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19.11.2009

1. Lesung Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Schaffung und Änderung hessischer Vollzugsgesetze

„Dieser Entwurf steht in der Tradition konservativer Konzepte vom ‚harten Strafvollzug‘ und hat nichts Liberales an sich. Während die FDP-Justizministerin im Bund zumindest verbal auf Distanz zu den konservativen Hardlinern geht, setzt die FDP in Hessen ungebrochen fort, was Christean Wagner begonnen hat: den Rückfall ins vollzugspolitische Vorgestern“, erklärt in der heutigen Landtagsdebatte der rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion der GRÜNEN, Andreas Jürgens.

„Statt sich klar zum Vollzugsziel der Eingliederung zu bekennen, relativieren Sie dieses durch einen eigenständigen Sicherungsauftrag. Sie konstruieren einen Gegensatz zwischen Resozialisierung und Sicherheit, den es in Wirklichkeit nicht gibt.“

„Der offene Vollzug führt in Hessen nur noch ein Schattendasein und wird jetzt auch im Gesetz marginalisiert. Nach ihrem Entwurf ist ein Haftantritt direkt im offenen Vollzug auch für Selbststeller im Erstvollzug von vergleichsweise kurzen Freiheitsstrafen nicht mehr vorgesehen. Eine klare Verschärfung gegenüber der jetzigen Rechtslage.“

„Sie verwenden große Sorgfalt auf die Festlegung von Gründen die gegen vollzugsöffnende Maßnahmen – die früheren Hafterleichterungen – sprechen. Besondere Gründe, die für vollzugsöffnende Maßnahmen sprechen können, formulieren Sie dagegen nicht. Das könnten z.B. die Erhaltung eines Arbeitsplatzes, die Wiedergutmachung der Tatfolgen oder bei gefangenen Müttern auch das Wohl ihrer Kinder sein.“

„Zu diesen Restriktionen gehört auch das generelle Verbot für die Gefangenen, Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln zu empfangen. Auch umfangreiche Einkaufsmöglichkeiten in den Vollzugsanstalten können den Lieblingskuchen oder die selbst gemachte Marmelade nicht ersetzen. Die Missbrauchsmöglichkeit durch einen Pakethandel darf kein Grund sein, Pakete gleich ganz abzuschaffen. Oder wollen sie künftig die Steuerhinterziehung verhindern, indem Sie die Steuerpflicht abschaffen? Der FDP wäre allerdings auch das zuzutrauen.“

„Die elektronische Fußfessel taucht bei Ihnen nur zur Unterstützung der Freistellung aus der Haft zur Entlassungsvorbereitung auf. In Baden-Württemberg wurde im Juli diesen Jahres ein Gesetz verabschiedet, in dem auch ein elektronisch überwachter Hausarrest vorgesehen ist. Auch ein Hausarrest hat durchaus Strafcharakter, auch ein Hausarrest ist eine Freiheitsbeschränkung bzw. Freiheitsentziehung, je nach Ausgestaltung. Er könnte andererseits zu einer spürbaren Entlastung der Vollzugsanstalten und damit zur Kostensenkung beitragen.“

„Im Gesetz über die Untersuchungshaft wird zu Recht ein Trennungsgebot: Untersuchungsgefangene werden von anderen Gefangenen, namentlich von Strafgefangenen, getrennt untergebracht. Das ist gut und richtig so. Besonders interessant wird es allerdings, weil Sie gerade in Kassel die U-Haft-Anstalt Kassel III dichtmachen und die U-Häftlinge in der Anstalt Kassel I, also zusammen mit Strafgefangenen, unterbringen wollen. Ich bin gespannt über Ihre Darstellung im Ausschuss, wie Sie dort dem Trennungsgebot Rechnung tragen wollen.“

„Das erste Hessische Strafvollzugsgesetz für Erwachsene und das Untersuchungshaftgesetz, in dem die U-Haft überhaupt erstmals eine gesetzliche Grundlage erhält, haben eine sorgfältige Diskussion im Ausschuss verdient“ meint der Abgeordnete.“


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
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