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04.01.2012

Revision der Landesregierung gegen das Nachtflugverbot - GRÜNE: Schriftsatz des Landes macht klar: Schwarz-Gelb kämpft in Leipzig nicht für weniger, sondern für mehr nächtlichen Fluglärm

Die gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung der schwarz-gelben Landesregierung und der Fraktionen von CDU und FDP, der Revisionsantrag gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) diene allein der Schaffung rascher Rechtsklarheit zugunsten des Nachtflugverbots, erweist sich nach Feststellung der GRÜNEN Landtagsfraktion bei genauerem Hinsehen als komplett unwahr. Der Schriftsatz des von der Landesregierung beauftragten Vertreters offenbart, dass die Regierung und die sie tragenden Fraktionen für das genaue Gegenteil kämpfen. „Sie wollen mehr Flüge in der Nacht durchsetzen und keineswegs das von ihnen hoch und heilig versprochene Nachtflugverbot verteidigen. Wer ein Nachtflugverbot wirklich will, muss mit seinen Argumenten auch dafür streiten. Wer aber nur Gründe für die vermeintliche Notwendigkeit von Nachtflügen vorträgt, der kämpft für mehr nächtlichen Fluglärm. Solange diese Revisionsschrift als Äußerung des Landes vor dem Bundesverwaltungsgericht existiert, können sich der Ministerpräsident seine Fluglärmgipfel, der Innenminister seine markigen Worte in Frankfurt und Schwarz-Gelb ihre heuchlerischen angeblichen Wünsche nach einem Nachtflugverbot sparen“, erklärt der Vorsitzende der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Tarek Al-Wazir. „Deswegen muss die Regierung als ersten Schritt für mehr Lärmschutz ihren Revisionsantrag gegen das Nachtflugverbot endlich zurückziehen.“

Der von der Landesregierung beauftragte Prozessvertreter war schon immer ein ausgewiesener Gegner des Nachtflugverbots. Bereits die Vergabe des Mandats ausgerechnet an ihn gebe die Richtung des Revisionsantrags eindeutig vor. Deshalb sei es auch nicht verwunderlich, dass selbst ein intensives Studium der gesamten Revisionsschrift kein einziges Argument für das Nachtflugverbot zutage fördere. Stets werde nur für die Notwendigkeit nächtlicher Flugbewegungen und damit auch für mehr Fluglärm gestritten. „Der VGH hat in seinem Urteil aus dem Luftverkehrsgesetz und auch aus dem Landesentwicklungsplan sauber abgeleitet, dass der Anspruch der Menschen auf Nachtruhe zumindest dann eindeutig Vorrang haben muss, solange ein unabweisbarer Bedarf an nächtlichen Flügen genau am Standort Frankfurt nicht detailliert und quantifiziert nachgewiesen ist“, erläutert der für die Problematik des Flughafenausbaus zuständige Abgeordnete der GRÜNEN, Frank Kaufmann. „Die Revisionsschrift vermag dies nicht zu leisten, sie negiert vielmehr dezidiert, dass ein konkreter Bedarfsnachweis für die Nachtflüge überhaupt erforderlich sei. Damit wird von der Landesregierung den Interessen der Luftverkehrswirtschaft mal wieder absoluter Vorrang eingeräumt, obwohl deren Forderungen nach mehr Flugverkehr in der Nacht noch nicht einmal präzise sachlich begründet werden können.“

Ebenso verhalte es sich nach Ansicht der GRÜNEN mit dem von Fraport selbst gestellten Antrag zum Nachtflugverbot. Der VGH hatte Überlegungen angestellt, dass angesichts der eigenen Antragstellung Fraport ein funktionierendes Betriebskonzept haben müsse, das ohne Nachtflüge zwischen 23 und 5 Uhr auskomme. Dem werde in der Revisionsschrift des Landes widersprochen, indem sie diesen Antrag lediglich als Vorschlag und damit letztlich als unbeachtlich darstellt.

„Wenn man sich daran erinnert, wie viel Selbstlob Roland Koch einst darüber verbreitete, dass er es geschafft habe, im Aufsichtsrat der Fraport den Antrag auf Nachtflugverbot durchzusetzen, dann ist ‚Wortbruch‘ nur eine äußerst milde Beschreibung dieser Vorgehensweise der Landesregierung“, kritisiert Kaufmann die Formulierungen der Revisionsschrift und verweist darauf, dass das Nachtflugverbot die feste Zusage der Landesregierung sowohl im Regierungsprogramm 2003-2008 als auch in der Regierungserklärung zu Beginn der 16. Wahlperiode war. „Wenn nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vom Vertreter des Landes allen Ernstes vorgetragen wird, dass das Grundgesetz es dem Land Hessen gar nicht erlaube, ein Nachtflugverbot zu erlassen, dann überführt sich die gesamte Regierung, jahrelang vorsätzlich die Unwahrheit verkündet zu haben.“

„Jenseits der Winkelzüge von Schwarz-Gelb gibt es glücklicherweise aber auch die Wirklichkeit“, freut sich Al-Wazir. Der Beschluss des VGH vom 10. Oktober 2011, mit dem das versprochene Nachtflugverbot mindestens vorläufig in Kraft gesetzt wurde, zeige nämlich in seiner Umsetzung eindeutig, dass Nachtflüge keineswegs unabweisbar notwendig seien. „Nacht für Nacht wird aktuell der empirische Beweis geführt, dass man den Flugverkehr so organisieren kann, dass auf die angeblich unabweisbar notwendigen Nachtflüge verzichtet werden kann. Wenn die Luftverkehrswirtschaft weitsichtiger wäre, hätte sie bereits nach dem VGH-Urteil im Sommer 2009 entsprechend geplant, so dass es erst gar nicht zu den anfänglichen Problemen bei der Umsetzung des Nachtflugverbots gekommen wäre.“

Nachdem die Planungen der Airlines auch für den Sommerflugplan nun auf der Basis des Nachtflugverbots erfolgen, sehen die GRÜNEN auch für die Zukunft keinerlei Begründung für eine Rücknahme des Nachtflugverbots. „Im Gegenteil müssen wir uns bemühen, das Flugverbot auf die gesamte Nacht auszudehnen. Knapp sechs Stunden ungestörter Schlaf sind eindeutig zu wenig“, fordert Al-Wazir.

Die Landtagsfraktion verweist auch noch einmal auf ihren Beschluss vom 13. Dezember 2011. „Es geht jetzt darum, vor der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht klarzumachen, dass mit dem erneuten Flughafenausbau die Grenzen des Wachstums endgültig überschritten sind und die Abwägung der Interessen im Planfeststellungsverfahren offensichtlich falsch war. Der gesamte Planfeststellungsbeschluss steht auf dem Prüfstand. Wenn selbst der zuständige Verkehrsminister zugibt, dass er von der Intensität des Lärms überrascht sei, dann beruht der gesamte Planfeststellungsbeschluss auf falschen Prognosen und es ist nicht ausgeschlossen, dass das Bundesverwaltungsgericht ihn aufhebt bzw. weit über das Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr hinausgehende Betriebsbeschränkungen erlässt. Die nächsten Monate werden entscheidende Monate für die Zukunft der Region. Dauerhafte völlige Verlärmung oder ein lebenswertes Rhein-Main-Gebiet, das sind die Entscheidungen, vor denen wir jetzt stehen“, so Al-Wazir.

Synoptischer Vergleich von Auszügen aus dem Urteil des VGH und aus der Revisionsschrift


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