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28.05.2015

Aktuelle Stunde: Karin Müller – Regionalisierung des öffentlichen Nahverkehrs ist eine Erfolgsgeschichte

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 20 Jahr Verkehrsverbünde in Hessen – die Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Hessen ist eine Erfolgsgeschichte. Ich denke, diesem Satz können wir alle zustimmen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Vor genau 20 Jahren wurden in Hessen zwei große Verkehrsverbünde gegründet, der NVV und der RMV. Der VRN bestand schon fünf Jahre länger, den vergisst man manchmal in Hessen. Auch er organisiert den öffentlichen Personennahverkehr für die Bergstraße und den Odenwald. Damals starteten RMV und NVV aus gutem Grund.
Die Idee hinter den Verbünden war, dass sich die Landkreise und Städte zu einer Verbundfamilie zusammentun. Man könnte sagen die einzige Regionalisierung und der einzige Zusammenschluss einer Region, die gelungen ist, um den öffentlichen Personennahverkehr zu organisieren. Das hat sich über die Jahre hinweg, auch bei einiger Kritik, die man an verschiedenen Stellen durchaus haben kann, immerhin bewährt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Eine Fahrkarte, ein Tarif, ein Fahrplan – das war die Idee sowohl in Nord-, Mittel- als auch in Südhessen. Wenn man sich vorstellt, wie das vor 20 Jahren war: Für eine Strecke von A nach B brauchte man drei Fahrkarten und die Takte wurden in verschiedenen Büchern organisiert. Man will sich gar nicht mehr dahin zurückversetzen. Man weiß, dass diese Verbundgründungen eine absolute Erfolgsgeschichte waren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Auch wenn man sich die Zahlen anguckt, stellt man fest, dass es nicht nur reine Lyrik ist. Man kann es hinterlegen. Beim RMV sind zum Beispiel die Fahrgastzahlen seit der Gründung um 35 Prozent gestiegen. Jeder zweite Einwohner im RMV-Gebiet nutzt mehr oder weniger regelmäßig den ÖPNV.
Was es heißt, wenn RMV, NVV und VRN ihre Leistungen nicht mehr anbieten können, hat man gesehen als die GDL gestreikt hat. Die S-Bahnen, die noch an die DB vergeben sind – das sind noch relativ viele –, sind nicht gefahren. Der VIAS ist noch gefahren. Daran sieht man, dass der Erfolg des Wettbewerbs durchaus darstellbar ist, weil es immerhin noch einen Zug gab, der fuhr. Wir haben immer hinter den Ausschreibungen gestanden, Konkurrenz belebt das Geschäft.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und des Abg. Jürgen Lenders (FDP))
Seit Gründung der Verbände ist der öffentliche Personennahverkehr auf Wachstums- und Innovationskurs. RMV und NVV entwickeln sich immer mehr zu Mobilitätsdienstleistern, vom Verkehrsverbund zum Mobilitätsverbund.
Im Zeitalter des digitalen Wandels wird die Papierfahrkarte bald Geschichte sein. Mit einer Mobilitätskarte, dem Handy und den Apps kann ich den Weg von A nach B organisieren, nicht nur mit Bussen und Bahnen, sondern auch mit Carsharing oder Fahrrad. Alles mit einer Karte. Das ist ein Erfolg.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Der Nordhessische Verkehrsverbund hat bereits sehr früh visionär gedacht und das System der Regiotram in Nordhessen eingeführt. Im Jahr 2001 begann die Idee und im Jahr 2004 fand der erste Spatenstich für die erste Regiotram statt, die das Umland mit der Stadt verbindet. Das ist also eine Straßenbahn, die sowohl auf Eisenbahn- als auch auf Straßenbahnschienen fährt. Auch das ist eine Erfolgsgeschichte, die sich auch in den Siedlungsstrukturen niederschlägt. Da, wo die Regiotram hält, gibt es Leben. Dort macht sich der demografische Wandel nicht ganz so bemerkbar wie in anderen Teilen, wo es keine Anbindung an den Schienennahverkehr mehr gibt.
Auch ansonsten sind die Nordhessen sehr innovativ. Ich komme aus Nordhessen. Der NVV wird im Rhein-Main-Gebiet oft vergessen.
(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))
Deswegen noch ein paar innovative Projekte. Der NVV hat die Fünf-Minuten-Garantie eingeführt. Ab fünf Minuten Verspätung werden die Kosten wieder erstattet. Oder das beliebte Pilotprojekt Mobilfalt. Das gibt es auch im Odenwald. In Nordhessen gibt es dieses Projekt in einigen Städten, in denen private PKWs in das System des öffentlichen Personennahverkehrs integriert werden. Dieses Projekt läuft jetzt an, wird vom Land weitergeführt und muss sich erst etablieren. Es ist etwas Neues, dass Private ihren PKW anbieten. Es gibt auch Rückfahrtoptionen mit Taxis. Es wurde wissenschaftlich ausgewertet, dass durch das Projekt Mobilfalt mehr Menschen mobil mit dem öffentlichen Personennahverkehr aus dem ländlichen Raum in die Kleinstädte fahren konnten. Also ein Erfolgsprojekt, das sich weiterzuführen lohnt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Diese Erfolgsgeschichte muss auch weitergeführt werden. Dabei sind wir im Moment in einer schwierigen Phase. Wir haben es hier bereits diskutiert, die Regionalisierungsmittel des Bundes laufen aus und müssen verlängert werden. Es gibt Gutachten, in denen festgestellt wird, dass die Dynamisierung von 1,5 Prozent nicht reicht. Es müssten 8,5 Prozent Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Wir müssen alle Druck bei der Bundesregierung machen, damit diese Mittel den Ländern zur Verfügung gestellt werden, denn nur so kann der öffentliche Personennahverkehr weiter ausgebaut werden. Ansonsten kann man nur auf Bestellung fahren, und dann geht im ländlichen Raum gar nichts mehr.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Vizepräsident Frank Lortz:
Liebe Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Karin Müller:
Ich weiß, ich gucke auf die Uhr, aber ich wollte noch einen Satz sagen. – Der RMV feiert heute. Wenn Sie auch beim NVV feiern wollen und Ihnen der Weg nach Nordhessen nicht zu weit ist: Ende September gibt es ein Bürgerfest am Kulturbahnhof. Da feiert der NVV 20 Jahre Verkehrsverbund.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der SPD)
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Frau Kollegin Müller.

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