiten; wir können das nur gemeinsam lösen. – Wir würden uns sehr freuen, wenn andere Parteien das genauso angingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Niedersachsen hat ein Antrag der SPD dazu geführt, dass letztendlich der FDP-Umweltminister und die gesamte Regierungskoalition aus CDU und FDP beschlossen haben: Wir wollen keine Pipeline. – Ich glaube, wir alle sind in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Gespräche hier wieder aufgenommen und dass die Irritationen, die es gibt, ausgeräumt werden.

Meine Damen und Herren, daher appelliere ich am Ende an Sie: Nutzen Sie Ihre Kontakte, reden Sie mit Ihren Parteikolleginnen und -kollegen, insbesondere in Niedersachsen.

An die Landesregierung appelliere ich: Nutzen Sie die Gespräche, und sorgen Sie dafür, dass Werra und Weser nicht zu Abwasserkanälen werden, sondern dass es verträgliche Lösungen, auch im Hinblick auf den Erhalt der Arbeitsplätze, gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth.