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19.05.2016
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Aktuelle Stunde: Mathias Wagner – Hessen dankt Kardinal Lehmann für sein jahrzehntelanges engagiertes Wirken als Seelsorger, Bischof von Mainz und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kardinal Lehmann hat sich Martin Schulz, den Präsidenten des Europäischen Parlaments, als Laudator für seinen 80. Geburtstag ausgesucht. Martin Schulz hat seine Laudatio unter die Überschrift „Orientierung in Zeiten der Orientierungslosigkeit“ gestellt. Ich glaube, ein besseres Motto als die Orientierung in Zeiten der Orientierungslosigkeit konnte sich Kardinal Lehmann für eine Laudatio nicht aussuchen. Denn genau das ist Kardinal Lehmann in den vielen Jahrzehnten seines Wirkens gelungen: Er hat vielen Menschen Orientierung und Halt gegeben, und er hat damit einen ganz wesentlichen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft geleistet.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Man muss nicht gläubig und nicht katholisch sein, und man darf natürlich beileibe Kritik an der katholischen Kirche üben. Dennoch können und sollten wir heute das Wirken von Kardinal Lehmann würdigen. Es sind die Kirchen, die einen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft leisten.
Wenn wir als Politik über die Religion reden, müssen wir immer darauf hinweisen, dass in der Religion immer auch die Gefahr des Missbrauchs und der Verleitung liegt. Vor allem aber liegt darin die große Chance der Orientierung, Menschen Halt zu geben und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beizutragen.
In besonderem Maße ist dies Kardinal Lehmann gelungen. Dafür dankt ihm das ganze Haus – für seine Arbeit, die er dort geleistet hat.
(Allgemeiner Beifall)
Er hat vielen Menschen Orientierung gegeben, aber er hat auch seiner katholischen Kirche oft Orientierung gegeben. Er hat auch Debatten mit seiner katholischen Kirche geführt. Er war ganz maßgeblich jemand, der die Ökumene vorangetragen hat – weshalb es vielleicht auch ein sehr schönes Zeichen ist, wenn heute ein Mitglied der evangelischen Kirche den katholischen Kardinal würdigt. Er hat sich für geschiedene Wiederverheiratete eingesetzt, ein in der katholischen Kirche sehr schwieriges Thema. Auch hier kam Kardinal Lehmann von dem Gedanken her, für die Menschen einzustehen und Glauben für die Menschen erfahrbar zu machen und auch die Probleme, die Menschen mit ihrem Glauben haben, zu adressieren, etwas für die Menschen zu tun und den Glauben und die Lehre der Kirche an die Menschen heranzubringen.
Das hat er im ganz besonderen Maße getan, als es um die Schwangerschaftskonfliktberatung gegangen ist.
(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Da hat er gesagt: Meine Kirche – die Kirche von Kardinal Lehmann – darf Frauen in einer solch schwierigen Situation nicht alleine lassen. Er hat sich mit seiner Kirche, mit dem damaligen Papst angelegt. Dieses Engagement für Menschlichkeit, für einen Glauben, der von den Menschen und von der Lebenssituation der Menschen her gedacht ist, gebührt dem Kardinal großer Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Auch wenn es um den Einfluss von Frauen in der katholischen Kirche geht, hat er immer seine Stimme erhoben; und auch wenn es um Schwule und Lesben in der katholischen Kirche geht, war Kardinal Lehmann immer jemand, der gesagt hat: Denkt den Glauben, denkt die Orientierungslehre, die unsere Kirche, die die katholische Kirche gibt, immer von den Menschen, denkt es von der Liebe, die Menschen einander spenden, und gebt Antworten, mit denen die Menschen auch etwas anfangen können, mit denen sie sich identifizieren können, sodass sie sich auch mit ihrem Glauben identifizieren können.
„Orientierung in einer orientierungslosen Zeit“ war der Titel der Laudatio auf Kardinal Lehmann. Wie zutreffend das war, hat man gespürt, wenn man am Pfingstmontag in Mainz bei den Feierlichkeiten zum 80. Geburtstag war und auf den Domplatz kam. Da sah man eine Großbildleinwand aufgebaut, vor dem Dom. Auf diesem Domplatz waren sehr viele Plätze für Bürgerinnen und Bürger aufgebaut. Diese Plätze waren nicht nur aufgebaut, sondern sie waren auch voll besetzt. Es ging nicht um ein Konzert, um den Auftritt eines Popstars oder eines sonstigen Stars, sondern es ging darum, dass viele Menschen der Zivilgesellschaft in Mainz an diesem 80. Geburtstag dabei sein wollten, weil sie ihren Kardinal – egal, ob sie gläubig, katholisch oder in der Kirche sind – danke sagen wollten für den Beitrag zur Zivilgesellschaft. Diesen Dank, dieses Signal der Wertschätzung hat Kardinal Lehmann verdient. Es ist gut, dass wir im Hessischen Landtag das heute auch nochmals sagen. Diese Arbeit muss man würdigen. In unserer Zeit brauchen wir Menschen und Institutionen, die die Gesellschaft zusammenhalten, und weniger Personen und Institutionen, die diese Gesellschaft spalten wollen.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der FDP sowie der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))
 

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Wagner.

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