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28.05.2015
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Aktuelle Stunde: Marcus Bocklet – Vermittlung Langzeitarbeitsloser

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß gar nicht so genau, warum sich die Mitglieder der SPD-Fraktion an diesem Punkt so über die Frage belustigen, welche bundespolitischen – –
(Zuruf von der SPD)
Ich will Ihnen eine Frage stellen. Sie haben die Frage noch nicht einmal gehört. – Ich frage mich, warum Sie sich eigentlich über die bundespolitischen Themen so lustig machen.
(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Die Legislaturperiode, so wie ich sie bis jetzt wahrgenommen habe, und die Aktuellen Stunden waren davon geprägt, dass die hessische SPD-Fraktion eigentlich in die Aktuelle Stunde jeder Plenarsitzungsrunde des Hessischen Landtags ein bundespolitisches Thema eingebracht hat. Sie hat mit dicken Backen auf die Bundesregierung eingeschlagen. Wir haben uns, schulterzuckend, immer nur gefragt: Sagen Sie einmal, wer regiert eigentlich im Bund?
Uns fällt da auf: Die SPD regiert im Bund eigentlich mit. – Sie kommen dann mit dem Thema Energiewende, die nicht läuft, und dem Mindestlohn, der so schlecht sei. Wir haben uns da schon oft gefragt: Warum telefonieren Sie nicht einmal miteinander? Warum gehen SPD und CDU auf Bundesebene nicht einmal in Paartherapie? – Vielleicht hilft das?
Herr Ministerpräsident Bouffier ist stellvertretender Parteivorsitzender der CDU. Herr Schäfer-Gümbel ist stellvertretender Parteivorsitzende der SPD. Ich biete mich an, vielleicht einmal einen politischen Skat zu machen.
(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Vielleicht könnten wir da einige Probleme abräumen. Das würde vielleicht, insgesamt betrachtet, helfen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Lieber Kollege Decker, den Hohn und Spott so darüber auszuschütten, da zeigt man mit einem Finger auf die CDU, und vier zeigen auf einen selbst. Ich habe das so wahrgenommen, dass Sie in der Regel versuchen, sich in der Bundesregierung zu profilieren.
Zu dem Thema kann ich jetzt nur sagen: Frau Nahles hat ein Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ angekündigt. Davon sollen 10.000 Teilnehmer profitieren, Menschen, die länger als vier Jahre arbeitslos – – Ich habe die Förderrichtlinie gerade über das Internet nachgelesen, aktuell von heute. Ich weiß, das ist fachlich. Das ist für Sie vielleicht ein bisschen uninteressant. – Zu diesem Programm kommt – – Die Zusätzlichkeitsklausel bleibt erhalten. Eigentlich ist dieses Programm die Fortsetzung desselben Murkses.
Dabei sind wir eindeutig der Meinung, dass man sich um Langzeitarbeitslose dringend kümmern muss. Deswegen haben wir als Hessische Landesregierung, als Parteien, Schwarz und Grün, gesagt: Wir müssen uns um Langzeitarbeitslose kümmern, und wir werden ein eigenes Landesprogramm auflegen, das diese Zusätzlichkeitsklausel und diesen inhaltlichen Murks, den Sie auf Bundesebene machen, abzufedern versucht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Man muss etwas für Langzeitarbeitslose tun. Das ist richtig so. Aber dies Programm für 10.000 Menschen wird in den nächsten Jahren 450 Millionen € kosten – Auskunft Bundesarbeitsministerium; vielleicht rufen Sie einmal dort an. Es ist aber so, dass diese 450 Millionen € zu Lasten des sogenannten Eingliederungstitels gehen.
Was heißt das? Die Bundesregierung aus SPD und CDU hat es versäumt, den sogenannten Passiv-Aktiv-Transfer zu ermöglichen. Das heißt beispielsweise, dass Mittel für soziale Leistungen aktiviert werden können, um damit tatsächlich den Arbeitsmarkt zu fördern. Das hätte den Eingliederungstitel nicht belastet.
Deswegen kritisieren wir allen voran die SPD dafür, dass sie diesen Passiv-Aktiv-Transfer und damit die Teilhabe von vielen Tausenden Langzeitarbeitslosen nicht ermöglichen. Das ist das Grundproblem. Auf dieses Grundproblem kam Frau Nahles sechs Monate später selbst, weil sie sich nämlich die Frage stellen musste: Wie finanziere ich eigentlich diese 450 Millionen €, die ich jetzt für die Langzeitarbeitslosen einsetzen will?
Sie finanziert sie selbst. Das ist in einem Brief auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Pothmer klar geworden, und zwar mittels dieser Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten drei Jahre. In den nächsten drei Jahren sind das 750 Millionen € weniger Mittel für diese Verpflichtungsermächtigungen. Herr Decker, da haben Sie recht. Aber diese Mittel für die Verpflichtungsermächtigungen fehlen. Insofern hat der Kollege Pentz recht: Linke Tasche, rechte Tasche; Sie haben umgeschichtet, für ein Programm für Langzeitarbeitslose – das wir richtig finden. Man kann da bei den einzelnen Kriterien diskutieren, aber grundsätzlich muss man das tun. Falsch aber ist es, aus den Verpflichtungsermächtigungen der Jobcenter diese Mittel herauszunehmen. Warum? Das will ich Ihnen sagen: Verpflichtungsermächtigungen dienen dazu, mehrjährige Maßnahmen wie beispielsweise Ausbildung, berufliche Fort- und Weiterbildung, zu fördern.
Was heißt das konkret? Ich will es Ihnen nochmals sagen: Das sind negative Auswirkungen – und das ist überhaupt nicht lustig –, weil die Jobcenter im Moment an den Planungen sitzen, an den langjährigen und mittelfristigen Planungen, für Ausbildung, berufliche Fort- und Weiterbildung. Wer ist davon betroffen? Jugendwerkstätten, Produktionsschulen, berufsvorbereitende Maßnahmen. All das können die Jobcenter jetzt nicht für die nächsten Jahre planen. Deswegen ist diese Umverteilung falsch, und die Kritik der CDU ist richtig.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Soziale Teilhabe für Langzeitarbeitslose ist richtig. Man muss sie finanzieren, dann bleibt das Programm auch richtig. Wir Hessen machen das so. Wir haben zusätzliche Mittel eingestellt. Man darf diese Mittel aber nicht den Verpflichtungsermächtigungen für die Jobcenter wegnehmen – denn dadurch werden lang- und mittelfristige wichtige Maßnahmen wegfallen. Die aber führen dazu, dass Langzeitarbeitslose wirklich nachhaltig in Lohn und Brot kommen. Deswegen ist diese Umschichtungsaktion ein Fehler von Frau Nahles gewesen. Sie hätte es besser finanzieren müssen. Dann wären wir auch an ihrer Seite gewesen. Diese Kritik ist völlig berechtigt. Man kann nicht für die einen etwas Gutes tun und bei allen anderen Langzeitarbeitslosen Mittel für die Verpflichtungsermächtigungen wegziehen. Das war ein Fehler.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Kollege Bocklet.

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