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10.12.2009
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Aktuelle Stunde - Angela Dorn: Gewalt und Vandalismus beschädigen Demonstrations- und Meinungsfreiheit – Bildungsfragen an hessischen Hochschulen im Dialog lösen

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben diese Aktuelle Stunde beantragt. Ich finde es sehr schade, dass Sie jetzt diese Debatte über die Proteste führen: nachdem es zu Vandalismus gekommen ist.

Wir haben gestern über Bologna geredet. Dazu haben wir Ihnen einen umfangreichen Antrag vorgelegt. Ihr Antrag war eine sehr maue Antwort, und auch die Beiträge haben keine wegweisenden Verbesserungen gezeigt.

(Peter Beuth (CDU): Die Debatte haben Sie schon gestern verloren! – Willi van Ooyen (DIE LINKE), zur CDU gewandt: Herr Beuth, Sie sind auch nicht gerade auf der Siegerstraße!)

Ja, wir haben sie geführt.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Wenn Sie meinen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was durch diese Aktuelle Stunde und durch die Medien gerade passiert, ist, dass der Blick für das Wesentliche verloren geht: nämlich die breite und friedliche Protestbewegung, deren Anliegen immer wieder gesehen und beachtet werden muss. Diese haben den Protest sehr engagiert betrieben, diese haben eigene Konzepte für eine gerechte und freie Bildung aufgestellt und haben damit politisch partizipiert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Aber eine Minderheit, die die Proteste missbraucht hat, bekommt jetzt die größte Aufmerksamkeit. Die Sachbeschädigungen in Frankfurt sind für das Anliegen der Protestierenden – da gebe ich Ihnen recht – völlig kontraproduktiv. Hier wurde öffentliches Universitätseigentum mutwillig zerstört. Das widerspricht auch völlig der Forderung, Bildung als öffentliches Gut zu bewahren und zu stärken. Wenige Personen haben damit viele friedliche Besetzer der Universität Frankfurt kriminalisiert und in Gefahr gebracht. Dieses Verhalten finde ich unsolidarisch und inakzeptabel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe sowohl von der Studierenden- als auch von der Hochschulseite mit vielen Beteiligten gesprochen, und mir ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig, zu betonen, dass die Personen, die geräumt worden sind, größtenteils nicht für die Sachbeschädigungen verantwortlich waren. Man muss wissen, dass diese Räume tagsüber als Podium für den Protest gebraucht worden sind. Das heißt, es wurden dort Seminare abgehalten und alternative Zugänge zu Bildung gestaltet.

Die Sachbeschädigungen sind – das wurde gerade von Herrn Dr. Spies gesagt – nachts passiert. Die meisten streikenden Studierenden waren damals also gar nicht zugegen. Kurz vor der Räumung, am Mittwochabend, fanden auch Seminare statt, nämlich von Dozenten, die dort alternative Lehrveranstaltungen angeboten haben. Es wurden also viele Seminarteilnehmer geräumt, die sich mit der Besetzung des Casinos solidarisierten, aber eben in konstruktiver Form der Besetzung. Diese waren größtenteils eben nicht für die Sachbeschädigungen verantwortlich, doch diese wurden jetzt – das ist das große Dilemma – angezeigt. Seit der Räumung hat sich der Dialog zwischen dem Uni-Präsidenten und dem AStA deutlich verschlechtert. Meine Fraktion ist im Moment bemüht, auf beide Seiten einzuwirken, sodass wieder ein Dialog zustande kommt und der Konflikt beigelegt wird. Innerhalb der Universität gibt es durchaus große Diskussionen und sehr differenzierte Positionen, auch wenn die veröffentlichten Äußerungen gerade polarisierend sind.

Ich finde es in diesem Zusammenhang auch sehr wichtig, den Polizeieinsatz kritisch zu beleuchten. Meines Wissens gab es während der eigentlichen Räumung im Casino keine übermäßige Gewaltanwendung, d. h., keine über den Zweck des Räumens hinaus, aber durchaus außerhalb, bei der Räumung des Geländes und bei der Demonstration. Zu der Frage, was denn dort konkret abgelaufen ist, hätte ich vom Innenminister durchaus gern einen Bericht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Fuhrmann und Gernot Grumbach (SPD))

Meine Damen und Herren von der CDU, ich finde es wichtig, dass wir bei diesem Thema vonseiten der Politik konstruktiv vorgehen. Dieser Konflikt zwischen der Uni-Leitung und den Studierenden muss eben bald gelöst werden, und deswegen ist der scharfe Ton in dieser Aktuellen Stunde völlig kontraproduktiv.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Gernot Grumbach und Dr. Thomas Spies (SPD))

Ich befürchte, dass dies nur Ihrem alten Lagerdenken dient, und das haben Sie gerade leider bewiesen, indem Sie Links- und Rechtsradikalismus einfach gleichsetzen. Ich kritisiere beides: Ich kritisiere sowohl Sachbeschädigungen als auch Gewalt gegen Personen. Aber da gibt es noch immer einen deutlichen Unterschied. Wenn Sie das immer wieder gleichsetzen, dann nivellieren Sie dies.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Ich befürchte, dass dies nur dem Zweck dient, von dem berechtigten Anliegen der friedlichen Demonstranten abzulenken. Ich glaube, es passt Ihnen ganz gut, dass in der studentischen Selbstverwaltung ein Chaos herrscht. Das ist nur Wasser auf Ihre Mühlen, da Sie die studentische Beteiligung eigentlich nicht wollen. Das passt nämlich wunderbar – auch das hat Herr Dr. Spies schon gesagt – zu dem Kümmerkasten, der jetzt für die Studierenden neu ins Leben gerufen worden ist. Frau Kühne-Hörmann als Dr. Sommer, wunderbar, das ist das neue Angebot der Dienstleistungsuniversität.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man tut bemüht, aber nimmt die Studierenden eben nicht als Dialogpartner und als Mitgestaltende ernst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Dr. Thomas Spies (SPD))

Insofern fangen Sie endlich an, die Anliegen der Studierenden ernst zu nehmen. Ihren Willen zur Mitgestaltung als Angehörige der Universität ernst zu nehmen. Die Sachbeschädigungen an der Frankfurter Uni gingen von einer kleinen Minderheit – ich bin froh, dass Sie dies auch so wahrnehmen – aus. Das repräsentiert nicht das Verhalten der Menge der Studierenden, die sich an der Gestaltung der Universitäten beteiligen wollen – vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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